S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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und Gehörtes mit unseren Erfahrungen zu vergleichen. Wir waren also einerseits<br />
sehr diszipliniert und an<strong>der</strong>erseits doch nicht immer leicht zu nehmen.<br />
Doch nun waren wir Offiziershörer. Es wurde zwar betont, dass wir studieren<br />
würden – aber Studenten waren wir nicht. Und hier stellt sich die Frage, wovon<br />
wurde Hörer eigentlich abgeleitet? Es könnte sein, dass damit gemeint<br />
war, dass man den Lektionen und Unterrichten zuhören sollte. Doch das allein<br />
ergibt kein Studium. Also bleibt die zweite Möglichkeit <strong>der</strong> Begriffsdeutung:<br />
Wir hatten zu hören, also zu gehorchen. Aber auch das wäre für ein Studium<br />
etwas wenig gewesen. Bleibt darum die Feststellung, dass man wohl mal<br />
wie<strong>der</strong> einen Begriff aus dem Russischen unkritisch genommen hatte, womit<br />
sich belegen lässt, dass von <strong>der</strong> Sowjetunion lernen auch gelernt sein wollte.<br />
Die frischgebackenen Offiziershörer, die erwartungsvoll, aber auch mit innerer<br />
Unruhe im Großen Hörsaal – dieser Begriff ist übrigens exakt! – saßen,<br />
um für drei Jahre ihren Platz zugewiesen zu bekommen, hatten zwar eine<br />
Menge Erfahrungen mit Schulen und Lehrgängen, doch sie wussten zu dieser<br />
Zeit noch nicht, was sie erwartete. Alle hatten viele Jahre in den bewaffneten<br />
Organen hinter sich. Keiner wusste vom an<strong>der</strong>en, wie steinig bis dahin <strong>der</strong><br />
Lebensweg für den Einzelnen gewesen war. Nur von sich selber war das festzustellen,<br />
aber auch erst mit <strong>der</strong> Zeit, als man in <strong>der</strong> Schule des Lebens gelernt<br />
hatte, dass es zwischen Gut und Schlecht eine Unzahl Nuancen gibt,<br />
nicht nur das in allen Armeen beliebte Entwe<strong>der</strong> – O<strong>der</strong>.<br />
Relativ schnell hatten wir uns an den (Hoch-)Schulbetrieb gewöhnt und<br />
konnten darum auch schon bald einschätzen, und dazu stehen wir auch noch<br />
heute, dass wir hier das beigebracht bekamen, was wir als Offiziere in den<br />
Stäben und Verbänden, unseren späteren Einsatzgebieten, brauchen würden.<br />
Das beflügelte uns natürlich. Zumindest in unserer Lehrgruppe gab es kaum<br />
einen, <strong>der</strong> das Studium allein als Steigbügel für seinen Aufstieg ansah. Natürlich<br />
war es auch das, aber wir studierten, lernten und legten uns ins Zeug, weil<br />
wir uns bilden und unseren Horizont erweitern wollten, weil wir unsere politischen<br />
und militärischen Aufgaben in <strong>der</strong> Zukunft besser meistern wollten.<br />
Unsere Lehrer waren gebildete Offiziere und Zivilbeschäftigte, die ihren Stoff<br />
beherrschten und auch in <strong>der</strong> Lage waren, ihn zu vermitteln, darunter regelrechte<br />
Koryphäen auf ihrem Fachgebiet und in <strong>der</strong> lehrmethodischen Meisterschaft.<br />
Oftmals merkten wir, dass hier wesentlich weiter gedacht wurde, als<br />
wir es aus <strong>der</strong> Truppenpraxis kannten. Und es wurden Wahrheiten ausgesprochen,<br />
die wir bislang nicht auszusprechen gewagt hatten. Lei<strong>der</strong> traf das nicht<br />
immer zu. Es war darum für uns angenehm, dass die meisten Offiziere des<br />
Lehrkörpers uns ernst nahmen, uns wie Partner behandelten und auch Erfahrungen<br />
von uns aufnahmen.