S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
129<br />
ren Wirtschaftskennziffern beurteilt, bewegten sich etwa in denselben Größenordnungen<br />
– mit dem Unterschied, dass sie in den letzten Jahren vor <strong>der</strong><br />
staatlichen Vereinigung stagnierende bzw. fallende Tendenz zeigten.<br />
Die mit <strong>der</strong> Rüstung verbundenen volkswirtschaftlichen Belastungen waren in<br />
<strong>der</strong> DDR bedeutend größer als in <strong>der</strong> Bundesrepublik. Vor <strong>der</strong> Wende wurden<br />
in <strong>der</strong> unmittelbaren speziellen Produktion <strong>der</strong> DDR 41.000 bis 44.000<br />
Arbeitskräfte beschäftigt. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Kernbereich<br />
und in den Bereichen mit ausgeprägter spezieller Produktion 70 bis 80<br />
Betriebe existierten. Für die industrielle Instandsetzung <strong>der</strong> Militärtechnik arbeiteten<br />
25 Unternehmen. 2.300 Betriebe waren an <strong>der</strong> Zuliefer- und Vorproduktion<br />
beteiligt.<br />
Wenn man den gesamten materiell-technischen Bedarf <strong>der</strong> bewaffneten Organe<br />
betrachtet, also auch Lieferungen und Leistungen über die spezielle Produktion<br />
hinaus ins Auge fasst, zum Beispiel Bauleistungen mit einbezieht, ist<br />
die Annahme berechtigt, dass etwa zwei Drittel dieses Bedarfes im Potenzial<br />
<strong>der</strong> Volkswirtschaft <strong>der</strong> DDR gedeckt worden sind.<br />
Die zunehmenden militärtechnischen Anfor<strong>der</strong>ungen bei gleichzeitig höheren<br />
Erwartungen <strong>der</strong> Koalitionspartner an die militärökonomische Leistungsbereitschaft<br />
<strong>der</strong> DDR-Wirtschaft verursachten, vor allem in den letzten Jahren,<br />
größte Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> ökonomischen Sicherstellung <strong>der</strong> Landesverteidigung.<br />
An dieser Stelle möchte ich aber ausdrücklich vor einem unkritischen, inflationären<br />
Gebrauch des Begriffes Todrüsten warnen, wenn man über das Werden<br />
und Vergehen <strong>der</strong> DDR befindet. Schon an <strong>der</strong> Militärakademie haben wir<br />
uns damit auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Den Untergang des von uns mit gestalteten<br />
Staates im Osten Deutschlands – o<strong>der</strong> weiter gefasst, des real existierenden<br />
Sozialismus sowjetischer Bauart – ausschließlich o<strong>der</strong> vorwiegend als Folge<br />
des Rüstens zu sehen, hieße in <strong>der</strong> Endkonsequenz einen Umkehrschluss von<br />
fataler Fehlaussage zuzulassen, <strong>der</strong> uns in <strong>der</strong> Vergangenheitsbewältigung<br />
nicht vorwärts brächte, nämlich: Wenn sich die Staaten des Warschauer Vertrages<br />
nicht so vehement am Wettrüsten beteiligt hätten – von wem es ausging,<br />
sei an dieser Stelle dahingestellt – wäre das System nicht zusammengebrochen.<br />
Das nach 1945 errichtete sozialistische Staatensystem, in dem die<br />
DDR ihren festen Platz hatte, ist aber an seiner ökonomischen Ineffektivität,<br />
an seinem Mangel an Demokratie und an seiner Überbetonung <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong><br />
Gewalt, und darin eingeschlossen des militärischen Faktors, zugrunde gegangen.<br />
Rüstungen, die auch im Westen zu heute noch spürbaren – und oft vermeidbaren<br />
– Deformierungen führten und führen, waren eine <strong>der</strong> Ursachen<br />
des Untergangs des realen Sozialismus, nicht die Ursache.