Umwelt und Straßenverkehr
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9.3.2.1.2 Sachstand auf EU-Ebene<br />
566. Die derzeit noch gültige Rechtsgr<strong>und</strong>lage für Straßennutzungsgebühren<br />
auf EU-Ebene ist die „Richtlinie<br />
1999/62/EG vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von<br />
Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege<br />
durch schwere Nutzfahrzeuge“ (ABl. EG L 187/42), die<br />
im Sprachgebrauch auch als „Euro19vignetten-RL“ bezeichnet<br />
wird. Danach darf eine Mautgebühr nur für<br />
LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mindestens<br />
12 t <strong>und</strong> nur „für die Benutzung von Autobahnen<br />
oder anderen mehrspurigen Straßen, die ähnliche Merkmale<br />
wie Autobahnen aufweisen, sowie für die Benutzung<br />
von Brücken, Tunneln <strong>und</strong> Gebirgspässen erhoben“<br />
werden (Artikel 7 Abs. 2a). Die Höhe der Mautgebühren<br />
muss sich dabei „an den Kosten für den Bau, den Betrieb<br />
<strong>und</strong> den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes<br />
orientieren“ (Art. 7 Abs. 9).<br />
Diese den nationalen Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten<br />
stark einschränkenden Vorgaben sollen durch eine<br />
Novelle der RL 1999/62/EG zum einen flexibilisiert, zum<br />
anderen aber auch weiter konkretisiert werden. Dazu hat<br />
die EU-Kommission im August 2003 einen Vorschlag zur<br />
Novellierung der Eurovignetten-RL vorgelegt (KOM<br />
2003/448 endgültig/2), bislang konnte darüber jedoch<br />
zwischen Rat <strong>und</strong> EU-Parlament keine Einigung erzielt<br />
werden. Bereits im ursprünglichen Kommissionsvorschlag<br />
sind einige zu begrüßende Änderungen angelegt,<br />
die die zukünftigen Gestaltungsspielräume der Nationalstaaten<br />
erheblich erweitern:<br />
– In die Berechnung der Mautgebühren sollen künftig<br />
neben den Kosten für den Bau, den Betrieb <strong>und</strong> den<br />
Ausbau der Verkehrswege auch Unfallkosten einfließen,<br />
die nicht durch Haftpflichtversicherungen gedeckt<br />
sind.<br />
– In besonders sensiblen Gebieten, insbesondere Bergregionen,<br />
kann eine um bis zu 25 Prozent erhöhte<br />
Mautgebühr festgelegt werden.<br />
– Der Geltungsbereich wird erweitert auf Lastkraftwagen<br />
mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über<br />
3,5 t (statt bisher über 12 t).<br />
Tabelle 9-8<br />
Quelle: SCHREYER et al., 2004, S. 74<br />
262<br />
Maßnahmen in der Verkehrslenkung<br />
– Die LKW-Maut kann künftig auf allen Straßen des<br />
transeuropäischen Verkehrsnetzes sowie auf den mit<br />
ihnen konkurrierenden Straßen erhoben werden. Dies<br />
eröffnet insbesondere die Möglichkeit einer Erhebung<br />
auf B<strong>und</strong>esstraßen.<br />
– Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage, die lediglich<br />
eine Differenzierung der Mauthöhe nach Emissionsklasse<br />
<strong>und</strong> Tageszeit zulässt, soll zukünftig auch eine<br />
Differenzierung nach weiteren technischen Daten der<br />
Fahrzeuge sowie nach den örtlichen Gegebenheiten<br />
des Straßennetzes möglich sein.<br />
Wie auch durch das Europäische Parlament im Rahmen<br />
der ersten Lesung bemängelt, ist der Kommissionsvorschlag<br />
jedoch noch in verschiedener Hinsicht defizitär.<br />
Dies betrifft insbesondere die bisher nicht vorgesehene<br />
Einbeziehung externer Kosten bei der Berechnung der<br />
Mautsätze, die angestrebte Zweckbindung bei der Mittelverwendung<br />
<strong>und</strong> die unzureichende Ausnahmeregelung<br />
für besonders sensible Gebiete.<br />
567. Entgegen dem ursprünglich verfolgten Konzept der<br />
Berücksichtigung aller externen Kosten sieht der Kommissionsentwurf<br />
keine Berücksichtigung externer <strong>Umwelt</strong>kosten<br />
vor. Dies ist jedoch unabdingbare Voraussetzung einer<br />
volkswirtschaftlich sachgerechten Lenkungswirkung der<br />
LKW-Maut. Nach SCHREYER et al. (2004) betragen<br />
die externen <strong>Umwelt</strong>kosten des LKW-Transports im<br />
Mittel circa 65 Euro pro 1 000 Tonnenkilometer (vgl.<br />
Tab. 9-8). Bezogen auf einen LKW mit einer Zuladung<br />
von 10 t errechnen sich hieraus externe <strong>Umwelt</strong>kosten in<br />
Höhe von circa 65 ct/km. Die externen <strong>Umwelt</strong>kosten betragen<br />
damit ein Vielfaches der durch Abnutzung der Infrastruktur<br />
verursachten Wegekosten. An dieser Relation<br />
wird deutlich, dass eine LKW-Maut, die wie gegenwärtig<br />
in Deutschland nur auf die Wegekosten im Sinne der Infrastrukturnutzung<br />
abzielt <strong>und</strong> die externen <strong>Umwelt</strong>kosten<br />
vernachlässigt, unter Internalisierungsgesichtspunkten bei<br />
weitem zu kurz greift. Durch eine Erhöhung der LKW-<br />
Maut über die reinen Infrastrukturkosten hinaus ließe sich<br />
die Relation der Transportpreise weiter zugunsten des<br />
Schienenverkehrs verschieben. So ließe sich bspw. nach<br />
einer Simulationsstudie der Gesellschaft für Wirtschaftli-<br />
Externe <strong>Umwelt</strong>kosten des Gütertransports<br />
(Durchschnittswerte in Euro pro 1 000 Tonnenkilometer)<br />
LKW Bahn Binnenschiffart Luftfracht<br />
Lärm 4,9 3,2 0 8,9<br />
Luftbelastung 38,3 8,3 14,1 15,6<br />
Klima 12,8 3,2 4,3 235,7<br />
Natur <strong>und</strong> Landschaft * 2,0 0,3 0,8 3,8<br />
Vorgelagerte Prozesskette<br />
** 7,4 2,4 3,3 7,4<br />
Summe 65,1 17,4 22,5 271,4<br />
* Umfasst die bewerteten, mit dem entsprechenden Flächenverbrauch verb<strong>und</strong>enen Schäden an Natur <strong>und</strong> Landschaft.<br />
** Umfasst die mit der Bereitstellung der Kraftstoffe <strong>und</strong> der Infrastruktur verb<strong>und</strong>enen externen <strong>Umwelt</strong>kosten.