Umwelt und Straßenverkehr
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9.5 Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Steuerung durch ordnungsrechtliche<br />
Verkehrsbeschränkungen<br />
610. Die ordnungsrechtlichen Lenkungsinstrumente bedürfen<br />
einer gr<strong>und</strong>legenden Weiterentwicklung dahin gehend,<br />
dass<br />
– klare Regelungen für selektive Verkehrsverbote mit<br />
einheitlichen, engen Ausnahmen für emissionsarme<br />
(insbesondere bei Partikel <strong>und</strong> NOx-Emissionen) <strong>und</strong><br />
für lärmarme Fahrzeuge normiert werden;<br />
– als anzustrebendes Schutzniveau ausdrücklich auch<br />
die Vorsorge vor schädlichen Immissionen des Verkehrs<br />
bestimmt wird;<br />
– für die Frage, ob Lenkungsmaßnahmen zur Verminderung<br />
verkehrsbedingter Belästigungen <strong>und</strong> Risiken geboten<br />
sind, an die Stelle der segmentierten Betrachtung<br />
viel stärker eine integrierte Betrachtung <strong>und</strong><br />
Bewertung der kumulativen verkehrsbedingten Belastungen<br />
tritt;<br />
– die unerlässliche planerische Einbindung <strong>und</strong> Abstimmung<br />
durch Normierung einer kommunalen Verkehrsplanungspflicht<br />
gewährleistet wird;<br />
– die Gemeinden die vorrangige Zuständigkeit zur ordnungsrechtlichen<br />
Verkehrslenkung erhalten, soweit<br />
diese Lenkung auch – was im Rahmen einer integrierten<br />
kommunalen Verkehrsplanung die Regel sein<br />
wird – durch verkehrsplanerische Zwecke gefordert<br />
<strong>und</strong> gerechtfertigt ist;<br />
– die Gemeinden zur flächendeckenden Festlegung von<br />
Lärmsanierungszielen für solche Straßenstrecken verpflichtet<br />
werden, an denen der Verkehrslärm bei einer<br />
angrenzenden Wohnbebauung gesetzliche, nach Straßentyp<br />
festzulegende (Hauptverkehrsstraße oder Neben-/Wohnstraße)<br />
Schwellenwerte überschreitet. Eine<br />
solche – am besten in ein Gemeindeverkehrsplanungsrecht<br />
zu integrierende – Regelung kann zugleich maßgeblich<br />
zur Umsetzung der EG-Umgebungslärmrichtlinie<br />
beitragen.<br />
Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
611. Geschwindigkeitsbeschränkungen, die über den<br />
bisher in Deutschland praktizierten Umfang hinausgehen,<br />
können nach Einschätzung des SRU ohne nennenswerte<br />
nachteilige Effekte einen spürbaren Beitrag zur Verminderung<br />
verkehrsbedingter <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbelastungen<br />
leisten. Auf der Maßnahmenebene ist dabei zu<br />
unterscheiden zwischen der verstärkten Durchsetzung bereits<br />
bestehender <strong>und</strong> der Einführung neuer Geschwindigkeitsbeschränkungen.<br />
612. Zur verstärkten Durchsetzung der bereits bestehenden<br />
<strong>und</strong> gegebenenfalls auch neu einzuführenden Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
werden eine maßvolle<br />
Ausweitung der Kontrollintensität <strong>und</strong> vor allem eine<br />
schärfere Sanktionierung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen<br />
empfohlen. Um hierbei eine möglichst<br />
starke abschreckende Wirkung zu erzielen <strong>und</strong> auch um<br />
Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Gerechtigkeitserwägungen zu genügen, sollte dies jedoch<br />
nicht in Form höherer Geldbußen erfolgen. Stattdessen<br />
erscheint es sachgerecht, eine Erhöhung des Befolgungsgrades<br />
bei Geschwindigkeitsbeschränkungen durch<br />
schärfere Sanktionen in Form von Eintragungen im Verkehrszentralregister<br />
bzw. temporären Fahrverboten anzustreben,<br />
wobei das jeweilige Risikopotenzial des im Einzelfall<br />
vorliegenden Fehlverhaltens stärker als bisher<br />
berücksichtigt werden sollte.<br />
613. Bezüglich neu einzuführender Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
erscheint eine generelle Beschränkung<br />
auf 30 km/h im innerörtlichen Bereich mit Ausnahme von<br />
Durchgangsstraßen insbesondere unter dem Aspekt der<br />
Verkehrssicherheit als sachgerecht.<br />
Im außerörtlichen Bereich ist zu unterscheiden zwischen<br />
B<strong>und</strong>esautobahnen <strong>und</strong> sonstigen außerörtlichen Straßen,<br />
insbesondere Landstraßen. Auf letzteren besteht kein<br />
aktueller Handlungsbedarf. Auf gut ausgebauten Landstraßen<br />
ist die gegenwärtige Höchstgeschwindigkeit von<br />
100 km/h angemessen; auf Landstraßen mit weniger gutem<br />
Ausbauzustand ist die Höchstgeschwindigkeit heute<br />
in der Regel ohnehin schon auf 80 km/h oder weniger beschränkt.<br />
Im Bereich der B<strong>und</strong>esautobahnen erscheint in Anbetracht<br />
der vielfältigen Vorteile <strong>und</strong> auch mit Blick auf die<br />
Regelungen in den anderen EU-Staaten die Einführung<br />
einer allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkung als<br />
eine längst überfällige Selbstverständlichkeit. Als längerfristiges<br />
Zielniveau sind hierbei 120 km/h anzustreben.<br />
Dabei ist dem SRU durchaus bewusst, dass eine solche<br />
Beschränkung in Teilen der Bevölkerung auf wenig<br />
Akzeptanz stoßen würde. Es wird deshalb empfohlen, zunächst<br />
nur die heute ohnehin bereits bestehende „Richtgeschwindigkeit“<br />
von 130 km/h in eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
umzuwandeln <strong>und</strong> nach<br />
einer Erprobungsphase von 5 Jahren über eine weitere<br />
Senkung auf 120 km/h zu befinden.<br />
Ökonomische Instrumente<br />
614. Der Inlandsabsatz an Otto- <strong>und</strong> Dieselkraftstoffen<br />
ist zwischen 1998 <strong>und</strong> 2004 trotz steigender Fahrleistungen<br />
um insgesamt 6 Prozent zurückgegangen. Dies belegt<br />
einmal mehr die Lenkungswirkung preislicher Mechanismen<br />
wie der Ökosteuer auf Kraftstoffe, die nach wie vor<br />
einen unverzichtbaren Baustein einer jeden Strategie zur<br />
Verminderung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen darstellen. Die Ökosteuer auf Otto- <strong>und</strong> Dieselkraftstoffe<br />
sollte deshalb auch über die bisherigen Erhöhungsstufen<br />
hinaus langsam, aber kontinuierlich <strong>und</strong> vor allem für alle<br />
Beteiligten langfristig voraussehbar angehoben werden.<br />
Um Ausweichreaktionen der Kraftfahrer („Tanktourismus“)<br />
zu vermeiden, wird der B<strong>und</strong>esregierung empfohlen,<br />
sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Besteuerung<br />
von Kraftstoffen auf einem hohen Niveau<br />
harmonisiert wird. In diesem Zusammenhang ist die im<br />
Jahre 2003 erfolgte Einigung der EU-Finanzminister auf<br />
erhöhte Mindeststeuersätze für Kraftstoffe zwar gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
zu begrüßen, jedoch bleiben diese Mindeststeuersätze<br />
noch weit hinter der erforderlichen Höhe zurück.<br />
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