S. Schönherr (Beitrag): Konversion der Streitkräfte - DSS
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Die generellen Einschätzungen waren bekannt. Von <strong>der</strong> Überlegenheit <strong>der</strong><br />
<strong>Streitkräfte</strong> des Warschauer Vertrages auf konventionellem Gebiet wurde<br />
auch ohne konkretes Wissen ausgegangen. Warum sahen wir trotzdem eine<br />
reale Bedrohung?<br />
� Durch überraschenden Ersteinsatz von Kernwaffen konnte das Kräfteverhältnis<br />
in allen Bereichen, bis hin zum strategischen Bereich, grundlegend<br />
verän<strong>der</strong>t werden. Und alle NATO-Konzeptionen sahen den Ersteinsatz<br />
von Kernwaffen durch ihre <strong>Streitkräfte</strong> vor.<br />
� Die Kriegsgeschichte hat genügend Beispiele dafür, dass Aggressoren auch<br />
mit zahlenmäßig unterlegenen Truppen unter bestimmten Voraussetzungen<br />
einen Angriffskrieg begannen. Die Grundsatzvorschrift <strong>der</strong> USA-<br />
Landstreitkräfte FM 100-5 von 1976 enthielt folgende Aussage: Den USA-<br />
Landstreitkräften werden in Europa auch in den 80er Jahren zahlenmäßig<br />
überlegene Truppen gegenüberstehen. Die USA-Landstreitkräfte verfügen<br />
jedoch über die qualitativ bessere Kampftechnik, die bessere Technik zur<br />
Sicherstellung und Führung <strong>der</strong> Kampfhandlungen und vor allem die beweglichere<br />
Truppenführung. In Übereinstimmung damit verkündete <strong>der</strong><br />
Befehlshaber <strong>der</strong> USA-Landstreitkräfte in Europa in <strong>der</strong> Zeitschrift The<br />
Stars and Stripes vom 23.04.1980, dass die Truppen seines Befehlsbereiches<br />
in Kampfhandlungen selbst gegen eine an Kräften überlegene<br />
Gruppierung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> Staaten des Warschauer Vertrages zu siegen<br />
im Stande seien. Weiter schreibt er: „Bessere Ausrüstung, Ausbildung,<br />
Führung und Kampfmoral haben kleineren <strong>Streitkräfte</strong>n bereits in <strong>der</strong><br />
Vergangenheit die Chance gegeben, Kriege gegen Massen von Feinden zu<br />
gewinnen. Kriege sind nicht notwendig von <strong>der</strong> größten Armee gewonnen<br />
worden. Sie sind gewonnen worden von <strong>der</strong> besten Armee.“ Die These<br />
von <strong>der</strong> qualitativen Überlegenheit <strong>der</strong> NATO-<strong>Streitkräfte</strong> wurde auch in<br />
den westdeutschen <strong>Streitkräfte</strong>n vertreten.<br />
Unabhängig davon, wie wir diese Konzeptionen und Einschätzungen beurteilten,<br />
sie waren für uns ein Hinweis, dass ein Angriff <strong>der</strong> NATO-<strong>Streitkräfte</strong><br />
auch unter dem gegebenen Kräfteverhältnis nicht auszuschließen sei, und<br />
hierauf waren Kommandeure und Stabsoffiziere <strong>der</strong> NVA vorrangig vorzubereiten.<br />
Ab 1987 hatte ich als Manöverbeobachter <strong>der</strong> DDR und als Teilnehmer am<br />
so genannten Gesprächskreis höherer deutscher Offiziere sowie <strong>der</strong> bereits<br />
genannten Veranstaltung am Bahr-Institut in Hamburg Gelegenheit, Offiziere<br />
<strong>der</strong> NATO-<strong>Streitkräfte</strong>, vor allem <strong>der</strong> Bundeswehr, kennenzulernen. Die Gespräche<br />
waren offen und sachlich, von gegenseitigem Hass war nichts zu spüren.<br />
Bei meinem ersten Einsatz zur Manöverbeobachtung 1987 kam ich häufig<br />
mit dem Stellvertreter des Kommandeurs <strong>der</strong> Hannoveraner Division ins