Umwelt und Straßenverkehr
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KÄMPF et al. (2000) im Bereich weniger Prozentpunkte.<br />
Die größten Beiträge werden dabei außerorts von<br />
Streckenbeeinflussungsanlagen an Autobahnen <strong>und</strong><br />
LKW-Flottenmanagement, innerorts durch dynamische<br />
Verkehrs- <strong>und</strong> Reiseinformationen für den öffentlichen<br />
Verkehr berechnet. Individuelle Zielführungssysteme für<br />
PKW dagegen können auch deutlich umweltbelastende<br />
Effekte erzielen <strong>und</strong> heben in dem betrachteten Szenario<br />
die erzielten Entlastungen teilweise wieder auf. Deutlich<br />
höhere <strong>Umwelt</strong>entlastungen wurden nur für telematisch<br />
unterstützte Straßenbenutzungsgebühren ermittelt. Die jeweilige<br />
Ausgestaltung der Telematiksysteme hat dabei erheblichen<br />
Einfluss auf die <strong>Umwelt</strong>effekte.<br />
605. Diese Potenziale erscheinen gering angesichts der<br />
hohen Erwartungen, die noch zu Anfang der 1990er-Jahre<br />
in die Verkehrstelematik gesetzt wurden (so z. B.<br />
GRÖGER, 2001; HALBRITTER, 1999, S. 144). Aufgr<strong>und</strong><br />
der Ergebnisse der umfassenden europäischen Verb<strong>und</strong>vorhaben<br />
„PROgramme for a European Traffic with<br />
Highest Efficiency and Unprecedented Safety“ (PROME-<br />
THEUS) <strong>und</strong> dem Projekt „Dedicated Road Infrastructure<br />
for Vehicle safety in Europe“ (DRIVE) ist allerdings Ernüchterung<br />
eingetreten, insbesondere bezüglich des auf<br />
fahrzeugspezifische Technologien ausgelegten Vorhabens<br />
PROMETHEUS (SCHELLHASE, 2000). Insgesamt ergibt<br />
sich heute ein realistischerer Blick auf die Telematikanwendungen<br />
im Verkehr. Sie werden nicht mehr als<br />
Alternative, sondern als Ergänzung <strong>und</strong> Unterstützung<br />
anderer technischer, organisatorischer, ökonomischer <strong>und</strong><br />
ordnungsrechtlicher Lösungsansätze angesehen<br />
(ZACKOR et al., 2003; HALBRITTER et al., 1999;<br />
KIEPE, 2004).<br />
606. Der SRU teilt die Auffassung, dass die Verkehrstelematik<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich einen sinnvollen Beitrag leisten<br />
kann, Verkehrsabläufe effizienter zu gestalten. Jedoch ist<br />
nach derzeitigem Kenntnisstand im Zusammenhang mit<br />
Telematikanwendungen insgesamt mit keinen erheblichen<br />
Effizienzsteigerungen zu rechnen. Noch sind die<br />
faktisch erreichbaren verkehrlichen Effekte einer umfassenden<br />
Anwendung der Telematik nur schwer bezifferbar<br />
(vgl. WB BMVBW, 2002; BMVBW, 2002b). Gr<strong>und</strong> hierfür<br />
ist, dass bis heute weitgehend nur telematische Einzellösungen<br />
zur Anwendung kamen <strong>und</strong> man von dem für<br />
die Wirkungsabschätzung oftmals unterstellten Leitbild<br />
eines multimodal vernetzten Verkehrsmanagements noch<br />
sehr weit entfernt ist. Bisher wurden aufgr<strong>und</strong> der verkehrsträgerspezifischen<br />
Ansätze im Personenverkehr fast<br />
ausschließlich verkehrliche Effekte im Bereich der intramodalen<br />
Verkehrsverlagerung erzielt. Intramodale Verkehrsverlagerungen<br />
haben jedoch nicht nur positive Wirkungen.<br />
Die durch eine zeitlich <strong>und</strong> räumlich andere<br />
Verteilung des Verkehrs herbeigeführte Verflüssigung des<br />
Verkehrs wird unweigerlich bisher weniger stark ausgelastete<br />
Infrastrukturen in Anspruch nehmen. Zu diesen<br />
zählen gerade in Ballungsräumen auch sensible Siedlungs-<br />
oder Wohngebiete. Daneben könnte ein zusätzliches<br />
Verkehrsaufkommen induziert werden, wenn der<br />
motorisierte Individualverkehr durch Verflüssigung an<br />
Attraktivität gewinnt (zum induzierten Verkehr s. Tz. 83).<br />
276<br />
Maßnahmen in der Verkehrslenkung<br />
Daher erscheint es sinnvoll, Engpässe vorrangig durch intermodale<br />
Verlagerung zu beseitigen. Ohnehin sind die<br />
bisher durch den Einsatz der Verkehrstelematik erzielten<br />
Effekte einer intermodalen Verkehrsverlagerung nur marginal.<br />
Auch für die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass Telematikdienste<br />
ausreichen, eine tiefgreifende Verhaltensänderung<br />
der Verkehrsteilnehmer anzustoßen.<br />
607. Deutlich größere <strong>Umwelt</strong>entlastungen sowohl inner-<br />
als auch außerorts sind von telematikunterstützten<br />
ökonomischen Maßnahmen zu erwarten, bspw. von einer<br />
automatischen Gebührenerhebung für die Straßennutzung<br />
oder einer Parkraumbewirtschaftung in Kombination mit<br />
telematischen Parkleitsystemen. Die <strong>Umwelt</strong>wirkungen<br />
wären somit vorrangig Folge einer ökonomischen Maßnahme,<br />
deren umfassende <strong>und</strong> differenzierte Umsetzung<br />
jedoch erst durch den Einsatz von Telematik sinnvoll<br />
möglich wird (vgl. Abschn. 9.3.2) (FRIEDRICH, 2001).<br />
Auch der Bildung von Fahrgemeinschaften, die durch<br />
verkehrstelematische Systeme unterstützt werden kann,<br />
werden deutlich höhere Emissionsminderungspotenziale<br />
zugeschrieben als der Telematik selbst (HALBRITTER<br />
et al., 2002).<br />
608. In Deutschland liegt ein Schwerpunkt des Entwicklungsinteresses<br />
der Industrie auf individuellen Zielführungssystemen<br />
für den motorisierten Individualverkehr<br />
(HALBRITTER et al., 1999). Um tatsächlich zu<br />
einem verkehrsträgerübergreifenden Einsatz telematischer<br />
Anwendungen <strong>und</strong> damit zu dem vielfach angestrebten<br />
intermodalen Mobilitätsmanagement zu kommen,<br />
kommt den staatlichen Planungsträgern die Aufgabe<br />
zu, günstige Bedingungen zu schaffen, die eine bessere<br />
Vernetzung der Aktivitäten der Akteure aus Industrie,<br />
Forschung <strong>und</strong> Kommunen ermöglichen. Dabei sollte geprüft<br />
werden, welche Telematikdienste vor Ort nicht nur<br />
im Hinblick auf eine bessere Ausnutzung der Verkehrsinfrastruktur,<br />
sondern auch hinsichtlich einer <strong>Umwelt</strong>entlastung<br />
sinnvoll sind. Eventuelle Zielkonflikte zwischen<br />
der Verkehrsoptimierung <strong>und</strong> umweltpolitischen Belangen<br />
lassen sich dabei unter Rückgriff auf die bestehende<br />
verkehrs- <strong>und</strong> umweltpolitische Regulierung minimieren.<br />
609. Insgesamt ist der SRU der Auffassung, dass die auf<br />
einzelne Verkehrsträger ausgerichtete Nutzung der Verkehrstelematik<br />
als Beitrag zur Gestaltung einer dauerhaft<br />
umweltverträglichen Mobilität nicht ausreicht – selbst<br />
wenn ihr Einsatz sehr umfassend ist. Sowohl schadstoffals<br />
auch lärmseitig sind nur geringe Entlastungen zu erwarten.<br />
Demnach macht die Anwendung der Verkehrstelematik<br />
nur dann Sinn, wenn sie auch zu einer tatsächlichen<br />
Reduktion der PKW- oder LKW-Fahrleistungen<br />
führt <strong>und</strong> messbar umweltentlastende Effekte erzielt werden.<br />
Derartige Effekte sind durch Telematik allein kaum<br />
erreichbar. Das größte <strong>Umwelt</strong>entlastungspotenzial der<br />
Verkehrstelematik sieht der SRU in der technischen Unterstützung<br />
anderer, insbesondere ökonomischer Maßnahmen<br />
wie Straßenbenutzungsgebühren oder Parkraumbewirtschaftung.<br />
Der Lenkungseffekt dieser Maßnahmen<br />
lässt sich durch Einsatz der Verkehrstelematik deutlich<br />
verbessern.