WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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zeigen jedoch folgenden, in Kap. I.4 zu beweisenden,<br />
Ausschließungssatz: (sD) <strong>und</strong> (sE) sind<br />
unvereinbare Prinzipien der Dynamischen<br />
Geometrie.<br />
Fassen wir nun zusammen, was all diese<br />
Prinzipien für die Dynamische Geometrie<br />
hergeben:<br />
• (KP) liefert keine Präzisierung des Stetigkeitsbegriffs,<br />
<strong>—</strong> aber eine notwendige<br />
Bedingung für eine solche: (TI).<br />
• (KL) lässt sich dagegen in die Stetigkeitsbedingung<br />
(sA) übersetzen; <strong>—</strong> deren Voraussetzungen<br />
sind jedoch i.A. zu stark.<br />
• (sH) lässt sich dagegen für die Dynamische<br />
Geometrie als Stetigkeitsbedingung<br />
verwenden, <strong>—</strong> liefert aber zwischen den<br />
beiden Fortsetzungen von E a F aus<br />
Kap. I.1 nicht unbedingt die gewünschte<br />
Abgrenzung:<br />
o Auch die "lückenhafte" Fortsetzung<br />
durch E a Fu erfüllt (sH).<br />
o Die überall stetige Fortsetzung E a Fo<br />
erfüllt (sH) zwar in einem Punkt mehr;<br />
<strong>—</strong> dass man dadurch auch in diesem<br />
Beispiel die Euklidische Ebene verlässt,<br />
wird von (sH) aber natürlich nicht<br />
erfasst.<br />
• (sD) ist als (sZ) bündig präzisierbar <strong>und</strong><br />
daher gut als Prüfstein tauglich,<br />
• (sE) ist wohl die stärkste Forderung, genügt<br />
aber nicht als alleiniges Kriterium der<br />
Unterscheidung:<br />
o (sD) wird von "Cinderella" <strong>im</strong> Beispiel<br />
aus Kap. I.1 verletzt, <strong>—</strong> obwohl notwendige<br />
Bedingung der internen Zugstrategie!<br />
o Dagegen erfüllen andere DGS (sD) <strong>im</strong><br />
Beispiel aus Kap. I.1; <strong>—</strong> sie verzichten<br />
aber auf (sE) Erweiterung der Gültigkeit<br />
von (sH) auf E=A.<br />
Die Autoren von "Cinderella" entscheiden<br />
sich dafür, (sD) zu opfern, um (sH) durchgängig<br />
zu realisieren. Ob dies tatsächlich<br />
(KP) entspricht, muss jedoch fraglich bleiben,<br />
da doch in einigen Beispielen (TI) verletzt zu<br />
werden scheint (vgl Kap. I.3). Die anderen<br />
DGS erkaufen dagegen die Gültigkeit von<br />
(sD) mit der scheinbaren "Sprunghaftigkeit"<br />
von Zugfiguren, deren Definitionsbereich<br />
eben nicht um E=A erweiterbar ist, ohne Widersprüche<br />
zu produzieren.<br />
Welchem dieser widersprüchlichen Prinzipien<br />
soll aber der Anwender nun den Vorzug geben?<br />
Eine genauere Analyse ihrer begriffli-<br />
Konstruktion <strong>und</strong> Kontinuität in der Dynamischen Geometrie<br />
chen Relationen erfordert sicherlich mehr<br />
<strong>Mathematik</strong>, als man billigerweise von Lehrern<br />
als fertig abrufbar verlangen wird, <strong>—</strong><br />
umso mehr, als dies letztlich nicht zu definitiven<br />
Antworten führen kann, da sich der Widerspruch<br />
zwischen Erfüllbarkeit von (sD)<br />
<strong>und</strong> (sE) auch nicht auf höherer Ebene auflösen<br />
wird. Diesen Weg weiter zu begehen,<br />
wäre ggf. wohl eher ein adäquater Gegenstand<br />
für Topologie-Vorlesungen, <strong>—</strong> die sich<br />
zukünftig ja vielleicht auch mehr solch konkreten<br />
Dingen zuwenden werden ...<br />
I.3 Das historische Ringen um<br />
das Kontinuitätsprinzip<br />
Das vorige Kapitel lieferte statt der gewünschten<br />
"globalen Ableitung" einer Präzisierung<br />
des Kontinuitätsprinzips deren mehrere,<br />
die in durchaus nicht einfach zu durchschauender<br />
Beziehung zueinander stehen.<br />
Dies kann zu einem Gefühl der Verwirrung<br />
führen, von dem man sich vielleicht durch<br />
den Rückgriff auf historische Autoritäten befreien<br />
möchte, die diese Entscheidung eventuell<br />
bereits mit größerem Weitblick getroffen<br />
haben könnten. Wie auch <strong>im</strong>mer, bei ihrer<br />
Lesart des Kontinuitätsprinzips berufen sich<br />
die Autoren von "Cinderella" jedenfalls auf<br />
Felix Kleins Interpretation: "Erst die Bezugnahme<br />
auf die Analysis, die Poncelet gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ablehnt, konnte das neue Gedankengebäude<br />
auf eine sichere Gr<strong>und</strong>lage stellen.<br />
Der <strong>im</strong>aginäre Punkt ist dann ebenso wie<br />
der reelle nur ein gemeinsamer Lösungswert<br />
einer Anzahl gleichzeitig erfüllter Gleichungen,<br />
die je eines der zum Schnitt gebrachten<br />
Gr<strong>und</strong>gebilde darstellen. ... Ein jeder geometrischer<br />
Satz ist analytisch auszudrücken<br />
(wenn wir Geometrie so umgrenzen, wie es<br />
damals üblich war) durch die Nullsetzung einer<br />
algebraischen oder auch nur analytischen<br />
Funktion f(a,b,c,...) der darin in Beziehung<br />
gesetzten Stücke a, b, c, ... der Figur.<br />
Das Prinzip der Kontinuität spricht dann<br />
nichts anderes aus, als dass eine analytische<br />
Funktion, die längs eines noch so kleinen<br />
Stückes ihres Bereiches verschwindet, überhaupt<br />
Null ist." (Klein 1928, 82)<br />
Schon zu Kleins Zeiten war allerdings deutlich,<br />
dass diese Sicht von Geometrie zahlreiche<br />
elementargeometrische Sachverhalte<br />
<strong>und</strong> Beweise nicht erfasst, <strong>—</strong> nämlich insbesondere<br />
die, welche auf Lageverhältnissen<br />
beruhen:<br />
• Z.B. der Umfangwinkelsatz lässt sich nicht<br />
mehr wie gewohnt darstellen, weil die<br />
Voraussetzung, dass ein Punkt auf einem<br />
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