S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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Hinzu kam, dass Mitte <strong>der</strong> achtziger Jahre nun eine völlig neue Situation eintrat.<br />
Die Diskrepanz zwischen Rüstungsaufwendungen zur Mo<strong>der</strong>nisierung<br />
des aufgeblähten Militärapparates und verfügbaren Ressourcen für den notwendigen<br />
Ausbau <strong>der</strong> materiell-technischen Basis des Landes und <strong>der</strong> Sozialpolitik<br />
nahm systembedrohende Formen an. Das lag nicht so sehr daran, dass<br />
die Rüstungslasten ins Unermessliche gestiegen wären. Das Zurückbleiben<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft in den sozialistischen Län<strong>der</strong>n, ihre völlig ungenügende Innovationsfähigkeit<br />
und stagnierende Produktivität waren ausschlaggebend.<br />
Der Gorbatschow-Kurs für ein gemeinsames Haus Europa mit weniger Rüstung<br />
war auch eine Konsequenz dieser Entwicklung. Die neue Situation im<br />
beginnenden Zeitalter <strong>der</strong> Globalisierung schlug sich auch auf die Beziehungen<br />
zwischen den Län<strong>der</strong>n des RGW nie<strong>der</strong>. Das hatte dann selbstverständlich<br />
auch Auswirkungen auf die Rüstung in <strong>der</strong> DDR und die spezielle Produktion.<br />
Neue militärökonomische Antworten mussten gefunden werden.<br />
Wir Militärökonomen, nicht nur an <strong>der</strong> Militärakademie, unterwarfen uns einem<br />
Lernprozess und machten eine Metamorphose durch – und zwar erfolgreich.<br />
Ich verallgemeinere gleich: Von einer Ökonomie <strong>der</strong> ökonomischen<br />
Kriegsbereitschaft, über eine Ökonomie <strong>der</strong> unbedingten Kriegsverhin<strong>der</strong>ung<br />
(nach <strong>der</strong> Erkenntnis, dass mo<strong>der</strong>ne Industriegesellschaften auch vom rein<br />
ökonomischen Standpunkt aus gesehen kriegsführungsunfähig sind), zu einer<br />
Ökonomie des entmilitarisierten Friedens (als alternativlose Aufgabe in <strong>der</strong><br />
dritten Etappe <strong>der</strong> militärtechnischen Revolution, <strong>der</strong> weltweiten Globalisierung<br />
und <strong>der</strong> umfassenden ökologischen Bedrohung).<br />
Im pränuklearen Zeitalter gab es maximale Anstrengungen, um alle verfügbaren<br />
ökonomischen Ressourcen und Potenzen für eine erfolgreiche Kriegführung<br />
einsetzen zu können. Dieser These huldigten auch wir nach Beendigung<br />
dieses Zeitalters noch zu lange. Im nuklearkosmischen Zeitalter geht es – so<br />
folgerten wir dann später – um die überlebenswichtigen Bemühungen, nur<br />
noch jene ökonomischen Kräfte militärisch zur Wirkung zu bringen, die für<br />
paktübergreifende und kooperative Sicherheitsstrukturen notwendig sind, die<br />
also mithelfen, den Krieg als Mittel <strong>der</strong> Politik auszuschließen und den Frieden<br />
als wichtigstes Menschheitsgut zu sichern.<br />
Das Neue in <strong>der</strong> Dialektik von Frieden, Krieg und <strong>Streitkräfte</strong>n führte also<br />
auch offensichtlich zu einer neuen Qualität im Wechselverhältnis von Ökonomie<br />
und Militärwesen. Militärökonomische Wissenschaft befand sich in einem<br />
Wandlungsprozess von einer Ökonomie des Krieges zu einer Ökonomie<br />
des Friedens. Ich wünschte, dass sich manche militärische Lehr- und Forschungseinrichtung<br />
<strong>der</strong> westlichen Welt einem solchen, von uns schon damals<br />
vertretenen Standpunkt bis heute wenigstens angenähert hätte bzw. bei man-