WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Thomas Gawlick<br />
chen lässt sich dies am leichtesten, indem<br />
man "Cinderella" in Abb. 7 <strong>—</strong>AMB anzeigen<br />
lässt; <strong>—</strong> be<strong>im</strong> Bewegen <strong>im</strong> bzw. gegen den<br />
Uhrzeigersinn erhält man dann beliebig kleine<br />
bzw. große Werte für <strong>—</strong>AMB. Dies zeigt,<br />
dass B "in Wirklichkeit" gar nicht in der Euklidischen<br />
Ebene E bewegt wird. Wo aber<br />
dann?<br />
Um die Information über die Auswahl von a<br />
gleichsam in u zu konzentrieren <strong>und</strong> so beide<br />
Seiten wieder etwas anzunähern, bietet es<br />
sich an, u mit "Zustandsinformation" darüber<br />
anzureichern, welche der möglichen Instanzen<br />
für a aktuell gewählt wurde. Das entspricht<br />
dem Übergang von Punkten u in der<br />
Euklidischen Ebene E zu Paaren (u,a)∈E×E .<br />
Diese Paare bilden eine Überlagerung von<br />
E: "über" jedem u (außer dem Verzweigungspunkt<br />
M) liegen zwei Paare (u,a). Vermöge<br />
der Projektion (u,a)→u wird diese<br />
Überlagerung von "Cinderella" in der Bildschirmebene<br />
dargestellt. Dabei gehen best<strong>im</strong>mte<br />
Information notwendig verloren, <strong>—</strong><br />
ähnlich wie bei der ebenen Projektion eines<br />
Kantenmodells: Wenn Kanten <strong>im</strong> Bild zusammenfallen,<br />
kann man allein aus der Abbildung<br />
nicht mehr erschließen, welche gemeint<br />
ist. Erst be<strong>im</strong> Bewegen wird das deutlich,<br />
<strong>—</strong> ähnlich bei "Cinderella": hier jedoch<br />
sieht man stets nur einen der beiden möglichen<br />
Punkte, <strong>—</strong> <strong>und</strong> muss sich überlegen,<br />
welcher. Durch Ziehen lässt sich das evtl.<br />
entscheiden; <strong>—</strong> allerdings ändert sich dabei<br />
dann auch die Auswahl des Punktes ... Auch<br />
Kortenkamp <strong>und</strong> Richter-Gebert konzedieren,<br />
"dass das auf einem Computerbildschirm<br />
gezeigte reelle [sic!] Verhalten eines<br />
DGS nur ein unvollständiges Bild des gesamten<br />
mathematischen Inhalts einer Konstruktion<br />
angibt ... Vielmehr hat der Weg, den<br />
man von einer Startsituation aus n<strong>im</strong>mt, entscheidenden<br />
Einfluss. Das st<strong>im</strong>mt sogar<br />
dann noch, wenn die komplette Bewegungssituation<br />
auf einen Parameter t reduziert<br />
worden ist. Selbst dann entscheidet <strong>im</strong>mer<br />
noch die relative Windungszahl in C des Weges<br />
von t um die Verzweigungspunkte über<br />
die erreichte Endinstanz." (a.a.O., 138f) All<br />
diese Sachverhalte wird man aber wohl<br />
kaum einem Lehrer (zu schweigen von Schülern!)<br />
deutlich machen können; <strong>—</strong> dennoch<br />
beeinflussen sie auf nachdrückliche Weise<br />
die Gesetze der "Cinderella"-Geometrie,<br />
wie wir sehen werden.<br />
Noch weitreichender ist jedoch die in<br />
Kap. I.1 offenbar gewordene Unstetigkeit der<br />
"Cinderella"-Fortsetzung bei Verformung des<br />
Zugweges! Man mag diese bloß für eine Erschwernis<br />
der Aufgabenstellung halten, <strong>und</strong><br />
100<br />
daher für unpassend, solange nicht einmal<br />
die Ausgangsfrage geklärt ist. Tatsächlich<br />
wird aber die Analyse der Zugstrategie von<br />
"Cinderella" in Kap. I.4 nachweisen, dass<br />
genau diese Eigenschaft essentiell für ihre<br />
tatsächliche Umsetzung ist. Wir kommen insofern<br />
nicht umhin, noch eine weitere Bedingung<br />
für stetiges Verhalten zu formulieren,<br />
die sich als notwendig für "Cinderella" erweisen<br />
wird!<br />
Stetige Verformung von Wegen führt auf den<br />
topologischen Begriff der Homotopie, worauf<br />
hier aber nicht eingegangen werden braucht:<br />
Interpretieren wir nämlich wie in (Gawlick<br />
2001) die stetige Verformung einer Figur<br />
selbst wieder als neue Figur <strong>—</strong> die Zugfigur!<br />
<strong>—</strong>, können wir auch deren stetige Deformation<br />
(sD) verlangen:<br />
Verformt man den Zugweg einer Figur<br />
stetig, soll sich die Zugfigur ebenfalls stetig<br />
verhalten.<br />
Sinnvoller Weise wird (sH) vorausgesetzt.<br />
Dann lässt sich (sD) mittels (KL) beschreiben:<br />
Der Zugweg eines Punktes u ist nichts anderes<br />
als die Zugfigur U von u, wenn man u als<br />
Figur auffasst. Entsprechend sei A die Zugfigur<br />
eines abhängigen Punktes a. Dann bedeutet<br />
(sD) nichts anderes als stetige Abhängigkeit<br />
der Zugfigur (sZ):<br />
d(U, U’) → 0 ⇒ d(A, A’) → 0<br />
Man genieße die Kürze <strong>und</strong> Eleganz dieser<br />
Formel <strong>und</strong> ihre starke Ähnlichkeit mit (sA)!<br />
Mit Wegen lässt (sD) sich so formulieren:<br />
u' � a'<br />
↓ ↓<br />
u � a<br />
Also ist (sD) nichts anderes als (KL) für Wege!<br />
Die Autoren von "Cinderella" versuchen jedoch,<br />
noch einen Schritt weiter zu gehen <strong>und</strong><br />
(sD) zur Behebung von Ausnahmesituationen<br />
zu benutzen. Das ist mehr als Kontinuität<br />
<strong>—</strong> sozusagen das Prinzip der stetigen Erweiterung<br />
(sE):<br />
Zugfiguren längs Wegen durch Ausnahmesituationen<br />
sollen stetig fortgesetzt<br />
werden, indem der durchlaufene Weg stetig<br />
abgeändert wird.<br />
Damit dies von Erfolg gekrönt ist, muss die<br />
Zugfigur sich bei einer solchen Verformung<br />
natürlich ebenfalls stetig verhalten, also (sZ)<br />
<strong>und</strong> damit auch (sD) gelten. Unsere Beispiele