WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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gen die "lückenhafte" Funktion, die stückweise<br />
durch E a Fo bzw. E a Fu definiert ist.<br />
I.2 Was bedeutet Kontinuität in<br />
der Dynamischen Geometrie?<br />
Die Unklarheit, was für die Zweikreisfigur als<br />
"richtige" Auffassung von Stetigkeit gelten<br />
soll, motiviert sicher den Versuch, dies nicht<br />
durch "lokale Anschauung" sondern aus<br />
"globalen Prinzipien" abzuleiten. Zur Begründung<br />
des Zug-Verhaltens der Zug-Strategie<br />
von "Cinderella" wird von seinen Autoren das<br />
Ponceletsche Kontinuitätsprinzip (KP) angeführt:<br />
"Ist eine Figur aus einer anderen durch<br />
stetige Veränderung hervorgegangen <strong>und</strong><br />
'ebenso allgemein als diese', so kann eine<br />
an der ersten Figur bewiesene Eigenschaft<br />
ohne weiteres auf die andere übertragen<br />
werden." (Poncelet 1822, z.n. Kötter<br />
1901, 121)<br />
In dieser Form definiert das Prinzip jedoch<br />
nicht die Stetigkeit der Veränderung, sondern<br />
folgert aus ihr eine andere Eigenschaft: die<br />
Theoreminvarianz (TI):<br />
Bewiesene Sätze bleiben bei stetiger Veränderung<br />
richtig.<br />
KP liefert damit eine notwendige Bedingung<br />
für das Vorliegen stetiger Veränderung: nur<br />
wenn Theoreme "zug-invariant" sind, kann<br />
man das Verziehen einer Konstruktion stetig<br />
nennen. Was stetige Veränderung als solche<br />
bedeuten soll, wird dagegen wohl eher in<br />
Leibniz' Version des Kontinuitätsgesetzes<br />
(KL) deutlich:<br />
"Wenn sich (bei den gegebenen Größen)<br />
zwei Fälle stetig einander nähern, so daß<br />
schließlich der eine in den anderen übergeht,<br />
muss notwendig bei den abgeleiteten<br />
bzw. abhängigen (gesuchten) Größen<br />
dasselbe geschehen." (Leibniz 1687 &<br />
1996, 192f)<br />
Dies lässt sich mit Hilfe eines geeigneten<br />
Abstandsbegriffs (etwa des verallgemeinerten<br />
Euklidischen Abstands auf einem höherd<strong>im</strong>ensionalen<br />
Raum) schon als eine "moderne"<br />
Stetigkeitseigenschaft formulieren.<br />
Gehen nämlich in einer Konstruktion aus den<br />
unabhängigen Elementen u=(u1, ..., un) die<br />
abhängigen Elemente a=(a1, ..., ak) hervor,<br />
so bedeutet (KL) nichts anders als stetige<br />
Abhängigkeit (sA) <strong>im</strong> gewohnten Sinne:<br />
d(u, u’) → 0 ⇒ d(a, a’) → 0<br />
Lässt sich die betrachtete Konstruktion als<br />
funktionaler Zusammenhang a=f(u) auffassen,<br />
ist diese Bedingung offenbar gleichbe-<br />
Konstruktion <strong>und</strong> Kontinuität in der Dynamischen Geometrie<br />
deutend mit der üblichen Stetigkeit von f; <strong>—</strong><br />
allerdings ist genau diese funktionale Beschreibung<br />
der konstruktiven Abhängigkeit<br />
oftmals nicht möglich, weil die verwendeten<br />
Operationen mehrdeutig sind: Ein Winkel hat<br />
zwei Halbierende, zwei Kreise schneiden<br />
sich i.a. in zwei Punkten etc. Üblicher Weise<br />
wählt man stets nur eine Instanz a der abhängigen<br />
Elemente einer Konstruktion zu<br />
den unabhängigen Elementen u aus; <strong>—</strong> allerdings<br />
ist diese Auswahl in der Regel nicht<br />
stabil gegenüber stetiger Veränderung: Wird<br />
u längs eines geschlossenen Weges wieder<br />
auf den Ausgangspunkt bewegt, wird a nicht<br />
notwendig in sich überführt, sondern i.a. in<br />
eine andere Instanz a* derselben Konstruktion!<br />
Das paradigmatische<br />
Beispiel hierfür ist das<br />
folgende: Sei w die innere<br />
Halbierende von<br />
<strong>—</strong>AMB <strong>und</strong> S der<br />
Schnittpunkt von w mit<br />
dem Kreis k um M durch<br />
Abb. 7<br />
A. Für u=B→A "von unten"<br />
gilt nicht a=S→A (vgl. Abb. 7). Denn<br />
<strong>—</strong>AMB→360°, also <strong>—</strong>AMS→180°. In dieser<br />
Betrachtungsweise kann (KL) durch kein<br />
DGS erfüllt werden!<br />
Dennoch n<strong>im</strong>mt "Cinderella" für sich in Anspruch,<br />
stetiges Verhalten zu realisieren; <strong>—</strong><br />
<strong>und</strong> in der Regel n<strong>im</strong>mt der Benutzer dabei<br />
auch keine Sprünge wahr. Das aber bedeutet<br />
hier nur das Vorliegen einer stetigen Hochhebung<br />
(sH) von u auf a:<br />
Bewegt man u längs eines stetigen Weges<br />
t→u(t), t∈[0,1], so gibt es auch einen<br />
stetigen Weg t→a(t), der die Bewegung<br />
des abhängigen Elements a beschreibt.<br />
Wir schreiben dafür u�a.<br />
Insbesondere wird dabei nicht behauptet,<br />
dass aus u(1)=u(0) auch a(1)=a(0) folgt! Eine<br />
DGS mit (sH) braucht also nicht deterministisch<br />
zu sein. Erschwerend kommt Folgendes<br />
hinzu: Die Eigenschaft (sH) ist nicht nur<br />
wesentlich schwächer als (KL); <strong>—</strong> sie verändert<br />
auch auf subtile Art die Auffassung von<br />
Punkten; <strong>—</strong> es gibt jetzt nicht mehr den unabhängigen<br />
Punkt u der Ebene, anhand dessen<br />
sich Aussagen über die abhängigen Elemente<br />
a der Konstruktion machen lassen,<br />
wie man es aus der statischen Geometrie ja<br />
gewohnt ist; <strong>—</strong> vielmehr kommt es nun entscheidend<br />
auf die "Vergangenheit" von u an.<br />
An dieser Stelle divergieren also die intendierte<br />
Visualisierung durch die DGS <strong>und</strong> die<br />
ihr zugr<strong>und</strong>e liegende begriffliche Modellierung<br />
auf wesentliche Weise! Sichtbar ma-<br />
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