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S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS

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Grundidee ist dieselbe. Halten wir an dieser Stelle fest: Man betrachtete sich<br />

wechselseitig als potentiellen Aggressor, <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Seite wurde als<br />

Handlungsoption in <strong>der</strong> Systemauseinan<strong>der</strong>setzung <strong>der</strong> möglichst überraschende,<br />

offensive Einsatz <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> unterstellt.<br />

Wenden wir uns nun einigen speziellen Seiten <strong>der</strong> Wahrnehmung des militärischen<br />

Gegners zu, und beziehen wir die Fragestellung – Realistische Vorstellungen<br />

über den Gegner o<strong>der</strong> Feindbild? – in die Betrachtungen ein. Um es<br />

vorweg zu nehmen, ich bin <strong>der</strong> Meinung und behaupte: Wir haben an <strong>der</strong> Militärakademie<br />

realistische Vorstellungen über die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> NATO-<br />

Staaten, den potentiellen militärischen Gegner vermittelt. Die Begriffe Feind<br />

und Feindbild spielten in <strong>der</strong> militärischen Ausbildung faktisch keine Rolle.<br />

Natürlich kann man die eindeutige Ausrichtung dieser Ausbildung auf die<br />

NATO-<strong>Streitkräfte</strong> und die Beurteilung <strong>der</strong> NATO als potenziellen Aggressor<br />

als Feindbild definieren.<br />

Dass die Frage so aufgeworfen wird, hängt wohl damit zusammen, dass zum<br />

Beispiel dieser Begriff – teils als Klassenkampfbegriff und im Handbuch für politische<br />

Arbeit von 1978 auch im Zusammenhang mit Hasserziehung gebraucht<br />

– einerseits belastet und an<strong>der</strong>erseits nicht selten als spezielles Teufelszeug<br />

<strong>der</strong> NVA dargestellt wird. Hierzu eine kleine Episode: Im März 1989 saßen<br />

sich am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an <strong>der</strong> Universität<br />

Hamburg, auch als Bahr-Instititut bekannt, Generale und Offiziere <strong>der</strong><br />

Bundeswehr und <strong>der</strong> NVA gegenüber – später saßen wir zusammen. Dort<br />

sagte Egon Bahr als Mo<strong>der</strong>ator <strong>der</strong> Tagung: „Der Generalinspekteur hat ein<br />

fabelhaftes Ding da gerade von sich gegeben, indem er gesagt hat: Um Gottes<br />

Willen, wenn das so weitergeht, dann gehen uns die Feindbil<strong>der</strong> kaputt, passt<br />

auf, dass das nicht geschieht“ – und weiter nach Egon Bahr – „während sein<br />

Minister gleichzeitig gesagt hat, im Wesentlichen müssen die Feindbil<strong>der</strong> im<br />

Osten abgebaut werden.“ Bahr kommt zu dem Schluss: „Das ist ein gewisser<br />

Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> jedenfalls sagt, dass es auch auf unserer Seite Feindbil<strong>der</strong><br />

gibt.“<br />

Der rigorose Einsatz militärischer Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele,<br />

in <strong>der</strong> Regel unter Bruch des Völkerrechts, durch die Führungsmacht <strong>der</strong><br />

NATO war uns eindeutiger Beweis für den potentiell aggressiven Charakter<br />

<strong>der</strong> NATO und eine real bestehende Gefahr. Der Irak-Krieg und <strong>der</strong> Krieg<br />

gegen Jugoslawien weisen im Nachhinein in die gleiche Richtung. Die Aufstellung<br />

und ständige Verstärkung <strong>der</strong> westdeutschen <strong>Streitkräfte</strong> wurden im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> periodisch wie<strong>der</strong>holten For<strong>der</strong>ung nach Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

Deutschlands in den Grenzen von 1937 als permanente Bedrohung<br />

empfunden.<br />

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