WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Anlass für neue Lehr-Lernformen<br />
Viele der in den Beispielen verwendeten<br />
Computerprogramme geben die Möglichkeit,<br />
Ergebnisse, die am Ende der Beschäftigung<br />
mit mathematischen Fragestellung stehen,<br />
aber auch den Bearbeitungsprozess selbst<br />
zu dokumentieren (z.B. die Ortslinienfunktion<br />
in den Dynamischen Geometriesystemen).<br />
Diese Dokumentationen können dann als Anlass<br />
genutzt werden, über mathematische<br />
Erkenntnisse ins Gespräch zu kommen. Natürlich<br />
steckt dieses Potenzial auch in den<br />
Bleistiftnotizen, die während des Bearbeitungsprozesses<br />
entstehen. Mögliche Zwischenschritte<br />
<strong>und</strong> auch gef<strong>und</strong>ene Endergebnisse<br />
unterliegen hier in einem viel höheren<br />
Maße der Flüchtigkeit. Sie werden überschrieben,<br />
ausradiert <strong>und</strong> bleiben als bald<br />
nicht mehr auffindbare Zettel zurück. Natürlich<br />
wird die Art der möglichen Dokumentationsformen<br />
von Seiten der Programmentwicklung<br />
vorgedacht <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mt. Insgesamt<br />
machen die Beispiele deutlich, dass über die<br />
Integration von Dokumenten in den <strong>Mathematik</strong>unterricht,<br />
die während der individuellen<br />
oder kooperativen Auseinandersetzung mit<br />
mathematischen Fragestellungen entstehen,<br />
nachgedacht werden sollte.<br />
In besonderer Weise werden durch die Nutzung<br />
computerbasierter Medien kooperative<br />
Unterrichtsformen unterstützt. Neben der organisatorischen<br />
Unterstützung des kooperativen<br />
Arbeitens, z.B. indem Arbeits- <strong>und</strong> Zeitpläne<br />
wie auch Zwischenprodukte mit Hilfe<br />
geeigneter Programme verwaltet werden, liefern<br />
computerbasierte Medien die Möglichkeit,<br />
zeit- <strong>und</strong> ortsunabhängig gemeinsam an<br />
einem Projekt zu arbeiten.<br />
Außerdem erlauben <strong>Mathematik</strong>programme<br />
wie z.B. DGS <strong>und</strong> speziell erstellte Java-<br />
Applets, auf vielfältige Weise exper<strong>im</strong>entelle<br />
Lehr-Lern-Kontexte zu inszenieren, die den<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern Raum geben,<br />
Ideen zu mathematischen Fragestellungen<br />
zu entwickeln, umzusetzen <strong>und</strong> zu überprüfen.<br />
Betonung des Sprachaspekts von <strong>Mathematik</strong><br />
bei Präsentation <strong>und</strong> Dokumentation<br />
Die Integration mathematikferner Programme,<br />
z.B. von Präsentationsprogrammen, in<br />
den <strong>Mathematik</strong>unterricht gestatten es, neben<br />
den bereits erwähnten Dokumentationsformen,<br />
methodische Elemente in das <strong>Lernen</strong><br />
von <strong>Mathematik</strong> einzubauen, die die<br />
Sprache für die <strong>Mathematik</strong> wichtig werden<br />
lassen. Es entstehen Lernanlässe, die das<br />
Computereinsatz <strong>im</strong> <strong>Mathematik</strong>unterricht unter Geschlechterperspektive<br />
Reden über <strong>Mathematik</strong> in der Sprache der<br />
<strong>Mathematik</strong> ermöglichen.<br />
Prozess des Modellierens<br />
Der Prozess des Modellierens kann durch<br />
den Einsatz geeigneter Computerprogramme<br />
in dem Sinne weiter entwickelt werden, dass<br />
einerseits realistische Daten <strong>und</strong> damit die<br />
Bearbeitung realistischer Fragestellungen in<br />
den <strong>Mathematik</strong>unterricht Eingang finden<br />
können. Andererseits erlaubt der Einsatz<br />
neuer Technologien, mathematische Probleme,<br />
die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer mathematischen Fähigkeiten in<br />
der Sek<strong>und</strong>arstufe I noch nicht lösen könnten,<br />
auf sehr anschauliche Weise <strong>im</strong> Sinne<br />
eines dynamischen Visualisierens zu bearbeiten<br />
(vgl. Weigand & Weth 2002, 133ff).<br />
Aufbau von Reflexionskompetenz<br />
Dokumentationen sind in besonderer Weise<br />
geeignet, den Aufbau metakognitiver Kompetenzen<br />
anzuregen <strong>und</strong> zu unterstützen; <strong>—</strong><br />
metakognitive Kompetenzen <strong>im</strong> Sinne eines<br />
Wissens über die eigenen Fähigkeiten <strong>und</strong><br />
über die Qualität von Aufgaben sowie <strong>im</strong><br />
Sinne eines Wissens über Prozesse der Kontrolle<br />
kognitiver Vorgänge wie Planung, Überwachung<br />
<strong>und</strong> Regulation (vgl. Brown 1984).<br />
Das flüchtige Bearbeiten <strong>und</strong> Durchdenken<br />
von mathematischen Fragestellungen wird<br />
durch die unterschiedlichen Dokumentationsformen<br />
konkret <strong>und</strong> kann <strong>im</strong> Rückblick genutzt<br />
<strong>und</strong> <strong>im</strong> Sinne eines "Metawissens" kategorisiert<br />
werden.<br />
Neue Möglichkeiten inhaltlicher Zugänge<br />
Die bisher herausgearbeiteten Potenziale beschäftigen<br />
sich in erster Linie mit der Art <strong>und</strong><br />
Weise, wie das <strong>Lehren</strong> <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong> von <strong>Mathematik</strong><br />
gestaltet werden kann. So bleibt abschließend<br />
zu fragen, ob die Veränderungen<br />
der Lehr-Lern-Arrangements ein Nachdenken<br />
über inhaltliche Zugänge nicht sogar erzwingen.<br />
Hat die zunehmende Fokussierung<br />
auf die aktive Auseinandersetzung der <strong>Lernen</strong>den<br />
mit mathematischen Fragestellungen<br />
nicht u.a. zur Folge, dass die Orientierung<br />
der Schulmathematik an der Fachsystematik<br />
verlassen <strong>und</strong> verstärkt Inhalte ins Zentrum<br />
des Unterrichts gerückt werden, die das Interesse<br />
der <strong>Lernen</strong>den aufgreifen?<br />
Natürlich ist die Frage nach den Potenzialen<br />
computerbasierter Medien sowohl eng an die<br />
Freiheitsgrade bzw. an die Gestaltungsspielräume<br />
gekoppelt, die eine Software zulässt,<br />
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