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WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet

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I.6 Fazit<br />

Die Autoren von "Cinderella" beantworten die<br />

einleitenden Fragen nach dem korrekten<br />

Verhalten von DGS <strong>im</strong> Zugmodus auf folgende<br />

neuartige Weise:<br />

(1) Stetigkeit ist <strong>im</strong> Sinne einer funktionentheoretischen<br />

Interpretation des<br />

Ponceletschen Kontinuitätsprinzips zu<br />

verstehen.<br />

(2) Stetigkeit ist durch geeignete Veränderung<br />

des "Zug-Weges" zu erreichen.<br />

Wir haben gesehen: Die Antwort auf (1) kann<br />

auch durchaus anders ausfallen; <strong>—</strong> <strong>und</strong> dafür<br />

gibt es aus mathematischen <strong>und</strong> historischen<br />

Gründen auch ganz gute Argumente.<br />

Und diese alternative Antwort lässt sich auch<br />

geometrisch realisieren, wenn man sich die<br />

Antwort auf (2) zueigen macht, aber nicht<br />

einseitig auf eine Interpretation verengen<br />

lässt.<br />

II. Geometrie <strong>—</strong> mit dem<br />

dynamischen Lineal<br />

Der Zug-Modus von "Cinderella" zeigt interessante<br />

Phänomene; <strong>—</strong> wie sie zustande<br />

kommen, ist aber für (viele) Schüler <strong>und</strong> (einige)<br />

Lehrer nicht leicht zu verstehen <strong>und</strong><br />

lässt sich auch nicht so ohne weiteres aus<br />

einfachen Antworten auf klare Fragen ableiten.<br />

Daher bietet es sich an, weniger nach<br />

der DGS mit dem "richtigen" Zugmodus zu<br />

suchen, sondern vielmehr nach der passenden<br />

Art, das gesuchte Zug-Verhalten einer<br />

Figur konstruktiv zu erzeugen.<br />

II.1 Die Notwendigkeit, den dynamischen<br />

Konstruktionsbegriff<br />

zu restrukturieren<br />

Man betrachte dazu folgendes Beispiel:<br />

Durch Ziehen an den Ecken des Dreiecks<br />

kann man entdecken, dass sich die Winkelhalbierenden<br />

stets <strong>im</strong> Inkreismittelpunkt I<br />

schneiden. Die "Cinderella"-Version dieser<br />

Konstruktion erlaubt eine überraschende Variante:<br />

zieht man B durch A, bewegt sich I allerdings<br />

manchmal aus dem Dreieck heraus<br />

(Abb. 14).<br />

Offenbar läuft ein solches Verhalten dem Ziel<br />

der interaktiven Satzfindung völlig zuwider<br />

<strong>und</strong> wirft <strong>im</strong> geometrischen Einführungsunterricht<br />

der Sek<strong>und</strong>arstufe I erhebliche didaktische<br />

Probleme auf. Nun könnte man meinen,<br />

dass es sich dabei um nichts anderes<br />

Konstruktion <strong>und</strong> Kontinuität in der Dynamischen Geometrie<br />

Abb. 14<br />

als einen offenbaren Software-Fehler handelt;<br />

<strong>—</strong> warum also nicht einfach "Cinderella"<br />

debuggen? Es lässt sich aber zeigen (Gawlick<br />

2001), dass das nicht möglich ist: dieses<br />

Verhalten ist eine mathematisch notwendige<br />

Konsequenz der Stetigkeit! Angesichts<br />

der Dichotomie von Stetigkeit <strong>und</strong> Determinismus<br />

könnte dieser schwer kontrollierbare<br />

Seiteneffekt stetigen Verhaltens für unterrichtliche<br />

Zwecke die Wahl eines deterministischen<br />

Systems als vorteilhaft erscheinen<br />

lassen, <strong>—</strong> aber wie wir gleich sehen werden,<br />

liegt die Sache noch etwas komplizierter:<br />

Was ist der Ort I des Inkreismittelpunkts I eines<br />

gleichschenkligen Dreiecks ABC, wenn<br />

C den Kreis durch B um A durchläuft? Eine<br />

Konstruktion von I mittels "Euklid" liefert eine<br />

Ortskurve mit einer Singularität, bei der es<br />

sich scheinbar um eine Spitze handelt.<br />

Abb. 15<br />

Warneke (2001) hat jedoch erläutert, wie<br />

man mittels elementarer Trigonometrie eine<br />

Parameterdarstellung für I erhält, aus der<br />

man dann durch algebraische Umformungen<br />

à la Pythagoras eine Gleichung für I gewinnen<br />

kann. Der Gleichung zufolge ist die Kurve<br />

vom Typ der Strophoide; <strong>—</strong> der singuläre<br />

Punkt muss also ein Doppelpunkt sein!<br />

Durch Plotten der Kurve bemerkt man, dass<br />

der geometrische Ort nur ein Teil des alge-<br />

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