S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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in <strong>der</strong> Truppe traten in den Hintergrund. Das politische Bewusstsein sollte<br />
die Mängel ausgleichen.<br />
Das hatte logischerweise noch eine an<strong>der</strong>e Konsequenz. Gab es bei den Armeeangehörigen<br />
Unzufriedenheit und Kritik an den Verhältnissen, dann waren<br />
nicht die Verhältnisse schuld, son<strong>der</strong>n ungenügende o<strong>der</strong> mangelhafte<br />
ideologische Arbeit. Hinzu kam <strong>der</strong> Zwang, mittels <strong>der</strong> ideologischen Beeinflussung<br />
die real existierende Kluft zwischen offiziellen Verkündigungen und<br />
erlebter Wirklichkeit vertuschen zu müssen und die Illusion einer heilen Welt<br />
zu indoktrinieren. Hinzu kam, dass wir Lehroffiziere, und nicht nur wir, insofern<br />
in einer misslichen Lage waren, als wir das ganze Ausmaß des wirtschaftlichen<br />
Nie<strong>der</strong>gangs <strong>der</strong> DDR gar nicht einschätzen konnten. So blieb es dabei,<br />
bestehende Missstände auf subjektive und örtliche Fehler zu schieben.<br />
Die grundlegenden Mängel des Systems wurden im Grunde nicht erfasst.<br />
Ein weiterer Kerngedanke <strong>der</strong> neuen Konzeption des Lehrstuhls war die konsequente<br />
Trennung von Partei und Staat. Seit Gründung <strong>der</strong> NVA bestimmten<br />
die Beschlüsse <strong>der</strong> SED und die Parteipolitik den Inhalt <strong>der</strong> politischen<br />
Arbeit und das Handeln <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>. Nun nicht mehr. Im Dokument<br />
heißt es: „<strong>Streitkräfte</strong> erfüllen ihre Funktion zur Realisierung gesamtgesellschaftlicher<br />
Interessen. In das fließt das Interesse aller Klassen und Schichten<br />
ein ...“. Dementsprechend gehörten zu den vorgeschlagenen, grundlegenden<br />
Verän<strong>der</strong>ungen die nachfolgend genannten Inhalte <strong>der</strong> staatsbürgerlichen Bildung:<br />
� <strong>der</strong> Sinn des Soldatseins;<br />
� <strong>der</strong> Verfassungsauftrag <strong>der</strong> NVA;<br />
� das politisches System in <strong>der</strong> DDR;<br />
� das politische System an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> und<br />
� die rechtlichen Grundlagen des Wehrdienstes.<br />
Allerdings ist auch hier hinzuzufügen, dass die Trennung von Partei und Staat<br />
theoretisch schon immer mehr o<strong>der</strong> weniger, o<strong>der</strong> pro forma, Bestandteil <strong>der</strong><br />
Lehre war, unabhängig davon, dass seit 1968 die führende Rolle <strong>der</strong> SED<br />
zum Verfassungsgrundsatz erhoben worden war. Im Grunde konnte man<br />
sich hier sogar auf das Statut <strong>der</strong> SED stützen, bzw. das Statut ließ formal gar<br />
keine an<strong>der</strong>e Wahl zu. Nunmehr sollte <strong>der</strong> neue Standpunkt weit reichende<br />
Folgen haben. Danach waren nicht mehr das Programm und die Beschlüsse<br />
<strong>der</strong> SED zum Hauptgegenstand <strong>der</strong> politischen Ausbildung zu machen, son<strong>der</strong>n<br />
die Verfassung und die Gesetze <strong>der</strong> DDR. Unsere damalige Konsequenz<br />
lautete dann (im Original fett gedruckt): „Es ist daher zwischen staatlicher politischer<br />
Arbeit und politischer Arbeit gesellschaftlicher Organisationen zu unterscheiden.<br />
Diese qualitative Unterscheidung macht die strikte institutionelle