WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Gerald Wittmann<br />
z.B. bei der Klausurvorbereitung <strong>—</strong> wohl weniger<br />
leicht fiel (vgl. 4.7).<br />
Nur wenige Studierende lasen längere Texte<br />
am Bildschirm; die meisten Studierenden<br />
druckten weite Teile von MaDiN aus. An der<br />
PH Weingarten druckten Mitglieder der Fachschaft<br />
sogar sämtliche Seiten zur Didaktik<br />
der Geometrie von MaDiN aus <strong>und</strong> verkauften<br />
sie als kopiertes <strong>und</strong> geb<strong>und</strong>enes Skript<br />
an die Studierenden. HTML-Dokumente eignen<br />
sich jedoch prinzipiell nicht für einen<br />
qualitativ anspruchsvollen Ausdruck; <strong>—</strong> <strong>im</strong><br />
Wesentlichen bestehen drei Problemfelder:<br />
• Der Formelsatz in HTML ist unbefriedigend<br />
<strong>und</strong> nur mit technischen Aufsätzen<br />
wie MathML zu verbessern.<br />
• Die bildschirm-gerechte Auflösung von<br />
Abbildungen (72 dpi) ist für den Ausdruck<br />
zu grob, während höher aufgelöste Abbildungen<br />
(zu) lange Ladezeiten erfordern.<br />
• Es gibt kein fest definiertes Seitenlayout,<br />
da der endgültige Umbruch von HTML-<br />
Dokumenten erst <strong>im</strong> Browser stattfindet<br />
<strong>und</strong> damit in hohem Maße vom System<br />
des Benutzers abhängt. Be<strong>im</strong> Ausdruck<br />
werden daher nicht selten Seiten "rechts<br />
abgeschnitten".<br />
4.3 Inhalte<br />
Die Inhalte in MaDiN werden insgesamt sehr<br />
positiv beurteilt <strong>und</strong> finden eine breite Resonanz.<br />
Dies betrifft zunächst die Texte (Verständlichkeit<br />
<strong>und</strong> Informationsgehalt), darüber<br />
hinaus aber auch alle anderen mult<strong>im</strong>edialen<br />
Elemente (Bilder, Videos, An<strong>im</strong>ationen,<br />
…, Materialien zum Download). Sie<br />
übernehmen <strong>im</strong> Einzelfall verschiedene<br />
Funktionen <strong>im</strong> Lernprozess: Sie<br />
• spielen die Rolle eines "Aufhängers" <strong>—</strong><br />
also einer Merkhilfe <strong>—</strong> für Fachwissen,<br />
• können die Motivation zum Weiterarbeiten<br />
fördern <strong>und</strong> das Interesse an der <strong>Mathematik</strong>(didaktik)<br />
wecken; <strong>—</strong> hier bleibt jedoch<br />
abzuwarten, ob dies auch über den<br />
Neuigkeitseffekt hinaus gilt ("Hawthorne-<br />
Effekt"; Schulmeister 2002, 397ff),<br />
• liefern Veranschaulichungen <strong>und</strong> können<br />
wichtige Hilfestellungen sein,<br />
• schaffen häufig einen Praxisbezug.<br />
Besonders das letzte Argument verdient eine<br />
genauere Betrachtung: Bilder <strong>und</strong> Videos<br />
von Lehr- <strong>und</strong> Lernmitteln, Anleitungen <strong>und</strong><br />
Kopiervorlagen für den Unterricht (etwa zu<br />
Lernspielen), Texte <strong>und</strong> Zeichnungen von<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern entstammen un-<br />
196<br />
mittelbar der Schulpraxis. In den Interviews<br />
erzählen Studierende mehrfach, wo <strong>und</strong> wie<br />
sie diese Elemente ausprobiert haben (mit<br />
den eigenen Kindern, <strong>im</strong> Schulpraktikum, …).<br />
Es scheint, als ob über derartige Elemente<br />
für zahlreiche Studierende ein Einstieg in die<br />
<strong>Mathematik</strong>didaktik geschaffen werden kann.<br />
Noch deutlicher wird dies angesichts zweier<br />
weiterer Detailnennungen:<br />
• Wiederholt positiv erwähnt wird ein Artikel<br />
über "Einstiege <strong>im</strong> Geometrieunterricht"<br />
(Vollrath 1980), zu dem die Studierenden<br />
<strong>im</strong> Diskussionsforum Stellung nehmen<br />
mussten. Dieser Text greift ein zentrales<br />
Problem der Unterrichtsplanung auf, ist<br />
leicht zu lesen <strong>und</strong> setzt keinerlei Fachwissen<br />
voraus.<br />
• Umgekehrt werden die MaDiN-Seiten zur<br />
Thematik "Argumentieren <strong>und</strong> Beweisen"<br />
mehrfach als sehr "fachwissenschaftlich"<br />
eingestuft: Diese Studierenden verstehen<br />
nicht, warum sie zunächst selbst Beweise<br />
führen sollen, wo ihr Interesse doch dem<br />
Beweisen <strong>im</strong> <strong>Mathematik</strong>unterricht gilt.<br />
Insbesondere das letzte Beispiel weist darauf<br />
hin, dass ein Teil der Zielgruppe der evaluierten<br />
Lehrveranstaltungen <strong>—</strong> Studierende des<br />
Lehramts an Haupt- <strong>und</strong> Realschulen <strong>—</strong> offenbar<br />
eine sehr enge Vorstellung von "Praxisbezug"<br />
hat.<br />
4.4 Vorlesung<br />
Die Vorlesung wird sowohl an der Uni Würzburg<br />
als auch an der PH Weingarten als "gut"<br />
eingeschätzt. Der Einsatz von MaDiN scheint<br />
allerdings kein prägendes Element der Vorlesung<br />
gewesen zu sein, viel stärker werden<br />
offenbar die Inhalte, das Engagement <strong>und</strong><br />
die Person der beiden Dozenten gewichtet.<br />
Eine Reihe von Studierenden beider Hochschulen<br />
besitzt auch einschlägige Vorerfahrungen:<br />
• mit dem Erstellen von <strong>Internet</strong>seiten <strong>im</strong><br />
Rahmen von Lehrveranstaltungen,<br />
• mit dem Schreiben von Beiträgen für ein<br />
Diskussionsforum,<br />
• mit dem "Holen" von Übungsaufgaben per<br />
<strong>Internet</strong>,<br />
• mit dem Einsatz von BSCW.<br />
Insgesamt ist der Einsatz neuer Medien in<br />
Lehrveranstaltungen für die Studierenden<br />
mittlerweile Alltag; er ist jedenfalls kein Thema<br />
(mehr), das polarisiert.