Umwelt und Straßenverkehr
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auch Tz. 314 f.). Dies gilt auch für eine lediglich nach<br />
Schadstoffklassen differenzierte Straßennutzungsgebühr,<br />
soweit die betreffenden Schadstoffemissionen in einem<br />
engen Verhältnis zum Kraftstoffverbrauch stehen. Auch<br />
in diesem Fall wäre eine einfachere <strong>und</strong> effektivere Lenkung<br />
über den Kraftstoffpreis möglich.<br />
560. Trotz der Schwierigkeiten bei der Einführung der<br />
LKW-Maut erlaubt die heute verfügbare Technik zumindest<br />
im LKW-Bereich eine effiziente Ausgestaltung von<br />
Straßennutzungsgebühren. Satellitengestützte Navigationssysteme<br />
bspw. ermöglichen das Erkennen virtueller Erhebungsstellen<br />
im Fahrzeug, eine dynamische Übermittlung<br />
der Tarife, die Gebührenbestimmung im Fahrzeug, eine<br />
elektronische Zahlung via GSM in Sammelbeträgen sowie<br />
eine Durchsetzung der Zahlungspflicht durch kameragestützte<br />
Kontrolle. Bei der Wahl der Technik ist allerdings<br />
darauf zu achten, dass mögliche verkehrspolitische<br />
Entscheidungen auf EU-Ebene in näherer <strong>und</strong> ferner Zukunft<br />
ein national eingeführtes Road-Pricing-System<br />
nicht obsolet werden lassen <strong>und</strong> damit zu einer unverhältnismäßig<br />
hohen Kapitalentwertung führen.<br />
Bei der näheren Ausgestaltung von Straßennutzungsgebühren<br />
ist zu unterscheiden zwischen dem Güterverkehr<br />
<strong>und</strong> dem Personenverkehr.<br />
9.3.2.1 Güterverkehr<br />
9.3.2.1.1 Sachstand auf nationaler Ebene<br />
561. Für LKW mit einem zulässigen Höchstgewicht<br />
von über 12 t sollte nach ursprünglicher Planung bereits<br />
seit dem 31. August 2003 in Deutschland auf B<strong>und</strong>esautobahnen<br />
eine Straßennutzungsgebühr (LKW-Maut) erhoben<br />
werden. Dieser Termin musste jedoch aufgr<strong>und</strong><br />
gravierender Mängel der Erfassungs- <strong>und</strong> Abrechnungstechnik<br />
(z. B. SPEHR, 2003) mehrfach verschoben werden,<br />
<strong>und</strong> die LKW-Maut konnte erst zum 1. Januar 2005<br />
in Kraft treten. Die Gebührensätze der LKW-Maut richten<br />
sich nach Emissionsklassen <strong>und</strong> Achsenzahl der<br />
LKW, wobei 9 bis 14 ct/km erhoben werden. Im Mittel<br />
ergibt sich hieraus eine durchschnittliche Maut von<br />
12,4 ct/km.<br />
562. Das jährliche Aufkommen aus der LKW-Maut<br />
wird auf etwa 3,4 Mrd. Euro geschätzt. Das nach Abzug<br />
von circa 600 Mio. Euro für Betrieb, Überwachung <strong>und</strong><br />
Kontrolle des Mautsystems verbleibende Aufkommen<br />
soll vollständig dem Verkehrshaushalt zugeführt <strong>und</strong> in<br />
vollem Umfang für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur,<br />
überwiegend für den B<strong>und</strong>esfernstraßenbau,<br />
verwendet werden. Daneben sieht der B<strong>und</strong>esratskompromiss<br />
vom 23. Mai 2003 ein so genanntes Harmonisierungsvolumen<br />
von 600 Mio. Euro pro Jahr vor, das zur<br />
Entlastung der deutschen Speditionsunternehmen verwendet<br />
werden soll (vgl. B<strong>und</strong>esrat, 2003). Eine solche<br />
Entlastung ist nach Einschätzung des B<strong>und</strong>esrates erforderlich,<br />
da das deutsche Speditionsgewerbe aufgr<strong>und</strong> der<br />
im EU-weiten Vergleich sehr hohen deutschen Preise für<br />
Dieselkraftstoff (vgl. Abb. 9-2) ohnehin bereits benachteiligt<br />
sei. Dazu ist vorgesehen, dem deutschen Speditionsgewerbe<br />
eine Verrechnungsmöglichkeit mit der Mineralölsteuer<br />
auf Dieselkraftstoffe einzuräumen. Ein<br />
Ökonomische Instrumente<br />
solches Vorgehen würde jedoch in Anbetracht der ohnehin<br />
bereits bestehenden Steuerbegünstigung für Dieselkraftstoffe<br />
(vgl. Abschn. 9.3.1) falsche Signale setzen.<br />
563. Der SRU begrüßt im Gr<strong>und</strong>satz die Einführung der<br />
LKW-Maut <strong>und</strong> insbesondere auch ihre Orientierung an<br />
den verschiedenen Emissionsklassen. Er bemängelt jedoch<br />
zugleich die zurzeit noch zu geringen Gebührensätze,<br />
die deutlich hinter den tatsächlich verursachten<br />
Wegekosten von circa 15,34 ct/km zurückbleiben (vgl.<br />
Kommission Verkehrsinfrastrukturfinanzierung, 2000,<br />
S. 38). Ebenso gibt es keine sachliche Rechtfertigung für<br />
die Beschränkung auf Lastkraftwagen mit einem zulässigen<br />
Höchstgewicht von über 12 t, denn auch kleinere<br />
Lastkraftwagen verursachen Schäden an der Straßeninfrastruktur<br />
<strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>belastungen. Darüber hinaus ist nicht<br />
auszuschließen, dass die Speditionen zur Umgehung der<br />
LKW-Maut vermehrt auf Lastkraftwagen mit einem zulässigen<br />
Höchstgewicht von knapp unter 12 t ausweichen,<br />
wodurch das Verkehrsaufkommen insgesamt erhöht<br />
würde. Um solche Ausweichreaktionen zu vermeiden <strong>und</strong><br />
gleichzeitig die Verlagerung des Güterverkehrs auf die<br />
Schiene zu fördern, sollte die LKW-Maut auf alle Lastkraftwagen<br />
über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht erhoben<br />
werden. Dabei wäre eine Differenzierung etwa nach den<br />
drei Gewichtsklassen 3,5 bis 12 t, 12 bis 20 t <strong>und</strong> 20 bis<br />
40 t sinnvoll.<br />
564. Auch der ausschließliche Geltungsbereich der<br />
LKW-Maut auf B<strong>und</strong>esautobahnen, der durch die gegenwärtige<br />
Rechtslage gemäß Artikel 7 Absatz 2 der EU-<br />
Richtlinie 1999/62/EG vorgegeben ist (vgl. auch<br />
Abschn. 9.3.2.1.2), muss als problematisch eingestuft<br />
werden. Denn hierdurch sind Verlagerungseffekte auf das<br />
untergeordnete Straßennetz mit entsprechenden Nachteilen<br />
für Verkehrssicherheit <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>schutz nicht auszuschließen.<br />
Es wird deshalb der B<strong>und</strong>esregierung empfohlen,<br />
auf EU-Ebene für eine entsprechende Anpassung der<br />
Rechtslage einzutreten, sodass eine Gebührenerhebung<br />
auf dem gesamten Straßennetz zulässig ist.<br />
565. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die<br />
LKW-Maut in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung das eigentliche<br />
Steuerungspotenzial von Straßennutzungsgebühren<br />
nicht ausschöpft, da keinerlei räumliche oder zeitliche<br />
Differenzierung der Gebührensätze vorgesehen ist.<br />
Damit erfolgt lediglich eine Grobsteuerung des LKW-<br />
Verkehrsaufkommens insgesamt, die jedoch über eine erhöhte<br />
Besteuerung von Dieselkraftstoff wesentlich kostengünstiger<br />
<strong>und</strong> effektiver zu bewerkstelligen wäre. Der<br />
einzige Umstand, der dem entgegensteht, ist die fehlende<br />
Harmonisierung der Dieselbesteuerung in der EU, die<br />
dazu führen würde, dass ausländische LKW im Rahmen<br />
einer Erhöhung der Dieselbesteuerung im nationalen Alleingang<br />
weitgehend unbelastet blieben. Sofern es zukünftig<br />
jedoch zu einer EU-weiten Harmonisierung der<br />
Dieselbesteuerung auf einem angemessen hohen Niveau<br />
kommen sollte, wäre die LKW-Maut in ihrer heutigen <strong>und</strong>ifferenzierten<br />
Gebührengestaltung als eigenständiges<br />
Steuerungsinstrument obsolet <strong>und</strong> müsste durch eine entsprechende<br />
Differenzierung nach räumlich bzw. zeitlichen<br />
Kriterien fortentwickelt werden.<br />
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