WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Weise lässt sich eines der Haupttheoreme<br />
über Kegelschnitte beweisen, ohne Umschweife<br />
<strong>und</strong> Aufwand von Figuren, auch<br />
nicht für jeden Kegelschnitt besonders, sondern<br />
ganz allgemein, durch bloße geistige<br />
Anschauung." Leibniz spricht also <strong>im</strong>mer nur<br />
von "zwei Punkten", ohne sie zu unterscheiden;<br />
<strong>—</strong> <strong>und</strong> da er sie "durch bloße geistige<br />
Anschauung" nur zusammen-, aber nicht<br />
wieder auseinanderlaufen lässt, braucht er<br />
auch nicht genauer betrachten, wie sie sich<br />
dabei ggf. unterscheiden lassen, <strong>—</strong> <strong>und</strong> ob<br />
überhaupt! Ganz genauso spricht Poncelet<br />
angesichts der Verwandlung einer Geraden<br />
in eine Kreistangente <strong>im</strong>mer nur von einem<br />
"System von Punkten"; <strong>—</strong> <strong>und</strong> auch bei ihm<br />
wird die umgekehrte Bewegung nicht angesprochen.<br />
Schon <strong>im</strong> Vorfeld der Veröffentlichung von<br />
Poncelets Kontinuitätsprinzips kam es jedoch<br />
auch zu Zweifeln an seiner Gültigkeit: Cauchy<br />
sprach 1820 in seinem "Rapport à l'académie<br />
des sciences... sur un mémoire ... par<br />
M. Poncelet" nur von einer "induction forte"!<br />
Aus der so begonnenen Auseinandersetzung<br />
um die Rechtfertigung des Kontinuitätsprinzips<br />
(<strong>und</strong> durch persönlichen Querelen aufgr<strong>und</strong><br />
von Prioritätsstreitigkeiten!) erwuchs<br />
ein recht fruchtbar wirkender Gegensatz von<br />
synthetischer <strong>und</strong> analytischer Geometrie,<br />
der schließlich in von Staudts rein synthetischer<br />
Auffassung gipfelte, wie man dem lesenswerten<br />
Aufsatz von Fano (1903–1915)<br />
entn<strong>im</strong>mt. Dagegen scheiterte der Versuch<br />
von Schubert (1879), das algebraische Kontinuitätsprinzip,<br />
die o.a. Problematik durch<br />
Reduktion allein auf den quantitativen Aspekt<br />
als "Prinzip von der Erhaltung der Anzahl" zu<br />
retten:<br />
Kohn (1902) führt eine Anzahl von Gegenbeispielen<br />
auf <strong>und</strong> schließt mit dem vernichtenden<br />
Urteil: "Das Schubertsche Prinzip von<br />
der Erhaltung der Anzahl als Prinzip mathematischer<br />
Beweisführung ist krank, unheilbar<br />
krank sogar in gewissem Sinne; allein als<br />
heuristisches Prinzip von allzeit frischer Kraft<br />
wird es fortleben in der Wissenschaft." Und<br />
schließlich führte sogar Hilbert (1900) in seiner<br />
berühmten Liste ungelöster Probleme als<br />
Nr. 15 die "Strenge Begründung von Schuberts<br />
Abzählungskalkül" auf, was er wie folgt<br />
begründete: "Wenn auch die heutige Algebra<br />
die Durchführbarkeit der El<strong>im</strong>inationsprocesse<br />
<strong>im</strong> Princip gewährleistet, so ist zum Beweise<br />
der Sätze der abzählenden Geometrie<br />
erheblich mehr erforderlich, nämlich die<br />
Durchführung der El<strong>im</strong>ination bei besonders<br />
geformten Gleichungen in der Weise, daß<br />
der Grad der Endgleichungen <strong>und</strong> die Vielfachheit<br />
ihrer Lösungen sich voraussehen<br />
Konstruktion <strong>und</strong> Kontinuität in der Dynamischen Geometrie<br />
läßt." Die Lösung dieses Problems durch van<br />
der Waerden u.a. <strong>im</strong> Rahmen der gr<strong>und</strong>legenden<br />
Neugestaltung der Algebraischen<br />
Geometrie in der ersten Hälfte des vorigen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts erfordert ganz andersartige<br />
Begriffe <strong>und</strong> Methoden; <strong>—</strong> sie lässt dementsprechend<br />
von der ursprünglichen Fragestellung<br />
kaum noch etwas erahnen ... Von dem<br />
Versuch, die anschauliche Fragestellung aus<br />
Kap. I.1 in diese so ganz andersartige Sprache<br />
zu übersetzen, soll hier abgesehen werden;<br />
<strong>—</strong> selbst wenn es darauf dort auch eine<br />
Antwort geben mag, ist doch deren Rückübersetzbarkeit<br />
fraglich, sicherlich aber wenig<br />
erhellend.<br />
I.4 Cinderellas Behandlung von<br />
Ausnahmesituationen<br />
Um die funktionentheoretische Interpretation<br />
von (KP) zu realisieren, verwenden die Autoren<br />
von "Cinderella" noch eine weitere wesentliche<br />
Idee:<br />
Ausnahmesituationen werden durch Abänderung<br />
des Weges vermieden.<br />
Konkret bedeutet das:<br />
Die Bewegung des unabhängigen Elements<br />
u wird in einer Serie u0, u1, ..., un von Stützstellen<br />
repräsentiert, die sich z.B. aus der<br />
Position des Mauszeigers zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten ergeben. Diese Stützstellen sind<br />
nun durch stetige Wege zu verbinden. Dabei<br />
machen die Autoren von "Cinderella" jedoch<br />
zwei wesentliche Einschränkungen:<br />
- Punkte dürfen nur linear verb<strong>und</strong>en werden.<br />
- Umwege dürfen nur auf komplex-lineare<br />
Wegen in einer Koordinate vorgenommen<br />
werden.<br />
Vgl. dazu Abb. 8 aus Richter-Gebert (o.J.).<br />
Die Homogenität dieser Darstellung lässt<br />
leicht übersehen, dass gerade die zweite<br />
Einschränkung sehr wesentlich ist: Denn sie<br />
erfolgt keineswegs nur, um Ausnahmesituationen<br />
möglichst zu vermeiden sondern überhaupt<br />
bei jeder Bewegung: "'Cinderella' erzeugt<br />
für je zwei aufeinander folgende Stützstellen<br />
einen quasi-linearen Weg, bei dem<br />
der Kontrollparameter durchs Komplexe<br />
führt" (Kortenkamp & Richter-Gebert 2001).<br />
Mit anderen Worten: "Cinderella" führt nie die<br />
visualisierte reelle Bewegung aus, <strong>—</strong> selbst<br />
dann nicht, wenn diese bereits linear ist: hat<br />
etwa <strong>im</strong> Musterfall der Anwender die Bewegung<br />
von E durch A so modelliert, dass E auf<br />
einer Geraden durch A bewegt wird, so wird<br />
be<strong>im</strong> Ziehen nicht diese Bewegung ausge-<br />
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