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S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

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sen waren unter den besten Abiturienten ihres Landes sorgfältig ausgewählt<br />

und zielstrebig auf ein Studium in <strong>der</strong> DDR vorbereitet worden. Sie alle sprachen,<br />

noch bevor sie unser Land betraten, mehr o<strong>der</strong> weniger gut Deutsch.<br />

Und sie waren 10 bis 15 Jahre jünger als die für die Akademie Vorgesehenen.<br />

Unsere potenziellen Studienanfänger hatten nach Abschluss <strong>der</strong> Schule einen<br />

Offizierskurs absolviert und anschließend zwischen sieben und dreizehn Jahren<br />

im Dschungel gekämpft. Sie erlitten Verwundungen, manche waren verschüttet<br />

worden.<br />

Außerdem war zu bedenken: Die Offiziere erhielten nach dem Sieg erstmalig<br />

zwei Wochen Heimaturlaub und daran anschließend Russischunterricht. Sie<br />

waren auf ein Studium in <strong>der</strong> UdSSR vorbereitet worden. Der Zug brachte sie<br />

aber nicht nach Moskau, son<strong>der</strong>n nach Naumburg an <strong>der</strong> Saale. Ohne ein<br />

Wort Deutsch zu verstehen, kamen sie dort an. All das bedenkend, sollten wir<br />

auf jeden einfachen Vergleich zwischen den zivilen und unseren uniformierten<br />

Studenten verzichten. Und nicht einen <strong>der</strong> Genossen sollten wir wegen<br />

<strong>der</strong> von ihnen nicht zu verantwortenden Mängel in <strong>der</strong> Vorbereitung einfach<br />

abschreiben. Wir sollten nach optimalen Lösungen suchen. Wie<strong>der</strong> wurden<br />

Fragen gestellt. Werden die Genossen bei <strong>der</strong> vorgeschlagenen Art des Lehrens<br />

trotz schlechter Voraussetzungen das Studienziel erreichen? Eine Garantie<br />

dafür gab es nicht. Wir konnten nur auf den sprichwörtlichen Fleiß <strong>der</strong><br />

Vietnamesen und auf ihre im Kampf erprobte Disziplin und Beharrlichkeit<br />

vertrauen. Wir selbst aber mussten uns in himmlischer Geduld üben. Keinesfalls<br />

durften Zweifel laut werden, wenn Erfolge zunächst ausblieben. Wir<br />

mussten die Genossen ständig ermuntern, motivieren und ihnen immer wie<strong>der</strong><br />

sagen: Ihr habt den meisten eurer zivilen Studenten und den an<strong>der</strong>en Hörern<br />

an <strong>der</strong> Militärakademie eines voraus: Ihr habt euch in <strong>der</strong> blutigen Praxis<br />

des Krieges bewährt. Ihr habt gekämpft, habt technisch weit überlegene<br />

Feinde besiegt. Diese Erfahrung haben wir alle nicht. Was euch fehlt, ist Theorie.<br />

Die müsst ihr studieren. Darum lernt, lernt und lernt! Nutzt jede Hilfe<br />

eurer Lehrer. Wenn ihr das macht, seid ihr am Ende die Besten.<br />

Der Chef <strong>der</strong> Militärakademie Generalleutnant Prof. Hans Wiesner, dessen<br />

1. Stellvertreter Generalmajor Otto und unser Politchef Generalmajor Rudi<br />

Raubach stimmten zu und setzten diese Linie von oben nach unten durch. Bis<br />

zum Beginn des Studienjahres blieben zwei Monate. Das war eine kurze Zeit,<br />

reichte aber für die grundsätzliche Orientierung. Die solidarische Haltung unserer<br />

Offiziere, Unteroffiziere und <strong>der</strong> vielen Zivilbeschäftigten gegenüber<br />

dem vietnamesischen Volk tat das Übrige. Sie war die Basis, auf <strong>der</strong> sich in<br />

den kommenden Monaten eine vielgestaltige, alltägliche Hilfsbereitschaft<br />

entwickelte. In kurzer Frist wurden materielle und organisatorische Voraussetzungen<br />

für einen Unterricht in kleinen geson<strong>der</strong>ten Gruppen geschaffen.

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