Umwelt und Straßenverkehr
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zwar in § 2 Abs. 2 Nr. 12 ROG verkehrsumweltpolitische<br />
Ziele als Abwägungsgr<strong>und</strong>sätze in die Landesplanung ein<br />
(ERBGUTH, 2000, S. 60). Insbesondere verlangt § 2<br />
Abs. 2 Nr. 12 ROG, dass<br />
– eine „gute Erreichbarkeit aller Teilräume untereinander<br />
sicherzustellen ist,<br />
– vor allem in hoch belasteten Räumen <strong>und</strong> Korridoren<br />
die Voraussetzungen zur Verlagerung von Verkehr auf<br />
umweltverträgliche Verkehrsträger wie Schiene <strong>und</strong><br />
Wasserstraße zu verbessern sind <strong>und</strong><br />
– die Siedlungsentwicklung durch Zuordnung <strong>und</strong> Mischung<br />
der unterschiedlichen Raumnutzungen so zu<br />
gestalten ist, dass die Verkehrsbelastung verringert<br />
<strong>und</strong> zusätzlicher Verkehr vermieden werden.“<br />
Die Berücksichtigung dieser zentralen mobilitätspolitischen<br />
Zielsetzungen in der Raumplanung gewährleistet<br />
jedoch nicht per se eine damit abgestimmte Verkehrsnetz<strong>und</strong><br />
-wegeplanung. Eine sachgemäße integrierte Entwicklung<br />
von Raum- <strong>und</strong> Verkehrsstruktur erfolgt auch nicht<br />
durch das Raumordnungsverfahren gemäß § 15 ROG.<br />
Dieses Verfahren verbürgt – soweit es überhaupt zur Anwendung<br />
kommt – nur den Ex-post-Abgleich von Verkehrswegeplanungen<br />
mit der Raumordnung bzw. Landesplanung,<br />
kann aber aufgr<strong>und</strong> des Projekthorizonts nicht<br />
die gebotene unmittelbare Verknüpfung zwischen Verkehrs(netz)planung<br />
<strong>und</strong> Raumordnung bzw. Landes- <strong>und</strong><br />
Regionalplanung gewährleisten. Wie auf B<strong>und</strong>esebene<br />
sollten daher auf Landesebene die Raumordnung bzw.<br />
Landes- <strong>und</strong> Regionalplanung um den integrativen Bestandteil<br />
eines Landesmobilitätsleitbildes <strong>und</strong> eines darauf<br />
aufbauenden Landes- <strong>und</strong> Regionalverkehrsplans ergänzt<br />
werden. In einem solchen erweiterten Rahmen der<br />
Raumplanung könnten die <strong>Umwelt</strong>auswirkungen, die<br />
sich aus den jeweiligen Verkehrsbeziehungen ergeben,<br />
schon auf gesamtplanerischer Ebene genauer ermessen,<br />
evaluiert <strong>und</strong> ggf. verträglichere Alternativen der Verkehrsplanung<br />
<strong>und</strong> Raumzuordnung entwickelt werden.<br />
Divergierende Zuständigkeiten für die Entwicklung<br />
der Raumordnung <strong>und</strong> der Verkehrsstrukturen als<br />
Integrationshemmnis<br />
422. Das Integrationsdefizit auf überörtlicher Ebene<br />
wird gegenwärtig außerdem dadurch maßgeblich verstärkt,<br />
dass die Kompetenzen für die Raumplanung einerseits<br />
<strong>und</strong> die Verkehrsplanung andererseits nicht kongruent<br />
auf die föderalen Planungsebenen verteilt sind.<br />
Finanzierung <strong>und</strong> Planung durch die B<strong>und</strong>esebene reichen<br />
mit dem B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan weit in Verbindungszusammenhänge<br />
hinein, deren raumplanerische Bezüge<br />
überwiegend oder gänzlich regionaler oder gar<br />
örtlicher Natur sind. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen<br />
B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> Gemeinden sollte demgegenüber<br />
den engen inhaltlichen Wechselbezügen von Raumplanung<br />
<strong>und</strong> Verkehrsplanung entsprechen, namentlich<br />
dadurch, dass der jeweiligen Ebene parallel sowohl die<br />
ihr entsprechenden Aufgaben der Verkehrs- als auch der<br />
Raumplanung zugewiesen werden. Diesem Gebot einer<br />
sachangemessenen Zuständigkeitsverteilung entspricht<br />
212<br />
Maßnahmen in der Verkehrswege- <strong>und</strong> Raumplanung<br />
das deutsche Planungssystem bisher nicht. Auch aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> wird dringend eine Entflechtung der Verkehrsplanungszuständigkeiten<br />
empfohlen.<br />
8.1.2.2 Neuordnung der Planungs- <strong>und</strong><br />
Finanzierungskompetenzen<br />
zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern<br />
423. Eine konsequente Integration von B<strong>und</strong>esverkehrswege-<br />
<strong>und</strong> Raumplanung setzt voraus, dass die Planungszuständigkeiten<br />
zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern klarer als<br />
bisher abgegrenzt werden <strong>und</strong> insbesondere die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />
nicht mehr auf der Basis von Bedarfsanmeldungen<br />
der Länder durchgeführt wird. Angesichts<br />
der hohen Dichte des deutschen Autobahnnetzes<br />
erfüllen nur noch wenige B<strong>und</strong>esstraßen überregionale<br />
verkehrliche Funktionen. In Ballungsräumen wiederum<br />
übernehmen Autobahnen vorwiegend regionale Verbindungsfunktionen.<br />
Die derzeit gültige Klassifizierung der<br />
Straßen spiegelt demnach in sehr vielen Fällen nicht deren<br />
tatsächliche Verbindungsfunktionen wider. Das B<strong>und</strong>esautobahnnetz<br />
wurde zwischen 1950 <strong>und</strong> 2003 um<br />
473 Prozent erweitert (von 2 100 km auf 12 037 km) <strong>und</strong><br />
übernimmt inzwischen weit gehend die Fernverkehrsfunktion,<br />
die das Netz der B<strong>und</strong>esstraßen im Jahre 1950<br />
erfüllte. Dieses B<strong>und</strong>esstraßennetz wuchs im gleichen<br />
Zeitraum nur um r<strong>und</strong> 70 Prozent (von 24 300 km auf<br />
41 246 km; B<strong>und</strong>esbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in<br />
der Verwaltung, 2004, S. 16).<br />
Die Begriffsbestimmungen des Gr<strong>und</strong>gesetzes (Artikel<br />
90 GG) <strong>und</strong> des Fernstraßengesetzes legen nahe, dass<br />
die Kernaufgabe des B<strong>und</strong>es nur der Bau <strong>und</strong> die Unterhaltung<br />
wichtiger Fernstraßen sein kann (B<strong>und</strong>esbeauftragter<br />
für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, 2004).<br />
424. Zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen<br />
B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern kommen danach verschiedenartige<br />
Kriterien in Betracht:<br />
– Faktische Verbindungsfunktionen der Straßen: Aufgr<strong>und</strong><br />
bestimmter Kriterien wie zum Beispiel der zurückgelegten<br />
Entfernung der Nutzer von Fernstraßenverbindungen<br />
<strong>und</strong> dem Anteil dieser Nutzer am<br />
Gesamtverkehr auf den Fernverbindungen werden<br />
überregionale, länderübergreifende Verbindungsfunktionen<br />
von Verbindungen mit primär regionaler Bedeutung<br />
abgegrenzt <strong>und</strong> neu eingestuft.<br />
– Zielfunktionen der Straßen: Die Zuständigkeit des<br />
B<strong>und</strong>es macht sich an den Funktionen der Straßen<br />
fest, die diese übernehmen sollen. Die B<strong>und</strong>eszuständigkeit<br />
kann sich auf ein Gr<strong>und</strong>netz <strong>und</strong> ggf. ein Ergänzungsnetz<br />
beziehen (Beispiel: Schweiz; ASTRA<br />
2002, S. 76):<br />
– Gr<strong>und</strong>netz: Durchleiten des internationalen Transitverkehrs,<br />
Verbindungen zum Ausland, Verbindungen<br />
zwischen Oberzentren;<br />
– Ergänzungsnetz: ggf. Sammeln von regionalem<br />
Verkehr, Erschließen von Verkehrsinfrastrukturanlagen<br />
(Flughäfen, Seehäfen) gesamtstaatlicher Bedeutung.