Umwelt und Straßenverkehr
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den Betroffenen je nach sonstigem Umgebungslärm unterschiedlich<br />
stark wahrgenommen wird. Pauschalisierende<br />
Aussagen, es bedürfe stets einer Pegelminderung<br />
um mehr als 3 dB(A), damit dies von den Betroffenen<br />
überhaupt als Entlastung wahrgenommen wird (KRUX<br />
<strong>und</strong> KATHMANN, 1998), sind nach einer neueren Studie<br />
jedoch unzutreffend (ORTSCHEID <strong>und</strong> WENDE, 2004).<br />
Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch Pegeländerungen,<br />
die kleiner als 3 dB(A) ausfallen, von den Betroffenen<br />
deutlich wahrgenommen werden.<br />
Tabelle 9-4<br />
Lärmminderung durch Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
(Mittelungspegel in 25 m Entfernung)<br />
Quelle: GOHLISCH <strong>und</strong> MALOW, 1999<br />
9.2.1.3 Flächeninanspruchnahme<br />
539. Auswirkungen von Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
auf den Flächenverbrauch ergeben sich insbesondere<br />
daraus, dass beim Neubau von Straßen die erforderliche<br />
Fahrbahnbreite zum Teil vermindert werden kann, wenn<br />
die betreffende Straße auf eine verringerte Regelgeschwindigkeit<br />
ausgelegt wird. Je nach Straßentyp lässt<br />
sich hierdurch bei Absenkung der Regelgeschwindigkeit<br />
um 20 km/h eine Fahrbahnfläche von 600 bis 2 000 m 2<br />
pro Straßenkilometer einsparen (<strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamt,<br />
2003, S. 305 ff.). Darüber hinaus besteht im außerörtlichen<br />
Bereich bei verminderter Regelgeschwindigkeit<br />
mehr Flexibilität in Bezug auf den vorzusehenden Kurvenradius,<br />
wodurch im Einzelfall eine flächensparendere<br />
<strong>und</strong> umweltschonendere Trassierung ermöglicht werden<br />
kann (GOHLISCH <strong>und</strong> MALOW, 1999, S. 17 ff.).<br />
In Bezug auf das bereits bestehende Straßennetz ist nach<br />
einer Analyse des <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamtes (2003, S. 305 ff.)<br />
davon auszugehen, dass sich durch eine Verminderung<br />
der Regelgeschwindigkeit um 20 km/h in Deutschland<br />
pro Einwohner rein rechnerisch circa 2,5 m 2 Fahrbahnfläche<br />
einsparen ließen, die im Laufe der Zeit entsiegelt oder<br />
für andere Nutzungen zur Verfügung gestellt werden<br />
könnten. Das tatsächliche Potenzial ökonomisch <strong>und</strong> ökologisch<br />
sinnvoller Nutzungsänderungen durch einen derartigen<br />
Straßenrückbau dürfte nach Einschätzung des<br />
SRU allerdings deutlich unterhalb des Wertes von 2,5 m 2<br />
pro Einwohner liegen.<br />
540. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass eine weitergehende<br />
Geschwindigkeitsbeschränkung im innerörtlichen<br />
Bereich auf 30 km/h mit Ausnahme von Durchgangsstraßen<br />
durch die Senkung von Schadstoff- <strong>und</strong><br />
252<br />
B<strong>und</strong>esautobahn<br />
Tempolimit<br />
120 km/h<br />
B<strong>und</strong>esautobahn<br />
Tempolimit<br />
100 km/h<br />
Innerörtlicher<br />
Verkehr<br />
Tempolimit<br />
30 km/h<br />
Werktags – 0,5 dB(A) – 1,5 dB(A) – 3 dB(A)<br />
Sonn- <strong>und</strong><br />
Feiertags – 1,0 dB(A) – 3,2 dB(A) – 3 dB(A)<br />
Maßnahmen in der Verkehrslenkung<br />
Lärmbelastung sowie durch die Erhöhung der Verkehrssicherheit<br />
einen Beitrag zur Erhöhung der generellen<br />
Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität in städtischen Gebieten leisten<br />
kann (vgl. auch Abschn. 2.1.4). Hierdurch lässt sich die<br />
zu beobachtende Tendenz zu einer „Landflucht“ insbesondere<br />
von Familien mit Kindern vermindern, wodurch<br />
ein indirekter Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs<br />
geleistet werden kann.<br />
9.2.1.4 Verkehrsfluss <strong>und</strong> Verkehrsverlagerung<br />
541. Gegner einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
insbesondere auf B<strong>und</strong>esautobahnen<br />
argumentieren zuweilen, dass es hierdurch zu Fahrzeitverlängerungen<br />
<strong>und</strong> damit zu induzierten Produktivitätsminderungen<br />
käme. Dieser Argumentation ist jedoch entgegen<br />
zu halten, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
insgesamt auch zu einer Verstetigung des Verkehrsflusses<br />
führen können, sodass weniger Brems- bzw. Beschleunigungsvorgänge<br />
notwendig werden <strong>und</strong> damit das Auftreten<br />
instabiler Zustände wie insbesondere Staus vermindert<br />
wird (so bereits Wissenschaftlicher Beirat BMV,<br />
1991, S. 128; vgl. auch ROMMERSKIRCHEN et al.,<br />
1991, S. 99; GOHLISCH <strong>und</strong> MALOW, 1999, S. 20).<br />
Von einer generellen Fahrzeitverlängerung durch Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
kann deshalb nicht in jedem<br />
Fall ausgegangen werden.<br />
Darüber hinaus ist zu beachten, dass eventuellen Fahrzeitverlängerungen<br />
durch Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
<strong>und</strong> den hiermit entstehenden Kosten auch zahlreiche Nutzen<br />
gegen zu rechnen wären. Diese betreffen nicht nur<br />
<strong>Umwelt</strong>entlastungen <strong>und</strong> eine verringerte Anzahl von Verkehrsunfällen,<br />
sondern auch direkte Kosteneinsparungen<br />
durch den verminderten Bedarf an Schallschutzanlagen<br />
<strong>und</strong> durch die Möglichkeit einer flexibleren Trassenführung<br />
(GOHLISCH <strong>und</strong> MALOW, 1999, S. 32 f.). Im Rahmen<br />
einer Nutzen-Kosten-Analyse, die allerdings auf der<br />
Nutzenseite nur Emissionsminderungen <strong>und</strong> eine verringerte<br />
Anzahl von Verkehrsunfällen berücksichtigt <strong>und</strong> somit<br />
eine eher konservative Schätzung darstellt, wurde für<br />
den Bereich der B<strong>und</strong>esautobahnen eine optimale Geschwindigkeit<br />
von 105 km/h für Otto-PKW <strong>und</strong> 111 km/h<br />
für Diesel-PKW berechnet (CERWENKA <strong>und</strong> KLAMER,<br />
1995). Diese Ergebnisse bilden zugleich einen ersten Anhaltspunkt<br />
zur Quantifizierung des in Kapitel 5.4 erörterten<br />
„vernünftigen“ Maßes an Geschwindigkeit.<br />
542. Ein weiteres Argument gegen eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
auf B<strong>und</strong>esautobahnen besteht<br />
in der möglichen Verkehrsverlagerung auf das nachgeordnete<br />
Straßennetz <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />
höheren <strong>Umwelt</strong>belastungen <strong>und</strong> Unfallrisiken (Wissenschaftlicher<br />
Beirat BMV, 1991, S. 129). Dabei ist jedoch<br />
zu beachten, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit<br />
auf Landstraßen je nach Ausbauzustand vielerorts ohnehin<br />
bereits auf 60 bis 80 km/h abgesenkt ist <strong>und</strong> weitere<br />
Reisezeiterhöhungen durch Ortsdurchfahrten etc. entstehen.<br />
Selbst bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von<br />
120 km/h auf Autobahnen wären deshalb hier in der Regel<br />
immer noch deutlich höhere Reisegeschwindigkeiten<br />
als auf anderen außerörtlichen Straßen zu erzielen, sodass<br />
keine nennenswerten Verlagerungseffekte in das untergeordnete<br />
Straßennetz zu erwarten wären.