Umwelt und Straßenverkehr
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9.1.1 Überblick über die bestehenden<br />
Anordnungsmöglichkeiten<br />
Anordnungen nach <strong>Straßenverkehr</strong>srecht (StVO)<br />
520. Die zentrale straßenverkehrsrechtliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
für verkehrsregelnde <strong>und</strong> -beschränkende Maßnahmen<br />
auch zum Schutz vor verkehrsbedingten Immissionen ist<br />
§ 45 StVO. Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift<br />
kann die <strong>Straßenverkehr</strong>sbehörde „zum Schutz der<br />
Wohnbevölkerung vor Lärm <strong>und</strong> Abgasen“ in bestimmten<br />
Gebieten oder auf bestimmten Straßenstrecken Verkehrsbeschränkungen<br />
<strong>und</strong> -verbote erlassen.<br />
Neben der allgemeinen Ermächtigung des § 45 Abs. 1<br />
Satz 2 Nr. 3 StVO erlauben § 45 StVO Abs. 1 b) <strong>und</strong> c)<br />
„zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm <strong>und</strong> Abgasen<br />
oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen<br />
Entwicklung“ die Anordnung von<br />
– Fußgängerbereichen,<br />
– verkehrsberuhigten Zonen,<br />
– Tempo-30-Zonen sowie<br />
– Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Parkraums.<br />
Diese Zonenregelungen <strong>und</strong> Maßnahmen der Parkraumbewirtschaftung<br />
sind für die innerörtliche Verkehrsgestaltung<br />
besonders bedeutsam: In Verbindung mit einer problembewussten<br />
Bebauungsplanung <strong>und</strong> mit flankierenden<br />
streckenbezogenen Regelungen gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1<br />
<strong>und</strong> 2 StVO gestatten es diese Zonenregelungen, das innerörtliche<br />
Verkehrsgeschehen sachgerecht in seinen Zusammenhängen<br />
<strong>und</strong> nicht nur punktuell zu regeln.<br />
Anordnungen nach dem novellierten B<strong>und</strong>es-<br />
Immissionsschutzgesetz<br />
521. Neben der StVO enthält auch das B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetz<br />
(BImSchG) Rechtsgr<strong>und</strong>lagen für strecken-<br />
<strong>und</strong> gebietsbezogene Verkehrsverbote <strong>und</strong> -beschränkungen,<br />
namentlich in dem jüngst (durch das<br />
7. Gesetz zur Änderung des BImSchG) geänderten<br />
§ 40 BImSchG. In der alten Fassung dieser Vorschrift war<br />
lediglich in ihrem Absatz 2 eine Ermächtigung zu Verkehrsverboten<br />
<strong>und</strong> -beschränkungen enthalten. Danach<br />
konnte die <strong>Straßenverkehr</strong>sbehörde den Verkehr beschränken<br />
oder verbieten, soweit dies die Immissionsschutzbehörde<br />
für geboten hielt, um schädliche <strong>Umwelt</strong>einwirkungen<br />
durch Luftverunreinigungen zu vermindern<br />
<strong>und</strong> deren Entstehen zu vermeiden. Absatz 2 Satz 2 ermächtigte<br />
diesbezüglich die B<strong>und</strong>esregierung, so genannte<br />
Prüfwerte zu erlassen, bei deren Überschreiten die Erforderlichkeit<br />
von Verkehrsbeschränkungen nach Satz 1 lediglich<br />
zu prüfen war. Die B<strong>und</strong>esregierung hat von<br />
dieser Ermächtigung mit der 23. BImSchV Gebrauch gemacht<br />
<strong>und</strong> darin die Prüfwerte jedoch so hoch festgelegt,<br />
dass es – trotz anfänglich hoher Erwartungen der Kommunen<br />
– zu Anordnungen nach § 40 Abs. 2 BImSchG<br />
letztlich nicht gekommen ist (LAI, 1999, S. 2).<br />
Steuerung durch ordnungsrechtliche Verkehrsbeschränkungen<br />
522. Den Luftqualitätsrichtlinien der EU ist es zu verdanken,<br />
dass die immissionsschutzrechtlichen Anordnungsvoraussetzungen<br />
für Verkehrsverbote <strong>und</strong> -beschränkungen<br />
nunmehr deutlich abgesenkt worden sind.<br />
Mit den Richtlinien hat die Gemeinschaft bekanntlich<br />
Grenzwerte für wichtige Schadstoffparameter unter anderem<br />
auch für Partikel <strong>und</strong> NO x festgelegt, die zum Teil<br />
deutlich unterhalb der Prüfwerte der 23. BImSchV liegen<br />
<strong>und</strong> bei deren Überschreitung Maßnahmen nicht nur zu<br />
prüfen sind. Vielmehr werden die zuständigen Stellen<br />
verpflichtet, Aktionspläne mit geeigneten Maßnahmen<br />
zur Verminderung der Belastung zu beschließen. Die Umsetzung<br />
dieser gemeinschaftsrechtlichen Maßgaben<br />
erfolgte im Wesentlichen durch die Übernahme der<br />
Grenzwerte in die 22. BImSchV <strong>und</strong> eine darauf bezogene<br />
Aufwertung der Luftreinhaltungspläne gemäß<br />
§ 47 BImSchG (s. dazu im Einzelnen SRU, 2004,<br />
Tz. 540). Letztere sind nunmehr zwingend zu erstellen,<br />
wenn die europäischen Grenzwerte überschritten werden.<br />
Liegen wesentliche Verursachungsanteile beim Verkehr<br />
– was bei Partikeln <strong>und</strong> NO x regelmäßig der Fall ist –, so<br />
werden die Pläne insbesondere Maßnahmen zur Vermeidung<br />
des ursächlichen Verkehrs vorsehen müssen. In<br />
Abschnitt 8.2.3 (Tz. 484 ff.) wurde bereits dargelegt, dass<br />
dazu eine umweltorientierte integrierte Gemeindeverkehrsplanung<br />
erforderlich ist, weil punktuelle Verbote<br />
<strong>und</strong> Beschränkungen im Verkehrsnetz regelmäßig nur zur<br />
Verlagerung der Verkehrsströme <strong>und</strong> damit auch der <strong>Umwelt</strong>probleme<br />
führen. Den Erfordernissen einer integrierten<br />
Gesamtverkehrsplanung muss auch das Planungsinstrumentarium<br />
Rechnung tragen. Die §§ 47 <strong>und</strong> 47a<br />
bieten ersichtlich keinen angemessenen Rahmen für eine<br />
umfassende kommunale Verkehrsplanung (Tz. 479 ff.).<br />
523. Der neue § 40 Abs. 1 BImSchG ordnet nunmehr<br />
an, dass die <strong>Straßenverkehr</strong>sbehörden Festsetzungen des<br />
Luftreinhalteplanes durch entsprechende straßenverkehrsrechtliche<br />
Anordnungen umzusetzen haben. Auch<br />
§ 40 Abs. 2 BImSchG wurde im Hinblick auf die von den<br />
Luftqualitätsrichtlinien bzw. der 22. BImSchV überholten<br />
Grenzwerte der 23. BImSchV geändert <strong>und</strong> zwar dahin<br />
gehend, dass die <strong>Straßenverkehr</strong>sbehörden in bestimmten<br />
Gebieten – auch ohne Luftreinhalteplan – Verkehrsbeschränkungen<br />
zur Vermeidung schädlicher <strong>Umwelt</strong>einwirkungen<br />
anordnen können, wenn die Emissionen des<br />
Verkehrs zu einer Überschreitung der Grenzwerte der<br />
22. BImSchV beitragen <strong>und</strong> die Immissionsschutzbehörde<br />
daher eine Verminderung der Verkehrsimmissionen<br />
für geboten hält. Mit dieser Neuregelung ist die<br />
23. BImSchV endgültig obsolet.<br />
Obsolet sind auch die durch das „Ozon“-Gesetz in das<br />
BImSchG eingeführten §§ 40a bis e. Diese gegen den so<br />
genannten Sommersmog – das bodennahe Ozon <strong>und</strong><br />
seine vorwiegend durch den Verkehr emittierten Vorläufersubstanzen<br />
– gerichteten Regelungen sind erfreulicherweise<br />
außer Kraft getreten. Die Handlungsschwellen für<br />
Verkehrsbeschränkungen <strong>und</strong> -verbote waren darin so<br />
großzügig bemessen, dass sie erwartungsgemäß nicht<br />
überschritten worden sind (WOLLENTEIT <strong>und</strong><br />
WENZEL, 1997).<br />
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