Umwelt und Straßenverkehr
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lichkeiten wichtige Einflussgrößen (HESSE, 2000). So<br />
stößt das Achsenkonzept in großen Agglomerationen an<br />
seine Grenzen. In Zukunft ist es erforderlich, noch mehr<br />
Wert auf die multifunktionale Ausstattung <strong>und</strong> hohe<br />
Autonomie einzelner Mittelzentren zu legen. Auch ist die<br />
„Unwirtlichkeit“ der Städte offenbar ein entscheidender<br />
Gr<strong>und</strong> für einen erhöhten Freizeitverkehr. Daher ist neben<br />
einer den Zielen einer nachhaltigen Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsentwicklung<br />
verpflichteten starken Gesamtplanung<br />
auf allen Ebenen auch eine Erweiterung des auf Verkehr<br />
<strong>und</strong> Siedlungsstruktur ausgerichteten Blicks auf die<br />
Lebensstile <strong>und</strong> Milieus der am Verkehrsgeschehen Beteiligten<br />
erforderlich (HESSE, 2000).<br />
Rechtliche Verankerung raumordnerischer Leitbilder<br />
655. Sowohl das Achsenkonzept als auch das Konzept<br />
Zentraler Orte sind bereits im Raumordnungsgesetz (ROG),<br />
insbesondere in dessen raumordnerischen Gr<strong>und</strong>sätzen,<br />
verankert. So ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 ROG die dezentrale<br />
Siedlungsstruktur des Gesamtraumes mit ihrer Vielzahl<br />
leistungsfähiger Zentren <strong>und</strong> Stadtregionen zu erhalten.<br />
Die Siedlungstätigkeit ist räumlich zu konzentrieren<br />
<strong>und</strong> ausdrücklich auf ein System leistungsfähiger Zentraler<br />
Orte auszurichten. Die Siedlungsentwicklung ist<br />
außerdem durch Zuordnung <strong>und</strong> Mischung der unterschiedlichen<br />
Raumnutzungen dahin gehend zu gestalten,<br />
dass die Verkehrsbelastung verringert <strong>und</strong> zusätzlicher<br />
Verkehr vermieden wird (§ 2 Abs. 2 Nr. 12 S. 3 ROG).<br />
Raumordnungspläne sollen dementsprechend als Festlegungen<br />
zur Raumstruktur unter anderem insbesondere<br />
Zentrale Orte (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) ROG) sowie<br />
Achsen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 lit. e) ROG) enthalten<br />
(Abschn. 10.4.3). Wesentliche Elemente eines Konzepts<br />
ausgeglichener Funktionsräume bzw. dezentraler Konzentration<br />
werden hiermit zur Vorgabe für raumbedeutsames<br />
Handeln gemacht (ERBGUTH, 2000, S. 60).<br />
656. Weiter finden sich im Gr<strong>und</strong>sätzekatalog des<br />
§ 2 Abs. 2 ROG in Bezug auf die Verkehrsvermeidung<br />
durch die Raumordnung folgende Vorgaben:<br />
– Verdichtungsräume sind als Wohn-, Produktions- <strong>und</strong><br />
Dienstleistungsschwerpunkte zu sichern. Die Siedlungsentwicklung<br />
ist durch Ausrichtung auf ein integriertes<br />
Verkehrssystem <strong>und</strong> die Sicherung von Freiräumen<br />
zu steuern. Die Attraktivität des ÖPNV ist<br />
durch Ausgestaltung von Verkehrsverbünden <strong>und</strong> die<br />
Schaffung leistungsfähiger Schnittstellen zu erhöhen<br />
(§ 2 Abs. 2 Nr. 5 ROG).<br />
– In Gebieten, in denen Arbeitsplätze geschaffen werden<br />
sollen, ist der dadurch voraussichtlich ausgelöste<br />
Wohnbedarf zu berücksichtigen. Hinzuwirken ist auf<br />
eine funktional sinnvolle Zuordnung dieser Gebiete zu<br />
den Wohngebieten (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 ROG).<br />
– Schließlich verlangt § 2 Abs. 2 Nr. 12 S. 3 ROG vor<br />
allem in verkehrlich hoch belasteten Räumen <strong>und</strong> Korridoren<br />
eine Verbesserung der Voraussetzungen zur<br />
Verlagerung von Verkehr auf umweltverträgliche Verkehrsträger.<br />
657. Diese rechtlichen Vorgaben müssen – flankiert<br />
durch den Abbau verkehrserzeugender finanzieller An-<br />
292<br />
Korrektur verkehrserzeugender Anreize<br />
reize (Tz. 633 ff.) – viel konsequenter als bisher in der<br />
Praxis durchgesetzt <strong>und</strong> der Entwicklung räumlicher<br />
Strukturen zugr<strong>und</strong>e gelegt werden (RUNKEL, 2004,<br />
Rn. 148). Gemäß § 4 Abs. 2 ROG sind die Gr<strong>und</strong>sätze<br />
der Raumordnung „von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen<br />
Planungen <strong>und</strong> Maßnahmen … in der Abwägung<br />
oder bei der Ermessensausübung … zu berücksichtigen“.<br />
Ein vollständiges „Wegwägen“ der Belange<br />
umweltfre<strong>und</strong>licher Verkehrssteuerung ist insbesondere<br />
nach der nunmehr in § 1 Abs. 2 ROG verankerten Leitvorstellung<br />
der nachhaltigen Raumentwicklung nicht<br />
(mehr) zulässig (ERBGUTH <strong>und</strong> BEAUCAMP, 2000,<br />
S. 770; ERBGUTH, 2000, S. 30). Danach müssen vielmehr<br />
die sozialen <strong>und</strong> die wirtschaftlichen Ansprüche an<br />
den Raum mit seinen ökologischen Funktionen „in Einklang“<br />
gebracht werden. Es gilt, die für die konkrete Umsetzung<br />
verkehrssparender Raumstrukturen zur Verfügung<br />
stehenden Instrumente auf den einzelnen<br />
Planungsebenen in einem erheblich größeren Umfang, als<br />
dies in der Vergangenheit geschah, auszuschöpfen.<br />
10.4.3 Raumordnerische <strong>und</strong> bauleitplanerische<br />
Instrumente zur<br />
Verkehrsvermeidung<br />
658. Die Gr<strong>und</strong>sätze der Raumordnung sind unter anderem<br />
durch raumordnerische Zielfestlegungen in<br />
Raumordnungsplänen zu konkretisieren. Alle öffentlichen<br />
Stellen, die raumbedeutsame Planungen durchführen,<br />
sind an diese Ziele geb<strong>und</strong>en. Im Unterschied zu<br />
den „nur“ abwägungsrelevanten Gr<strong>und</strong>sätzen der Raumordnung<br />
(Tz. 655 f.) stellen die Ziele der Raumordnung<br />
verbindliche Letztentscheidungen der Landes- bzw. Regionalplanung<br />
dar (KOCH <strong>und</strong> HENDLER, 2004, S. 48;<br />
HENDLER, 2003).<br />
659. Gemäß § 7 Abs. 2 ROG sollen die Raumordnungspläne<br />
insbesondere Festlegungen zur Siedlungs-, zur<br />
Freiraum- sowie zur Verkehrinfrastruktur enthalten. Im<br />
Hinblick auf eine anzustrebende verkehrssparende Siedlungsstruktur<br />
kommt der Festlegung von Zentralen Orten<br />
<strong>und</strong> Achsen maßgebliche Relevanz zu (Tz. 649 ff.). Die<br />
Ausrichtung der Siedlungstätigkeit auf Zentrale Orte erfolgt<br />
durch Bestimmung von Ober- bzw. Mittel- oder Unterzentren.<br />
Das Achsenkonzept fordert die Entwicklung<br />
derartiger Zentraler Orte unterschiedlicher Stufen innerhalb<br />
eines Systems „bandartiger“ oder „perlenschnurartiger“<br />
siedlungsstruktureller Schwerpunkte. Letzteres sieht<br />
bspw. das Regionale Entwicklungskonzept (REK) von<br />
1996 für Hamburg, Schleswig-Holstein <strong>und</strong> Niedersachsen<br />
für die Metropolregion Hamburg vor. Daneben sind<br />
im Raumordnungsplan Aussagen zu besonderen Gemeindefunktionen,<br />
zu Entwicklungsschwerpunkten <strong>und</strong><br />
zu Siedlungsentwicklungen zu treffen (§ 7 Abs. 2<br />
Nr. 1 lit. c) <strong>und</strong> d) ROG). Die anzustrebende Freiraumstruktur<br />
soll durch Festlegungen unter anderem zu großräumig<br />
übergreifenden Freiräumen <strong>und</strong> zum Freiraumschutz<br />
sowie zur Sanierung <strong>und</strong> Entwicklung von Raumfunktionen<br />
vorgegeben werden (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) <strong>und</strong><br />
c) ROG). Außerdem soll gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 ROG<br />
die zu entwickelnde Verkehrsinfrastruktur in den Raumordnungsplänen<br />
behandelt werden. Dabei können auch<br />
konkrete Festsetzungen zur weiteren Entwicklung der