S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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senschaftsgebäude. Doch die Beziehung von Militär und Militärwissenschaft<br />
ist nicht frei von einem Spannungsverhältnis. Das verlangt eine genauere Betrachtung.<br />
Das Verhältnis von Militär und Militärwissenschaft<br />
Welche historischen Marken kennzeichnen dieses Spannungsverhältnis? Ausgangspunkt<br />
soll die Gründung <strong>der</strong> preußischen Militärwissenschaftlichen<br />
Akademie 1804, ab 1810 eigentlich Kriegsakademie, sein. In Traditionsfragen<br />
beriefen sich Ost und West gleichermaßen auf die preußischen Reformer. So<br />
hieß es zum Beispiel 1967 in einem Festvortrag zum 10-jährigen Bestehen <strong>der</strong><br />
Führungsakademie <strong>der</strong> Bundeswehr: „Scharnhorst, <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>sächsische Bauernsohn,<br />
hatte zwei Leitgedanken aufgestellt: ‚Innige Vereinigung von Nation<br />
und Armee und Hereintragen <strong>der</strong> echten Idee von Wissenschaft in das<br />
Handwerk des Krieges’, d.h. das Handwerk beherrschen und mit <strong>der</strong> Wissenschaft<br />
verbinden.“ 8<br />
Überraschend an<strong>der</strong>s liest sich eine Festschrift <strong>der</strong> Universität Münster 1977,<br />
seinerzeit mit einem Lehrstuhl für Militärgeschichte und Wehrwissenschaft<br />
ausgestattet: „Hier im ‚bürgerlichen Lager’ also, fehlt aber überhaupt jegliche<br />
Möglichkeit, die Militärgeschichte in die Militärwissenschaft einzubauen, denn<br />
dieser letztere Begriff existiert für den Westen im Grunde gar nicht.“ 9 Der erklärte<br />
Verzicht auf ein gemeinsames Gebäude für Militärwissenschaften im<br />
Westen steht in Kontinuität zur früh vorhandenen ablehnenden Haltung im<br />
deutschen Militär. Von Moltke dem Älteren (1800 – 1891) schreibt ein Zeitgenosse<br />
den Spruch zu: „Ich kenne wohl Eine Kriegskunst, aber nur eine<br />
Mehrzahl von Kriegswissenschaften.“ 10 In Anlehnung an Clausewitz 11 möchte<br />
man fragen: Verfügt die Militärwissenschaft, wenn auch ihre Logik an<strong>der</strong>en<br />
(Sozial-)Wissenschaften gleicht, nicht doch über eine eigene Grammatik?<br />
Tatsache bleibt, an <strong>der</strong> Militärakademie <strong>der</strong> Nationalen Volksarmee <strong>der</strong> DDR<br />
wurde die sowjetische Militärwissenschaft übernommen, übersetzt, mehr o<strong>der</strong><br />
weniger adaptiert, umfänglich publiziert und gelehrt. Sie wirkte mit dem Erfahrungspotenzial<br />
<strong>der</strong> militärischen Siegermacht. Erkenntnisse <strong>der</strong> sowjeti-<br />
8 H. Speidel, Generalstab und Bildung, in: Reihe Studien zur Militärgeschichte,<br />
Militärwissenschaft und Konfliktforschung, Bd. 15; D. Bradley, U. Marwedel (Hrsg.), Eine<br />
Festschrift für Werner Hahlweg, Osnabrück 1977, S. 383.<br />
9 J. Ch. v. Allmayer-Beck, Ist Militärgeschichte heute noch zeitgemäß?, in: Reihe Studien zur<br />
Militärgeschichte, Militärwissenschaft und Konfliktforschung, Bd. 15, a.a.O., S. 12.<br />
10 Zit. in: <strong>der</strong>selbe, a.a.O., S. 12 f.<br />
11 Siehe C. v. Clausewitz, Vom Kriege, Bonn 1972, S. 991.<br />
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