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S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

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verbrachten viele Stunden gemeinsam mit ihren Kin<strong>der</strong>n. Wir nutzten auch<br />

die kulturellen Möglichkeiten <strong>der</strong> heimlichen Kulturhauptstadt <strong>der</strong> DDR.<br />

Theater- und Museumsbesuche, gemeinsam und auch individuell, waren ein<br />

fester Bestandteil unseres Lebens. Diese Seite <strong>der</strong> Motivation wurde durch die<br />

Akademieführung und die an<strong>der</strong>en Vorgesetzten lei<strong>der</strong> zu wenig genutzt.<br />

Typisch war jedoch, und das war wohl akademieüblich, dass wir eine Art<br />

Selbstverwaltung praktizierten. Die Funktionsverteilung erfolgte recht demokratisch<br />

in Absprache untereinan<strong>der</strong>, wobei die Parteileitung zumeist den Anschub<br />

gab. Und je<strong>der</strong> bekam seine Aufgaben, offizielle und inoffizielle, und<br />

war bemüht, sie bestens auszuüben. Dabei hatten die Verbindungsleute zu<br />

den einzelnen Lehrstühlen stets großes Verhandlungsgeschick und Eigenverantwortung<br />

zu tragen. Es sei nochmals hervorgehoben, dass sich die meisten<br />

<strong>der</strong> Lehroffiziere unserer Gruppe gegenüber recht kameradschaftlich verhielten.<br />

Und doch gab es immer wie<strong>der</strong> Störendes. Ein beson<strong>der</strong>es Ereignis an <strong>der</strong><br />

Akademie waren die Gefechtsbereitschaft und ihre Folgen. Hier machte sich<br />

bemerkbar, dass sie offensichtlich wie ein Truppenkörper geführt worden ist.<br />

Über die witzigen Alarme, die so unendlich ernst genommen wurden, kann<br />

man heute nur noch höflich lächeln. Ich kam damals aus einem Panzerregiment,<br />

das in einer Lehrvorführung dem Oberkommandierenden <strong>der</strong> Warschauer<br />

Vertragsstreitkräfte zeigen durfte, o<strong>der</strong> musste, dass ein Panzerregiment<br />

bei einem Alarm innerhalb von 38 Minuten die Kaserne mit <strong>der</strong> gesamten<br />

Technik verlassen konnte. Und dann erlebte ich Alarme an <strong>der</strong> Militärakademie.<br />

Über die <strong>der</strong> Gefechtsbereitschaft geschuldete Urlaubsregelung kann man<br />

auch im Nachhinein nicht lachen. Wegen <strong>der</strong> Gefechtsbereitschaft durften<br />

am Wochenende nur 50 Prozent von uns in Urlaub fahren. Da wir anfangs<br />

nur sieben Dresdener hatten, fehlten uns immer einige Urlaubsscheine. Also<br />

musste immer mal jemand im Standort Dresden verbleiben und sich langweilen.<br />

Das wurde in dem Moment besser, als auch Großenhain und Bautzen<br />

zum erweiterten Standort erklärt wurden, nicht generell, son<strong>der</strong>n ganz individuell.<br />

Damit ergab sich die eigenartige Situation, dass 10 Mann im Standort<br />

wohnten und 11 nicht. Da aber 50 Prozent von 21 we<strong>der</strong> 10 noch 11 waren,<br />

son<strong>der</strong>n die ominöse Zahl 10,5 ergaben, hätte man ja generös erklären können,<br />

dass die restlichen 11 einen Urlaubsschein bekommen können. Aber so<br />

ging das bei den gefechtsbereitschaftsbesessenen roten Akademiepreußen natürlich<br />

nicht. Es wurde festgelegt, dass im Wechsel mal 10 und mal 11 Mann<br />

in Urlaub fahren durften. Und das wurde exakt durchgezogen und eine eventuelle<br />

Verschiebung wurde strikt zurückgewiesen. Ja, so konsequent waren wir

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