Umwelt und Straßenverkehr
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Verkehrsteilnahme zu ihren Altersgenossen zu Beginn der<br />
1980er-Jahre.<br />
Mit steigendem Alter wächst zum einen der prozentuale<br />
Anteil der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden, <strong>und</strong> die<br />
Bedeutung des eigenen PKW <strong>und</strong> Fahrrads als Transportmittel<br />
nimmt ab (DRAEGER, 1999; MÄDER, 2001). In<br />
Mannheim <strong>und</strong> Chemnitz durchgeführte Befragungen ergaben<br />
bspw., dass Wege zum Besuch von nahestehenden<br />
Menschen von der Personengruppe der über 55-Jährigen<br />
an erster Stelle zu Fuß durchgeführt werden, an zweiter<br />
Stelle steht das Mitfahren im PKW <strong>und</strong> erst an dritter<br />
Stelle werden solche Wege zur Pflege der sozialen<br />
Kontakte mit dem eigenen PKW durchgeführt<br />
(MOLLENKOPF et al., 1997). Zum anderen wird der<br />
Verkehr, welcher gerade in den Städten an Dichte stetig<br />
zunimmt, immer mehr als Bedrohung empf<strong>und</strong>en<br />
(ELLINGHAUS <strong>und</strong> STEINBRECHER, 1995). Studien,<br />
in denen alte Menschen nach ihrem Sicherheitsempfinden<br />
im <strong>Straßenverkehr</strong> befragt wurden, zeigen in den letzten<br />
Jahrzehnten einen Anstieg der Anzahl an Personen, die<br />
sich im Verkehr überfordert <strong>und</strong> benachteiligt fühlen <strong>und</strong><br />
die aufgr<strong>und</strong> des hohen Verkehrsaufkommens Angst haben,<br />
das Haus zu verlassen (WITTENBERG, 1986;<br />
MOLLENKOPF et al., 1997). Dies kann dazu führen,<br />
dass Ältere sich zu bestimmten Zeiten weniger draußen<br />
aufhalten oder ein Gr<strong>und</strong> dafür sein, warum sich diese generell<br />
mehr aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Gerade<br />
Senioren, die nicht mehr selbst Auto fahren, fühlen sich in<br />
höherem Maße in ihrer Mobilität eingeschränkt <strong>und</strong> sind<br />
mit ihrer Mobilität unzufrieden (MOLLENKOPF <strong>und</strong><br />
FLASCHENTRÄGER, 2001). Das liegt unter anderem<br />
daran, dass viele Versorgungseinrichtungen auf Nutzer individueller<br />
Verkehrsmittel ausgerichtet sind. Außerdem ist<br />
die gesamte Verkehrsstruktur in keiner Weise an die Fähigkeiten<br />
der alten Menschen angepasst (DRAEGER,<br />
1999). Mit höherem Alter sehen <strong>und</strong> hören die Menschen<br />
schlechter, reagieren <strong>und</strong> bewegen sich langsamer <strong>und</strong><br />
brauchen mehr Zeit für Entscheidungen. Hohe Geschwindigkeiten,<br />
kurze Ampelphasen <strong>und</strong> ein sehr dichter Verkehr<br />
führen zur Überforderung. Weitere Hindernisse für<br />
die Mobilität sind Umwege durch die geringe Zahl sicherer<br />
Querungsmöglichkeiten über Straßen, zu schmale<br />
Gehwege, illegales Gehwegparken, mangelhaft abgesenkte<br />
Bordsteine an Querungsstellen <strong>und</strong> schwierige Erreichbarkeit<br />
von Haltestelleninseln in Mittellage von Straßen.<br />
Alte Menschen, die aufgr<strong>und</strong> körperlicher Gebrechen<br />
weit weniger mobil als junge Menschen sind, sind sehr<br />
stark auf kurze Wege angewiesen, um gr<strong>und</strong>legende Bedürfnisse,<br />
die ärztliche Versorgung ebenso wie soziale<br />
Kontakte einschließen, befriedigen zu können. Sind die<br />
kurzen Wege nicht gegeben, entsprechen sie nicht den Sicherheitsbedürfnissen<br />
der Senioren oder können die Ziele<br />
mit dem traditionellen ÖPNV nicht altersgerecht erreicht<br />
werden, kann mangelnde Mobilität für alte Menschen zum<br />
Problem werden. Da viele ältere Personen alleine leben,<br />
ist die Einschränkung der sozialen Kontakte ein wesentlicher<br />
Faktor, der die Lebensqualität vermindert.<br />
Mobilitätsbeschränkte Menschen<br />
34. Neben den Senioren, die aufgr<strong>und</strong> altersbedingter<br />
Erkrankungen schlecht zu Fuß unterwegs sind <strong>und</strong> even-<br />
50<br />
Auswirkungen des <strong>Straßenverkehr</strong>s auf Mensch <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong><br />
tuell Gehhilfen benötigen, zählen auch andere Personen,<br />
die in ihrer körperlichen <strong>und</strong>/oder geistigen Leistungsfähigkeit<br />
eingeschränkt sind, oder Fußgänger, die aufgr<strong>und</strong><br />
der Mitnahme von Reisegepäck <strong>und</strong> Kinderwagen eine<br />
begrenzte Beweglichkeit aufweisen, zu den so genannten<br />
„mobilitätsbehinderten bzw. mobilitätsbeschränkten<br />
Menschen“ (RAU et al., 1997).<br />
Im Zusammenhang mit Mobilitätsproblemen körperlich<br />
behinderter Menschen wurde der Begriff der Barrierefreiheit<br />
geprägt. Mit Barrierefreiheit ist gemeint, dass jede<br />
Person zu allen Lebensbereichen einen umfassenden Zugang<br />
<strong>und</strong> eine uneingeschränkte Nutzung haben soll<br />
(BMVBW, 2004a). Es liegt nahe, diese Forderung auf alle<br />
mobilitätsbeschränkten Menschen auszuweiten. Schätzungen<br />
zufolge macht diese Personengruppe insgesamt<br />
etwa 20 Prozent der Bevölkerung aus. Für sie ergeben<br />
sich in einem nicht an ihre Bedürfnisse angepassten Straßenraum<br />
Nutzungsschwierigkeiten. Wege, die nur über<br />
Stufen, Schwellen, Bordsteine <strong>und</strong> Treppen passiert werden<br />
können, werden häufig zu Mobilitätshindernissen.<br />
Andere Problembereiche sind enge Fußgängerwege, eine<br />
extreme Gehwegneigung <strong>und</strong> Unter- wie auch Überführungen.<br />
Besonders mobilitätsbehinderte Personen werden<br />
vom ruhenden <strong>und</strong> fließenden Verkehr dazu gezwungen,<br />
Umwege zu machen. So verhindern bspw. eng parkende<br />
PKW <strong>und</strong> ein hohes Verkehrsaufkommen das problemlose<br />
Überqueren der Straße. Mehrspurige Straßen ohne<br />
Überquerungshilfen stellen für Personen, die in ihrer Mobilität<br />
eingeschränkt sind, Hindernisse dar, die kaum<br />
überw<strong>und</strong>en werden können. Folglich ergeben sich Mobilitätsbarrieren<br />
aus dem Verkehrsaufkommen <strong>und</strong> einer<br />
Straßenraumgestaltung, in der die Bedürfnisse wenig mobiler<br />
Personen zu wenig berücksichtigt sind. Dies steht im<br />
klaren Widerspruch zu der Forderung der Barrierefreiheit.<br />
Soziales Leben <strong>und</strong> <strong>Straßenverkehr</strong><br />
35. Wie im Zusammenhang mit den Einschränkungen<br />
der Bewegungsmöglichkeiten von Kindern bereits erwähnt<br />
wurde, beeinflusst der <strong>Straßenverkehr</strong> auch in hohem<br />
Maße das soziale Leben in unmittelbarer Nähe zur<br />
Straße (RIEDEL <strong>und</strong> SZEMEITZKE, 1995; BENZ-<br />
RABABAH <strong>und</strong> MAHABADI, 1985; BAIER <strong>und</strong><br />
POTH, 1983). An verkehrsreichen Straßen gibt es deutlich<br />
weniger soziale Interaktionen als in verkehrsberuhigten<br />
Zonen. Die Aufenthaltszeit der Anwohner auf der<br />
Straße <strong>und</strong> unmittelbar vor den Wohnungen ist erheblich<br />
kürzer. Dies hat natürlicherweise Folgen für das soziale<br />
Leben an solchen Straßen. Kontakte zwischen Nachbarn<br />
finden selten statt <strong>und</strong> der Straßenraum wird nicht als<br />
Freizeit- <strong>und</strong> Erholungsraum genutzt, da der Aufenthalt<br />
dort aufgr<strong>und</strong> von Lärm <strong>und</strong> Autoabgasen als unangenehm<br />
empf<strong>und</strong>en wird <strong>und</strong> gerade für Kinder zu unsicher<br />
ist. Dabei spielt nicht nur die zulässige Geschwindigkeit<br />
des motorisierten Individualverkehrs, sondern besonders<br />
die bauliche Ausgestaltung des Straßenraums eine wichtige<br />
Rolle für dessen Attraktivität (RETZKO <strong>und</strong><br />
KORDA, 1999). Wie bereits erwähnt, ist der wohnungsnahe<br />
Straßenraum für ältere Menschen <strong>und</strong> Kinder von<br />
großer Bedeutung. In gleicher Weise sind aber auch Familien<br />
oder Alleinerziehende mit Kindern dazu gezwungen,