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Umwelt und Straßenverkehr

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kehr immer mehr an Bedeutung für das nationale Verkehrsgeschehen.<br />

Auch politisch nimmt die Europäische<br />

Gemeinschaft zunehmend Einfluss auf die europäische<br />

Verkehrsinfrastruktur, insbesondere durch die finanzielle<br />

Förderung ausgewählter Verkehrsprojekte. Ein integriertes<br />

Verkehrsnetz dient dem besseren Funktionieren des<br />

europäischen Binnenmarktes. Ziel der EU ist es, Engpässe<br />

zu beseitigen, wichtige, insbesondere grenzüberschreitende<br />

Lücken zu schließen, den Anschluss der<br />

Randregionen an die Wirtschaftszentren zu gewährleisten<br />

<strong>und</strong> insgesamt die Überwindung des größer werdenden<br />

europäischen Raumes zu erleichtern. Gelegentlich hatte<br />

die beschleunigte Mobilisierung von Infrastrukturmitteln<br />

auch eine konjunkturpolitische Bedeutung (vgl. EU-<br />

Kommission, 1993 <strong>und</strong> 2003a). Zentrale Herausforderung<br />

für die Entwicklung der Transeuropäischen Netze<br />

(TEN) war die Koordinierung der nationalen Infrastrukturplanungen<br />

<strong>und</strong> damit auch die Überwindung zahlreicher<br />

planerischer <strong>und</strong> regulatorischer Hürden insbesondere<br />

im grenzüberschreitenden Schienenverkehr sowie<br />

die Mobilisierung hinreichender Investitionsmittel für<br />

großräumige, schnelle <strong>und</strong> leistungsfähige Verkehrsverbindungen<br />

(vgl. HEY, 1998, S. 221 ff.). Dabei sind, wie<br />

im Folgenden dargelegt wird, ähnliche Defizite wie bei<br />

der B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung im Hinblick auf die Bedarfsanalyse,<br />

die raumplanerische F<strong>und</strong>ierung <strong>und</strong> die<br />

Berücksichtigung der Belange des <strong>Umwelt</strong>schutzes zu<br />

verzeichnen.<br />

437. Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich die EU-<br />

Kommission um den Aufbau eines koordinierten <strong>und</strong> integrierten<br />

europäischen Verkehrsnetzes bemüht. Zunächst<br />

war lediglich ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz<br />

für die Bahnen geplant, für das es unbestreitbar einen<br />

Handlungsbedarf gibt. Dem folgten aber recht schnell<br />

Netzpläne für Straßen, Wasserwege, die Küstenschifffahrt<br />

<strong>und</strong> für Flughäfen. Unter dem Begriff „Transeuropäische<br />

Verkehrsnetze“ werden je nach Diskussionszusammenhang<br />

verschiedene Netze verstanden:<br />

– Die 1996 verabschiedeten <strong>und</strong> im April 2004 im Hinblick<br />

auf die EU-Erweiterung novellierten Leitlinien<br />

für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes<br />

(Entscheidung Nr. 1692/96/EG <strong>und</strong> EU-Parlament,<br />

2004) umfassen alle wichtigen vorhandenen <strong>und</strong><br />

noch zu bauenden Verkehrswege <strong>und</strong> stellen weit gehend<br />

eine Addition der nationalen Verkehrswegepläne<br />

dar. Sie umfassen ein Netz von 75 200 km Straßen,<br />

78 000 km Schienenwegen, 330 Flughäfen, 270 Seehäfen<br />

<strong>und</strong> 210 Binnenhäfen (NOVAK, 2004, S. 304).<br />

Die Leitlinien dienen vor allem der Koordinierung der<br />

nationalen Verkehrswegeplanungen sowie der Abstimmung<br />

der verschiedenen europäischen Kofinanzierungsinstrumente<br />

für Verkehrswegeinvestitionen.<br />

– Die so genannten prioritären Vorhaben, die im<br />

Jahre 1994 in der „Essen-Liste“ aufgeführt wurden<br />

(Entscheidung Nr. 1692/96/EG), umfassen insbesondere<br />

zahlreiche europäische Hochgeschwindigkeitszugverbindungen<br />

<strong>und</strong> bedeutsame Brücken- bzw. Tunnelprojekte.<br />

Die Liste soll vor allem die hochrangige<br />

politische Unterstützung für einige besonders bedeut-<br />

Die europäische Dimension: Transeuropäische Verkehrsnetze<br />

same Projekte sichern. Diese Liste prioritärer Projekte<br />

wurde regelmäßig erneuert <strong>und</strong> im Hinblick auf die<br />

EU-Erweiterung ergänzt (EU-Parlament, 2004).<br />

438. Für die Leitlinien wurde für den ersten Planungszeitraum<br />

zwischen 1994 <strong>und</strong> 2010 ein Investitionsvolumen<br />

von 500 Mrd. Euro angesetzt <strong>und</strong> für die prioritären<br />

Projekte 168 Mrd. Euro. Für die Weiterentwicklung der<br />

Gesamtnetze <strong>und</strong> die Vollendung der in den 1990er-Jahren<br />

geplanten Projekte erachtet die EU-Kommission noch<br />

Investitionen in der Größenordnung von 600 Mrd. Euro<br />

für erforderlich (NOVAK, 2004). Im Hinblick auf den tatsächlichen<br />

Vollzug stellt die EU-Kommission allerdings<br />

einen erheblichen Investitionsrückstand fest. So seien die<br />

gesamten Verkehrswegeinvestitionen der Mitgliedstaaten<br />

von 1,5 Prozent in den 1980er-Jahren auf circa 1 Prozent<br />

des Bruttosozialproduktes heute gesunken (EU-Kommission,<br />

2003a, S. 19 ff.), der Investitionsanteil für die europäischen<br />

Projekte sei dabei zu niedrig. Der jährliche<br />

Finanzierungsbeitrag der wichtigsten europäischen Finanzierungsinstrumente,<br />

der Struktur- <strong>und</strong> Kohäsionsfonds,<br />

die für die TEN eingesetzt werden können, liegt<br />

dabei bei 4,1 Mrd. Euro (vgl. EU-Kommission 2004,<br />

S. 144). Auch wenn man die bescheidenen Mittel der direkten<br />

Gemeinschaftsfinanzierung für die TEN <strong>und</strong> die<br />

durchaus beträchtlichen Kredite der Europäischen Investitionsbank<br />

(EIB) in der Größenordnung von circa<br />

7 Mrd. Euro pro Jahr für Verkehrswegeinvestitionen (vgl.<br />

EU-Kommission, 2004, S. 142) hinzunimmt, liegen die<br />

durch Gemeinschaftsfinanzierungen verfügbaren Investitionsmittel<br />

bei nur etwa einem Drittel der als erforderlich<br />

angesehenen Gesamtinvestitionen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />

stehen auch Modelle der Public-Private-Partnership <strong>und</strong><br />

ihre rechtliche Absicherung auf der politischen Agenda<br />

der EU, um die Investitionslücke bei den öffentlichen Investitionen<br />

zu füllen (vgl. EU-Kommission, 1997). Außerdem<br />

soll in Zukunft der Anteil der Gemeinschaftsfinanzierung<br />

für bestimmte Projekte weiter erhöht werden<br />

können (NOVAK, 2004, S. 306).<br />

439. Auch wenn das gr<strong>und</strong>legende Ziel schneller <strong>und</strong><br />

interoperabler Verkehrsverbindungen für einen funktionierenden<br />

europäischen Wirtschafts- <strong>und</strong> Kommunikationsraum<br />

nicht bestritten werden kann, so gibt es durchaus<br />

begründete Kritik an den derzeitigen Leitlinien des<br />

TEN. Diese zeichnen ein Infrastrukturprogramm vor, das<br />

in Hinblick auf die geplante Netzdichte, das Investitionsvolumen<br />

<strong>und</strong> die geplanten räumlichen <strong>und</strong> modalen<br />

Schwerpunktsetzungen nicht zielgerecht <strong>und</strong> zudem überdimensioniert<br />

ist. Als wesentliche Kritikpunkte werden<br />

unter anderem aufgeführt:<br />

– Der „Wunschzettelcharakter“ des additiven Planungsverfahrens<br />

<strong>und</strong> die fehlende strategische Selektivität<br />

der Leitlinien: Die Leitlinien addieren weit gehend<br />

nationale Verkehrswegespläne <strong>und</strong> enthielten in<br />

der Fassung von 1996 Projekte, deren Bedeutung für<br />

ein integriertes europäisches Verkehrssystem fraglich<br />

war (z. B. die Magnetschwebebahnverbindung Hamburg<br />

– Berlin) (vgl. BUKOLD et al.,1996; PEAKE,<br />

1994). Auch die neue Fassung enthält noch hinsichtlich<br />

Kosten <strong>und</strong> Nutzen sehr kontrovers diskutierte<br />

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