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WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet

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Thomas Gawlick<br />

ein Lineal zu benutzen, mit dem man, wie<br />

gewohnt, Senkrechte konstruieren kann.<br />

110<br />

A M<br />

B<br />

C<br />

F<br />

E<br />

D<br />

Abb. 20<br />

Welche Konsequenzen zieht nun die Durchführbarkeit<br />

der meisten elementargeometrischen<br />

Konstruktionen mit dem Lineal allein<br />

nach sich? Dass man auf den Zirkel weitgehend<br />

verzichten kann, ist ja nichts Neues; <strong>—</strong><br />

schon Steiner zeigte, dass sich die üblichen<br />

Konstruktionen allein mit dem Lineal <strong>und</strong> einem<br />

festen Kreis durchführen lassen. Hier<br />

liegen die Dinge etwas anders: DGS kann ja<br />

in Makros eine Vielzahl von Konstruktionsschritten<br />

zu einem einzigen zusammenfassen;<br />

<strong>—</strong> dadurch ist es möglich, die effektive<br />

Durchführbarkeit von Linealkonstruktionen<br />

wesentlich zu erhöhen. Die Benutzung einer<br />

DGS entspricht also der Verwendung eines<br />

Rechtwinkellineals, das nicht nur Geraden<br />

zeichnen kann, sondern auch Lote fällen: Mit<br />

dem Rechtwinkellineal lassen sich außer<br />

dem Winkelhalbieren alle elementargeometrischen<br />

Konstruktionen fast ebenso effizient<br />

ausführen wie mit dem Zirkel. In diesem Sinn<br />

gilt also:<br />

Die Elementargeometrie ist eine (Rechtwinkel-)<br />

Linealgeometrie!<br />

Man beachte dabei: Die Mächtigkeit des<br />

Rechtwinkellineals ist nicht größer als die<br />

des gewöhnlichen, sofern die Startpunkte die<br />

metrischen Daten enthalten; <strong>—</strong> aber es erhöht<br />

die praktische Durchführbarkeit von Linealkonstruktionen.<br />

Was bedeutet diese Einsicht für die Nutzung<br />

von DGS? Auf der positiven Seite gilt: Viele<br />

Konstruktionen lassen sich durchführen, ohne<br />

auf mehrdeutige Operationen wie den<br />

Schnitt mit Kreisen oder das Halbieren von<br />

Winkeln zurückgreifen zu müssen. Das beschränkt<br />

die Auswirkungen des stetigen Verhalten<br />

einer DGS. Das Rechtwinkellineal liefert<br />

stets eindeutige Ergebnisse; <strong>—</strong> daher<br />

lässt sich damit die Stetigkeitsproblematik<br />

umschiffen. Sie tritt nur auf, wenn sich die<br />

Verwendung von Winkelhalbierenden nicht<br />

vermeiden lässt; <strong>—</strong> aber in manchen Fällen<br />

ist dennoch sogar die Ortslinie des Inkreismittelpunkts<br />

mit dem Lineal konstruierbar:<br />

II.4 Linealisierung der Strophoide<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Charakterisierung der Linealkurven<br />

als rationale Kurven muss es eine Linealkonstruktion<br />

der Strophoiden geben (die<br />

Rationalität liest man aus ihrer Gleichung ab,<br />

vgl. Gawlick 2004c). Insbesondere ist diese<br />

dann mit deterministischen DGS durchführbar.<br />

Offenbar erhält man dabei aber als geometrischen<br />

Ort nur den <strong>im</strong> Innern von k liegenden<br />

Teil der Kurve, wenn man verlangt,<br />

dass I der Schnittpunkt von Innenwinkelhalbierenden<br />

ist <strong>—</strong> <strong>und</strong> bleibt: dann muss nämlich<br />

die Winkelhalbierende in B be<strong>im</strong> Passieren<br />

von C durch B um 90° springen. (Verhält<br />

sie sich demgegenüber stetig, so verlassen<br />

bei dieser Bewegung die Winkelhalbierende<br />

wB <strong>und</strong> der Inkreismittelpunkt das Dreieck!)<br />

Es ist daher nötig, wB <strong>und</strong> I anders zu interpretieren.<br />

Nur so erhält man die ganze<br />

Strophoide als Ortslinie einer deterministischen<br />

DGS, etwa durch folgende Konstruktion:<br />

Man lässt β = ∠ABC/2 die Bewegung<br />

der Figur steuern, indem man die Winkelhalbierende<br />

um B dreht, <strong>—</strong> etwa durch Bewegung<br />

des Zugpunktes Z auf einem Kreis um<br />

B (Abb. 21). wA ist lineal-konstruierbar als<br />

MS(B,C). I ergibt sich als Schnitt von wA <strong>und</strong><br />

wB. Mit einer Linealkonstruktion des Trägerkreises<br />

von Z ist die Linealkonstruktion der<br />

Strophoide komplett!<br />

wB<br />

II.5 Ausblick<br />

C<br />

γ<br />

α<br />

A<br />

I<br />

Abb. 21<br />

Z<br />

β<br />

Geben wir nun abschließend dem Studium<br />

der lineal-konstruierbaren Kurven seine theoretische<br />

Abr<strong>und</strong>ung: Eine Kurve ist, wie gesagt,<br />

genau dann mit dem Lineal konstruierbar,<br />

wenn sie rational ist, also eine rationale<br />

Parameterdarstellung besitzt. Das ist zunächst<br />

einmal eine gute Eigenschaft: Für rationale<br />

Kurven lassen sich effektiv Gleichungen<br />

ermitteln <strong>und</strong> Schnittpunkte exakt berechnen.<br />

Damit sind sie für jegliche Art professioneller<br />

geometrischer Datenverarbeitung<br />

das geeignete Terrain. Im Computer Aided<br />

Design (CAD) ist sogar der Begriff "Parametrisierung"<br />

mittlerweile synomyn zu "rati-<br />

A'<br />

B

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