05.12.2012 Aufrufe

Umwelt und Straßenverkehr

Umwelt und Straßenverkehr

Umwelt und Straßenverkehr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

in den verschiedenen Sektoren erscheint ein anteilig gleicher<br />

Reduktionsbeitrag aller Sektoren nicht sinnvoll.<br />

Vielmehr kann die Reduktion in Sektoren mit hohen Vermeidungskosten<br />

– wie sie zumindest teilweise auch im<br />

<strong>Straßenverkehr</strong> entstehen – niedriger ausfallen als in Sektoren<br />

mit geringen Vermeidungskosten. Die genaue Verteilung<br />

der Lasten ist allerdings ein schwieriges theoretisches<br />

<strong>und</strong> politisches Problem, da keine betroffene<br />

Gruppe bereit ist, ohne Kompensation einen besonders<br />

hohen Beitrag zur Emissionsminderung zu leisten – auch<br />

wenn dies gesamtwirtschaftlich die beste Lösung wäre.<br />

Wird ein Reduktionsziel für einen bestimmten Sektor<br />

festgelegt, so üben Lobbyisten, die in diesem Sektor aktiv<br />

sind, regelmäßig Druck aus, gerade diesen Sektor auf<br />

Kosten anderer Sektoren zu entlasten. Zuletzt war dies<br />

bei der Aushandlung des Nationalen Allokationsplanes<br />

im Frühjahr 2004 zu beobachten: Dort wurden mit dem<br />

letztlich beschlossenen Kompromiss den nicht am Emissionshandel<br />

beteiligten Sektoren Haushalte <strong>und</strong> Verkehr<br />

faktisch implizit höhere Einsparungen auferlegt, ohne<br />

dass jedoch konkrete Angaben über die angestrebte Entwicklung<br />

im Verkehrssektor gemacht wurden (BMU,<br />

2004).<br />

167. Im Einzelnen sieht der deutsche Nationale Allokationsplan<br />

für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen<br />

(B<strong>und</strong>esratsdrucksache 424/04) für die Sektoren Verkehr<br />

<strong>und</strong> Haushalte CO 2-Emissionen in Höhe von jährlich<br />

291 Mio. t für die Kioto-Periode 2008 bis 2012 vor (vorbehaltlich<br />

der Überprüfung im Jahr 2006). Ein Vergleich<br />

mit den temperaturbereinigten energiebedingten CO 2-<br />

Emissionen dieser Sektoren im Jahr 2002 in Höhe von<br />

302,7 Mio. t (unbereinigt 292,5 Mio. t) macht deutlich,<br />

dass auch der Verkehrssektor seinen CO 2-Ausstoß beschränken<br />

muss, wenn nicht alle Reduktionen von den<br />

Haushalten erbracht werden sollen. Wenn bis zur Mitte<br />

des Jahrh<strong>und</strong>erts ein CO 2-Minderungsziel in der Größenordnung<br />

von 80 Prozent angestrebt wird, müssen die<br />

CO 2-Emissionen des Verkehrssektors sogar erheblich reduziert<br />

werden. Szenarien der Enquete-Kommission<br />

„Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen<br />

der Globalisierung <strong>und</strong> der Liberalisierung“ (Enquete-<br />

Kommission, 2002) zeigen, dass unter einer solchen Annahme<br />

der CO 2-Ausstoß des Verkehrs im Jahr 2050 um<br />

34 bis 55 Prozent gegenüber 2002 sinken müsste.<br />

168. Im Rahmen der derzeit anstehenden Fortschreibung<br />

des Nationalen Klimaschutzprogrammes besteht<br />

dringender Handlungsbedarf dahin gehend, auf der Basis<br />

der mit dem Nationalen Allokationsplan beschlossenen<br />

Lastenverteilung eine längerfristige Perspektive zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> konkrete Zielsetzungen für die einzelnen Verkehrsbereiche<br />

festzulegen. Die beste Lösung wäre dabei<br />

die Einbeziehung des <strong>Straßenverkehr</strong>s in den Emissionshandel<br />

(s. Abschn. 7.3.3.2). Aber auch in diesem Fall<br />

wäre zur Bestimmung der zu verteilenden Zertifikatmengen<br />

die Festlegung eines genauen Ziels für den Bereich<br />

des <strong>Straßenverkehr</strong>s unumgänglich. Mit Hinblick auf den<br />

vom SRU kritisch eingeschätzten Kompromiss beim Aufstellen<br />

des Nationalen Allokationsplans im Frühjahr 2004<br />

(vgl. SRU, 2004b) steht das Wirtschaftsministerium, das<br />

die niedrigen Reduktionsvorgaben für die Bereiche In-<br />

116<br />

Normative Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Ziele<br />

dustrie <strong>und</strong> Energie durchgesetzt hat, nun besonders in<br />

der Pflicht, anspruchsvolle Reduktionsvorgaben für den<br />

Verkehrsbereich zu entwickeln. Der SRU vertritt jedenfalls<br />

– gerade angesichts der in Folge der Einführung der<br />

Ökosteuer erreichten Erfolge – die Auffassung, dass auch<br />

im Bereich des <strong>Straßenverkehr</strong>s Reduktionen der Treibhausgasemissionen<br />

erforderlich <strong>und</strong> ökonomisch vertretbar<br />

sind.<br />

Bei der Festlegung von Klimaschutzzielen für den Bereich<br />

des <strong>Straßenverkehr</strong>s sollten sämtliche mit Verkehrsaktivitäten<br />

in Zusammenhang stehende Treibhausgasemissionen<br />

berücksichtigt werden, nicht nur die während<br />

der Fahrt entstehenden Emissionen. Insbesondere mit<br />

Blick auf alternative Kraftstoffe gilt es, die Produktionsverfahren<br />

dieser Kraftstoffe mit in die Betrachtung einzubeziehen<br />

(siehe Kap. 7.4).<br />

5.6 Qualitätszielbezogenes<br />

Steuerungskonzept<br />

169. Eine verkehrsbezogene <strong>Umwelt</strong>politik muss den in<br />

Entwicklung befindlichen umweltpolitischen Zielekatalog<br />

(Kap. 5.5) in den Mittelpunkt der Debatte rücken.<br />

Verbindliche Schutzziele, die von jeder potenziellen Belastungsquelle<br />

einzuhalten sind <strong>und</strong> also auch durch die<br />

vom Verkehr ausgehenden Belastungen nicht verletzt<br />

werden dürfen, können dazu dienen, dem Verkehr Anpassungsleistungen<br />

an umweltpolitisch gesetzte Grenzen abzufordern.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der getroffenen Zielsetzungen<br />

lässt sich ein System von Grenzziehungen für die<br />

Verkehrsdynamik entwickeln, das einen hohen Handlungsdruck<br />

auf die Verkehrspolitik erzeugen könnte.<br />

170. Verbindliche <strong>Umwelt</strong>ziele, die erforderlichenfalls<br />

auch gegenüber dem Verkehr durchzusetzen sind, haben<br />

im <strong>Umwelt</strong>recht lange Zeit fast vollständig gefehlt. Die<br />

nationale <strong>Umwelt</strong>gesetzgebung hat zwar frühzeitig auch<br />

Immissionsgrenzwerte zum Schutz von <strong>Umwelt</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

normiert, deren Anwendungsbereich aber weitgehend<br />

auf stationäre Anlagen verengt. Während auf dieser<br />

Gr<strong>und</strong>lage im Bereich der Industrieanlagen mit zum<br />

Teil erheblichem Investitionsaufwand große Verbesserungen<br />

der <strong>Umwelt</strong>qualität erreicht worden sind, hat der Verkehr<br />

traditionell eine starke Privilegierung dadurch erfahren,<br />

dass er nicht an Immissionsgrenzwerte geb<strong>und</strong>en<br />

wurde. Eine Ausnahme bildeten allein die Lärmschutzwerte<br />

der 16. BImSchV für Neubau <strong>und</strong> wesentliche Änderungen<br />

von Straßen <strong>und</strong> Schienenwegen. Für den von<br />

bestehenden Straßen <strong>und</strong> Schienenwegen ausgehenden<br />

Lärm existieren dagegen keine Lärmgrenzwerte. Hinsichtlich<br />

der Luftschadstoffe war mit den Prüfwerten der<br />

außer Kraft gesetzten 23. BImSchV allenfalls ein sehr<br />

zaghafter Ansatz eines verkehrsbezogenen Luftqualitätsrechts<br />

zu verzeichnen, der aber ersichtlich nicht auf effektive<br />

Konsequenzen angelegt war. Die Prüfwerte, bei deren<br />

Überschreitung nach alter Fassung des § 40 Abs. 2<br />

BImSchG die zuständigen Behörden verkehrsbeschränkende<br />

Maßnahmen lediglich zu erwägen hatten, konnten<br />

daher auch niemals die Wirkung effektiver Schutzstandards<br />

entfalten. Auch im Hinblick auf den Naturschutz,<br />

den Flächenverbrauch, die Zerschneidungswirkungen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!