05.12.2012 Aufrufe

Umwelt und Straßenverkehr

Umwelt und Straßenverkehr

Umwelt und Straßenverkehr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dort, wo die Fahrt stattfindet) ist zwar von der EU-Kommission<br />

<strong>und</strong> den Transitländern in den letzten 15 Jahren<br />

wiederholt unterstützt, aber bisher von den Ländern in<br />

Randlage verhindert worden (vgl. HEY, 1998). Auch<br />

nachdem das Einstimmigkeitserfordernis bei der Infrastrukturbesteuerung<br />

mit dem Amsterdamer Vertrag entfallen<br />

ist, waren in steuerpolitischen Fragen des Verkehrs<br />

wiederholt schwierige Aushandlungsprozesse nötig. Eine<br />

mehrheitsfähige Koalition der hauptsächlich vom Transit<br />

betroffenen Länder ist bisher, auch wegen der ambivalenten<br />

Position Deutschlands als Transit- <strong>und</strong> Exportland,<br />

nicht gelungen (HEY, 2002; KERWER <strong>und</strong> TEUTSCH,<br />

2001; KUX <strong>und</strong> WICKI, 2000; vgl. Tz. 172).<br />

106. Verkehrslenkende Maßnahmen im Bereich des<br />

Personenverkehrs finden EU-weit allenfalls im Rahmen<br />

der Harmonisierung der Steuern auf Diesel <strong>und</strong> Benzin<br />

statt (vgl. Abschn. 9.3.1). Wegen der sehr unterschiedlichen<br />

nationalen Steuersätze ist hierbei der EU-Kommission<br />

eine vollständige Harmonisierung nicht gelungen, allenfalls<br />

eine Anhebung der untersten Steuersätze auf ein<br />

Durchschnittsniveau. Aufgr<strong>und</strong> des „Tanktourismus“ <strong>und</strong><br />

der wachsenden Bedeutung des internationalen Verkehrs<br />

ist das niedrige Harmonisierungsniveau bei den Steuersätzen<br />

zwar kein rechtliches, aber ein politisches Hemmnis<br />

für nationale Alleingänge bei der Erhöhung der Treibstoffbesteuerung.<br />

Die EU-Kommission verfolgt hier aber<br />

weiterhin das Ziel einer vollständigen Harmonisierung.<br />

107. Maßnahmen der Verkehrsplanung werden weitgehend<br />

auf der nationalen <strong>und</strong> subnationalen Ebene beschlossen<br />

(Abschn. 4.1.3.1). Allerdings sehen die europäischen<br />

Vorgaben zur <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfung<br />

(UVP) <strong>und</strong> Strategischen <strong>Umwelt</strong>prüfung (SUP) eine Berücksichtigung<br />

von <strong>Umwelt</strong>aspekten bei öffentlichen Plänen<br />

<strong>und</strong> Projekten vor. Mittlerweile ist geklärt, dass in<br />

Zukunft die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung in den Geltungsbereich<br />

der SUP-Richtlinie fallen wird (vgl.<br />

Tz. 402). Darüber hinaus versucht die EU-Kommission<br />

zunehmend im Rahmen der Transeuropäischen Netzwerke<br />

Einfluss auf die nationale Verkehrsplanung zu nehmen.<br />

Von besonderer Bedeutung sind dabei Maßnahmen,<br />

die auf die Interoperabilität der nationalen technischen<br />

Systeme für den Schienenverkehr abzielen.<br />

4.1.3.3 Bedeutung der UNECE-Ebene<br />

108. Neben der Europäischen Union spielt auf der internationalen<br />

Ebene auch die Wirtschaftskommission der<br />

Vereinten Nationen für Europa (UNECE) eine wichtige<br />

Rolle bei der umweltpolitischen Regulierung des Verkehrsbereichs.<br />

Insgesamt 55 Staaten, darunter alle EU-<br />

Mitglieder sowie – als einzige außereuropäische Staaten –<br />

Kanada <strong>und</strong> die USA, gehören derzeit der UNECE an.<br />

Die verschiedenen Foren der UNECE widmen sich im<br />

Verkehrsbereich insbesondere der Regelung konkreter<br />

Detailfragen auf der Arbeitsebene (z. B. Harmonisierung<br />

technischer Standards, Festlegung von Qualitätsnormen).<br />

So erfolgt zum Beispiel die Harmonisierung von Lärmstandards<br />

für die Typenzulassung von Kraftfahrzeugen<br />

<strong>und</strong> Motorrädern bereits seit längerem auf der UNECE-<br />

Ebene (Regulation 41 „Noise of motor cycles“ <strong>und</strong> Regu-<br />

Verkehrspolitische Zuständigkeiten<br />

lation 51 „Noise of vehicles having at least 4 wheels“).<br />

Die auf UNECE-Ebene ausgehandelten Standards werden<br />

anschließend von der EU übernommen.<br />

Der Vorteil einer Aushandlung technischer Normen <strong>und</strong><br />

Standards auf der UNECE-Ebene liegt in der großen Zahl<br />

der Mitgliedstaaten <strong>und</strong> damit dem großen potenziellen<br />

Geltungsbereich für diese Regelungen. Aus umweltpolitischer<br />

Sicht fällt die Einschätzung der Harmonisierung<br />

technischer Kfz-Standards auf UNECE-Ebene jedoch<br />

eher negativ aus. Obwohl die UNECE in Bereichen wie<br />

etwa der Vermeidung grenzüberschreitender Luftverunreinigungen<br />

durchaus wichtige Impulse für einen verstärkten<br />

<strong>Umwelt</strong>schutz gegeben hat (etwa mit dem Übereinkommen<br />

über weiträumige grenzüberschreitende<br />

Luftverschmutzung <strong>und</strong> den im Rahmen dieses Abkommens<br />

verabschiedeten Protokollen), blieben <strong>Umwelt</strong>schutzregelungen<br />

im Verkehrsbereich bisher meist auf<br />

dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners<br />

(WURZEL, 2002, S. 97; s. auch FRIEDRICH et al.,<br />

2000). Als Ursachen hierfür werden einerseits der große<br />

Einfluss industrieller Akteure auf die Repräsentanten nationaler<br />

Regierungen in der UNECE – bis hin zu einem<br />

mit dem Briefkopf von Fiat versehenen Positionspapier<br />

der italienischen Regierung (WURZEL, 2002, S. 97,<br />

Fn 36) – <strong>und</strong> andererseits die große Bedeutung von oft industrienahen<br />

Experten bei der technischen Standardsetzung<br />

genannt. Zwar stellt der überproportionale Einfluss<br />

industriellen Expertenwissens ein generelles Problem jedes<br />

aus dem Gesetzgebungsprozess ausgelagerten technischen<br />

Normungsverfahrens dar (für die EU s. SRU, 2004,<br />

Tz. 1286 ff.); in den UNECE-Gremien ist er jedoch noch<br />

deutlicher ausgeprägt als auf der nationalen oder europäischen<br />

Ebene. Dies liegt zum einen am Fehlen einer unabhängigen<br />

parlamentarischen Kontrolle. Zum anderen verfügen<br />

die <strong>Umwelt</strong>verbände – anders als auf der EU-<br />

Ebene – auf der internationalen Ebene nicht über ausreichende<br />

Ressourcen, um sich mit eigenen Experten an den<br />

vielfältigen UNECE-Standardsetzungsprozessen zu beteiligen.<br />

Das Fehlen einer parlamentarischen oder zivilgesellschaftlichen<br />

Kontrolle wirkt sich insbesondere in denjenigen<br />

Bereichen der umweltbezogenen Verkehrspolitik<br />

negativ aus, in denen – wie etwa im Bereich des Verkehrslärms<br />

– bisher keine klaren <strong>und</strong> verbindlichen <strong>Umwelt</strong>qualitätsziele<br />

existieren. In diesen Bereichen ist es<br />

unwahrscheinlich, dass die technischen Normungsgremien<br />

der UNECE problemadäquate <strong>Umwelt</strong>standards für<br />

Kraftfahrzeuge setzen.<br />

Trotz der negativen Bilanz der UNECE-Ebene bei der<br />

Harmonisierung von <strong>Umwelt</strong>standards für die Typenzulassung<br />

von Kraftfahrzeugen strebt die Generaldirektion<br />

Unternehmen der EU-Kommission nun eine Verlagerung<br />

gemeinschaftlicher Entscheidungskompetenzen für sämtliche<br />

Kfz-Standards auf die UNECE-Ebene an. Dabei sollen<br />

auch bestehende EG-Richtlinien durch die entsprechenden<br />

Regelungen auf UNECE-Ebene ersetzt werden<br />

(VERHEUGEN, 2005). Aus umweltpolitischer Sicht ist<br />

ein solcher Entscheidungsverzicht der EU zugunsten der<br />

umweltpolitisch schwächeren UNECE nicht zu empfehlen.<br />

Der SRU rät der B<strong>und</strong>esregierung daher, sich auf<br />

EU-Ebene gegen diese Initiative der Generaldirektion<br />

Unternehmen auszusprechen.<br />

91

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!