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WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet

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T<strong>im</strong>o Leuders<br />

Abb. 8: Darstellungsformen: "sprachlich/situativ", "grafisch",<br />

"numerisch" <strong>und</strong> "symbolisch"<br />

Die Konstruktion dieser Umgebung folgt den<br />

folgenden Prinzipien:<br />

• Offene Navigation: Jeder <strong>Lernen</strong>de kann<br />

jederzeit überhall hin gehen. Es gibt keine<br />

Lenkung durch das System. Die Vorschläge<br />

an den Lerner sind jedoch strukturiert,<br />

z.B. durch Icons, die die Darstellungsform<br />

des Bibliotheksangebots oder<br />

des Problems charakterisieren. Die D<strong>im</strong>ensionen<br />

"sprachlich/situativ", "gra-<br />

•<br />

fisch", "numerisch" <strong>und</strong> "symbolisch" ziehen<br />

sich durch das ganze System.<br />

Universelle Werkzeuge: Wenige, allgemein<br />

nutzbare mathematische Werkzeuge;<br />

keine Spezialtools zur Lösung einzelner<br />

Probleme<br />

• Einstieg von oben: Komplexe Probleme<br />

führen in mathematische Fragen ein.<br />

Training in Gr<strong>und</strong>fertigkeiten ist instrumentell.<br />

• Verzweigende Vielfalt statt Kursprinzip:<br />

Der Lerner entscheidet über seine<br />

Lernwege <strong>und</strong> Lernziele. Die Lernervoraussetzungen<br />

sind unterschiedlich.<br />

• Selbsteinschätzung vor Diagnose: Eine<br />

"Fern"diagnose in Form eines Selbstdiagnosetestes<br />

bietet das System nur auf<br />

Anfrage an. Das Lernermodell erwächst<br />

pr<strong>im</strong>är aus der Selbsteinschätzung, nicht<br />

aus der Beurteilung des Systems.<br />

• Reflexionsanregende Instrumente: Die<br />

individuelle Wahl von Darstellungsformen,<br />

die Arbeitsmappe, der Strategienpool sowie<br />

das Selbstseinschätzungsmodul regen<br />

den <strong>Lernen</strong>den an, seine Kompetenzen<br />

bewusst zu reflektieren.<br />

Das Problem, das man sich durch die Offenheit<br />

der möglichen Lernwege einhandelt, ist<br />

die mit der Navigation verb<strong>und</strong>ene, so genannte<br />

kognitive Überlastung. Das notorische<br />

Phänomen bei der Rezeption von Hypertexten,<br />

das gleichsam exponentiell mit ihrer<br />

Konnektivität anwächst, lautet "lost in hyperspace".<br />

Die Desorientierung des <strong>Lernen</strong>den<br />

über seine Herkunft, seine aktuelle Position<br />

<strong>und</strong> seine möglichen Wege sowie die<br />

fehlende Übersicht über seinen Lernweg <strong>im</strong><br />

Gesamtkontext können zu Frustration <strong>und</strong><br />

Lernabbruch führen. Dies kann durch den<br />

Einsatz von unterschiedlichen Navigationshilfen<br />

vermieden werden (vgl. Blumstengel<br />

1998). Man beachte die metaphorische Fantasie<br />

bei der Bezeichnung solcher Hilfen:<br />

20<br />

• Netzwerke <strong>und</strong> Landkarten (z.B. als advanced<br />

organizer). Mit ihnen kann der<br />

Lerner <strong>im</strong> Prinzip eine globale Lernplanung<br />

in einer komplexen Struktur durchführen.<br />

Dies stellt jedoch hohe Anforderungen.<br />

Solche cognitive maps können<br />

als semantisches Netz sogar zum Konstruktionsprinzip<br />

einer modularen Wissensbasis<br />

werden (Seeger 2003).<br />

• Tourvorschläge (guided tours, trails) sind<br />

vorgefertigte lineare Durchgänge durch<br />

einen Hypertext. Sie können als didaktischer<br />

roter Faden dienen <strong>und</strong> Lerner bei<br />

der Navigation unterstützen.<br />

• Fischaugensichten (fisheye views) zeigen<br />

die lokale Position <strong>und</strong> die nähere Umgebung<br />

an.<br />

• Leseprotokolle (history, backtracking) geben<br />

Informationen über den zurückliegenden<br />

Weg. Solche Informationen lassen<br />

sich auch in die Knoten integrieren.<br />

• Bearbeitungskennzeichen (breadcrumbs)<br />

deuten an, ob <strong>und</strong> wie oft man eine Seite<br />

besucht hat, ggf. auch in welche Richtung<br />

man sie be<strong>im</strong> letzten Mal verlassen hat<br />

(Ariadnefäden).<br />

• Navigationsempfehlungen unterstützen<br />

den <strong>Lernen</strong>den bei der Linkauswahl (next<br />

best).<br />

• Lesezeichen (bookmarks) ermöglichen<br />

dem Lerner, ausgewählte Stellen zu sammeln.<br />

Diese Funktionen lassen sich vielfältig kombinieren<br />

<strong>und</strong> erweitern. Auch können sie<br />

durch virtuelle, grafische Repräsentationssysteme<br />

dargestellt werden (virtuelle 3D-<br />

Welten, Avatare).<br />

Viele Lernumgebungen lassen sich hinsichtlich<br />

des hier explizierten Offenheitskriteriums<br />

klassifizieren:<br />

• Welche Topologie der Lernwege erlaubt<br />

die Lernumgebung?<br />

• Welche Navigationswerkzeuge unterstützten<br />

den <strong>Lernen</strong>den?<br />

• Welche Möglichkeiten der eigenen Mitgestaltung<br />

hat der <strong>Lernen</strong>de?<br />

Beispiele <strong>und</strong> Erfahrungen mit komplexeren<br />

hypermedialen Lernumgebungen für den<br />

schulischen <strong>Mathematik</strong>unterricht sind allerdings<br />

rar. Hinzuweisen ist auf ein Modellprojekt<br />

des Landes NRW, das in Kooperation<br />

mit Schulbuchverlagen <strong>im</strong> Rahmen des Projektes<br />

SelGO ("Selbstlernen in der gymnasialen<br />

Oberstufe") eine Lernplattform erstellt<br />

<strong>und</strong> erprobt (www.selgo.de). Im Bereich der

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