28.02.2013 Aufrufe

S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

288<br />

Drittens: Engelssches Denken über Frieden, Krieg und <strong>Streitkräfte</strong> wurde in<br />

<strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>phase <strong>der</strong> NVA vor<strong>der</strong>gründig bellizistisch, dagegen in den 80er<br />

Jahren zunehmend pazifistisch ausgewertet, obwohl sich eine solche allgemeine<br />

Einstufung wissenschaftlich nicht beweisen lässt. Vielmehr betonte<br />

Engels wie<strong>der</strong>holt, „dass die Militärwissenschaft, ebenso wie die Mathematik<br />

und Geografie keine beson<strong>der</strong>e politische Meinung hat“. 8 So wie Engels und<br />

Marx dem Kriegsfaktor eine wesentliche sozialgeschichtliche Wirkung einräumten,<br />

zogen sie gleichzeitig gegen jene zu Felde, die die Gewalt, den Krieg,<br />

Plün<strong>der</strong>ung, Raubmord pp. zur treibenden Kraft <strong>der</strong> Geschichte machen<br />

wollten. 9<br />

Viertens: Die Engelssche moralische Bewertung von Krieg und Frieden wurde<br />

vor allem in Unterscheidung zu Lenin zu wenig text- und zeitgeschichtlich<br />

kritisch bewertet. Engels’ Abneigung gegen Moralismen und seine Zwiespältigkeit<br />

in dieser Frage wurde bis zum Erscheinen des Historisch-materialistischen<br />

Abrisses Frieden – Krieg – <strong>Streitkräfte</strong> 10 nicht exakt wie<strong>der</strong>gegeben. Wie<br />

Engels anlässlich des Eroberungskrieges <strong>der</strong> USA gegen Mexiko schrieb, sollte<br />

man das sterile Moralisieren beiseite lassen, wenn ein Krieg „im Interesse<br />

<strong>der</strong> Zivilisation“ geführt wird und „das herrliche Kalifornien den faulen Mexikanern<br />

entrissen ist, die nichts damit zu machen wussten ..., moralische<br />

Grundsätze mögen hie und da verletzt sein; aber was gilt das gegen solche<br />

weltgeschichtliche Tatsachen“. 11 Es hat nicht zuletzt mittels Engelsscher Autoritätsbeweise<br />

unter Marxisten unverantwortlich lange gewährt, bis die moralische<br />

Wertung des Krieges zwischen mo<strong>der</strong>nen Industriestaaten nicht mehr<br />

unter das Schema gerecht und fortschrittlich bzw. ungerecht, gegen den gesellschaftlichen<br />

Fortschritt gerichtet, subsumiert wurde.<br />

Fünftens: Eine vor allem auf Engels bezogene Auffassung ging davon aus,<br />

dass eine bürgerliche Armee unter sozialem Aspekt immer und überall von ihrem<br />

Wesen her dazu verurteilt wäre, konservativ zu sein und reaktionäre Rollen<br />

zu spielen. Aber eher überschätzte Engels, wie die Geschichte bewies, am<br />

8<br />

Engels an den Redakteur <strong>der</strong> „Daily News“. H.-S. Lincoln vom 30. März 1854, in:<br />

Marx/Engels, Werke, Bd. 27, Berlin 1963, S. 602.<br />

9<br />

Siehe K. Marx, F. Engels, Die Deutsche Ideologie, in: Marx/Engels, Werke, Bd. 3,<br />

Berlin 1958, S. 23.<br />

10<br />

Siehe Frieden Krieg <strong>Streitkräfte</strong>. Historisch materialistischer Abriss, Berlin 1989.<br />

11 F. Engels, Der demokratische Panslawismus, Neue Rheinische Zeitung vom 15. Februar 1849,<br />

in: Marx/Engels, Werke, Bd. 6, Berlin 1959, S. 273 f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!