S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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Persönliche Begegnungen und offizielle Kontakte<br />
Der Unterschied kommt schon in den Adjektiven zum Ausdruck. Persönliche<br />
Begegnungen kommen auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> Freiwilligkeit zustande, sind meist<br />
spontan, mehr zufällig als geplant und setzen Interesse und Bereitschaft zur<br />
gegenseitigen Öffnung voraus. Persönliche Begegnungen dieser Art waren bis<br />
in die letzte Phase vor <strong>der</strong> Wende wegen <strong>der</strong> Bestimmungen über Kontaktverbote<br />
für die Angehörigen von Volksarmee und Polizei praktisch ausgeschlossen.<br />
Offizielle Kontakte mit <strong>der</strong> NVA dagegen kollidierten in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
mit dem Alleinvertretungsanspruch. Auch als es nach langem<br />
Zieren <strong>der</strong> Bundeswehr im März 1989 im IFSH zu dem ersten Treffen von<br />
Angehörigen <strong>der</strong> Führungsakademie <strong>der</strong> Bundeswehr und <strong>der</strong> Militärakademie<br />
„Friedrich Engels“ kam, wurden zunächst nur offizielle Standpunkte ausgetauscht.<br />
Aber es war nicht zu vermeiden, dass es bei dieser Gelegenheit zu<br />
menschlichen Kontakten kam, <strong>der</strong>en Wirkung für alle Beteiligten groß war,<br />
gerade weil sie so selten waren.<br />
Das bestätigte mir kurz nach <strong>der</strong> Wende im Oktober 1990 Admiral, seit kurzem<br />
a. D., Theodor Hoffmann. Im Sommer 1976 begleitete er – damals Kapitän<br />
zur See und Chef des Stabes <strong>der</strong> Volksmarine – Admiral Ehm bei einer<br />
Marinekonferenz <strong>der</strong> Ostsee-Anrainerstaaten in Stockholm. Dort traf er auf<br />
den Leiter <strong>der</strong> kleinen bundesdeutschen Delegation Admiral Luther. Zunächst,<br />
so Hoffmann, ging man dem „Klassenfeind“ aus dem Wege. Beim<br />
morgendlichen Frühstück mit Selbstbedienung musste er aber mit seinem voll<br />
beladenen Tablett unmittelbar am Tisch von Admiral Luther vorbei, und <strong>der</strong><br />
sturmerprobte Schnellbootfahrer Hoffmann registrierte plötzlich, wie seine<br />
Hände unbewusst zitterten und Gläser und Porzellan auf dem Tablett hörbar<br />
zu klirren begannen. Bei nächster Gelegenheit sprach ihn Luther an: „Also<br />
was soll dass, Herr Hoffmann, dass wir so aneinan<strong>der</strong> vorbei schleichen? Wir<br />
sind doch schließlich beide Deutsche. Ich heiße Luther.“ Es entspann sich ein<br />
Gespräch, das in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe ganz normal fortgesetzt<br />
wurde. Hoffman kehrte, wie er mir erzählte, tief beeindruckt in seinen Stab<br />
zurück und berichtete seinen Offizieren, dass er ein völlig an<strong>der</strong>es Bild von<br />
den Vertretern <strong>der</strong> Bundeswehr gewonnen hätte. „Die sind auch gegen den<br />
Krieg.“ Wenige Monate später traf ich Admiral Luther bei einer Tagung <strong>der</strong><br />
Clausewitzgesellschaft und habe mir die Beschreibung dieser Episode bestätigen<br />
lassen. Sein Eindruck von Hoffman war ebenfalls äußerst positiv.<br />
Welchen Umfang hatten private Kontakte in <strong>der</strong> Vorwendezeit?<br />
Insgesamt gab es natürlich in den Hochzeiten des Kalten Krieges viel zu wenig<br />
persönliche Begegnungen, und die wenigen Gelegenheiten wurden vermutlich<br />
auch längst nicht alle genutzt. Selbst wenn man den Begriff Begegnung<br />
sehr weit fasst und ihn zum Beispiel auf die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit