S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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Sowjetunion und den an<strong>der</strong>en sozialistischen Staaten auf das Niveau heutiger<br />
und künftiger Anfor<strong>der</strong>ungen zu bringen.“<br />
Abgesehen von dem euphorischen Text und <strong>der</strong> damals gewohnten Wortwahl,<br />
zeigt sich hier im Nachhinein neben Erwartungen aber auch eine allgemein<br />
vorhandene Portion Naivität über die Perspektiven <strong>der</strong> eingeleiteten<br />
Verän<strong>der</strong>ungen. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass im Oktober<br />
und November 1989 das Ziel <strong>der</strong> Volksbewegung noch nicht darin bestand,<br />
den Sozialismus abzuschaffen, son<strong>der</strong>n ihn zu verbessern und lebenswert zu<br />
machen. Alle existierenden und neu gegründeten gesellschaftlichen Organisationen<br />
und Bewegungen bekannten sich in ihren damaligen Beschlüssen und<br />
Programmen zur DDR und zur sozialistischen Idee. Dazu gehörten die CDU<br />
genauso wie das Neue Forum o<strong>der</strong> die SDP, die spätere SPD. Erst zu Beginn<br />
des Jahres 1990 setzte die bekannte Wende hin zur Vereinigung <strong>der</strong> beiden<br />
deutschen Staaten ein.<br />
Um die gesamte Problematik deutlicher zu machen möchte ich darauf eingehen,<br />
wie politische Arbeit vorher und im Oktober und November 1989 verstanden<br />
wurde. Nach einem Lehrmaterial des Lehrstuhls aus dem Jahr 1987<br />
war politische Arbeit in <strong>der</strong> NVA und den Grenztruppen <strong>der</strong> DDR „... zielgerichtete<br />
parteiliche Einflussnahme <strong>der</strong> Kommandeure, Politorgane, Parteiorganisationen<br />
und an<strong>der</strong>er gesellschaftlicher Organisationen auf alle Seiten des<br />
militärischen Lebens, auf das klassenmäßige Denken, Fühlen und schöpferische<br />
Handeln <strong>der</strong> Armeeangehörigen, Grenzsoldaten und Zivilbeschäftigten<br />
zur vorbildlichen Erfüllung des Klassenauftrags als Bestandteil <strong>der</strong> Gesamtpolitik<br />
<strong>der</strong> SED. In diesem Sinne ist politische Arbeit ihrem Wesen nach Parteiarbeit<br />
zur Realisierung <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Partei im militärischen Bereich ...“. 7<br />
In <strong>der</strong> Einleitung des Dokuments vom Herbst 1989 wird dazu ein äußerst kritisches<br />
Urteil gefällt: „Die Ursachen für die krisenhaften Entwicklungen <strong>der</strong><br />
letzten Jahre mögen äußerst vielschichtig und komplex sein, eines liegt jedoch<br />
auf <strong>der</strong> Hand, sie wurden maßgeblich beför<strong>der</strong>t von einem falschen Verständnis<br />
und einer falschen Praxis politischer Arbeit. Politische Arbeit, die<br />
von <strong>der</strong> Interessenübereinstimmung (manchmal Interessenidentität) und nicht<br />
von <strong>der</strong> Interessenvielfalt ausgeht und die <strong>der</strong> vorgesetzten Ebene das väterliche<br />
Wissen um diese Interessen und das Monopol richtiger Entscheidungen<br />
zuordnet, geht am realen Leben vorbei. Der Ausgangspunkt, getroffene Entscheidungen<br />
‚nur noch’ zu erläutern und nicht ihr demokratisches Zustandekommen<br />
zu realisieren, verstärkt die Tendenz zum übermäßigen Zentralismus<br />
7 Stichwörter zur Unterstützung …, a.a.O., S. 27.