WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Auffallend ist, dass fast alle Studierenden in<br />
der Vorlesung wie gewohnt mitschreiben. Als<br />
Gründe hierfür nennen sie zwei Argumente:<br />
• Was man selbst mitgeschrieben hat,<br />
bleibt besser <strong>im</strong> Gedächtnis.<br />
• Wenn man selbst mitschreibt, "hat man<br />
etwas in der Hand".<br />
Als Gegenargument wird angeführt, dass ein<br />
Mitschreiben angesichts von MaDiN überflüssig<br />
ist, so dass man sich besser auf die Inhalte<br />
der Vorlesung konzentrieren kann. Die<br />
Begründungen der Studierenden <strong>—</strong> egal wie<br />
sie lauten <strong>—</strong> wirken allerdings meist oberflächlich<br />
<strong>und</strong> basieren wohl eher auf Gefühlen<br />
als auf einer Reflexion des eigenen Arbeitsverhaltens.<br />
Ein Problem besteht jedoch wirklich: Die<br />
Studierenden erkannten in beiden Vorlesungen<br />
nicht <strong>im</strong>mer einen Zusammenhang zwischen<br />
dem Medium, mit dem ein Lerninhalt<br />
präsentiert wird, <strong>und</strong> der Bedeutung, die diesem<br />
Inhalt für das eigene <strong>Lernen</strong> zukommt.<br />
4.5 Übungen<br />
Während regelmäßig abzugebende Übungen<br />
den Studierenden der Uni Würzburg vertraut<br />
sind, scheint dies für Studierende der PH<br />
Weingarten weit gehend neu zu sein: Mehrere<br />
Studierenden dort geben an, dass sie aufgr<strong>und</strong><br />
der Übungen mehr für die Lehrveranstaltung<br />
getan <strong>und</strong> kontinuierlicher mitgearbeitet<br />
<strong>und</strong> -gelernt hätten als sonst. Sie stufen<br />
die evaluierte Lehrveranstaltung als aufwändiger,<br />
aber auch deutlich effektiver als<br />
andere ein. Die wöchentlichen Arbeitsaufträge<br />
<strong>und</strong> die "soziale Kontrolle" des Diskussionsforums<br />
scheinen sich diesbezüglich positiv<br />
auszuwirken.<br />
Wenn die Studierenden die Übungsaufgaben<br />
lösen, so stützen sie sich <strong>—</strong> je nach Verfügbarkeit<br />
<strong>und</strong> Arbeitsauftrag in unterschiedlicher<br />
Reihenfolge <strong>und</strong> Gewichtung <strong>—</strong> <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
auf drei Quellen:<br />
• die eigene Mitschrift aus der Vorlesung,<br />
• die entsprechenden Seiten in MaDiN <strong>und</strong><br />
• die Suche <strong>im</strong> <strong>WWW</strong> per Suchmaschine<br />
(meist wird Google genannt).<br />
Hinzu kommen noch vereinzelt Schulbücher<br />
oder andere Materialien. Kein einziger der<br />
Studierenden nutzte die Literaturangaben in<br />
MaDiN <strong>und</strong> besuchte aus Anlass der Lehrveranstaltung<br />
die Hochschulbibliothek.<br />
Bei der Informationsbeschaffung <strong>im</strong> <strong>WWW</strong><br />
offenbaren die Interviews zwei Problemfelder:<br />
Wie lernen Studierende in internetgestützten Lehrveranstaltungen?<br />
• Das übliche Verfahren ist das Eintippen<br />
von Schlagworten in eine Suchmaschine.<br />
Die Studierenden verfügen auch hier nicht<br />
über adäquate Arbeitstechniken (vgl. 4.1):<br />
Sie nutzen weder eine gezielte Verknüpfung<br />
von Suchbegriffen, noch andere Recherchemöglichkeiten<br />
wie spezielle <strong>Internet</strong>portale.<br />
• Das Problem der Qualitätskontrolle haben<br />
einige der Studierenden bislang noch<br />
nicht reflektiert, andere glauben, es durch<br />
ein Vergleichen mehrerer gef<strong>und</strong>ener Dokumente<br />
bewältigen zu können.<br />
4.6 Diskussionsforum<br />
In den evaluierten Lehrveranstaltungen wurde<br />
noch mit einem Prototypen des Diskussionsforums<br />
gearbeitet: Es besaß nur eine lineare<br />
Struktur, alle Beiträge erschienen in<br />
chronologisch Reihenfolge, was dazu führte,<br />
dass es eine einzige, lange Seite war. Dadurch<br />
war es auch nicht möglich, gezielt auf<br />
einzelne Beiträge zu antworten. Das Diskussionsforum<br />
hatte also eher die Funktion einer<br />
Pinnwand, an die jeder ein Statement heften<br />
kann.<br />
Kaum ein anderes Element der Lehrveranstaltung<br />
spaltet die Gemüter so sehr wie das<br />
Diskussionsforum:<br />
• Ein Teil der Studierenden wertet das<br />
Schreiben von Beiträgen positiv: Die Antwort<br />
auf eine <strong>im</strong> ersten Augenblick einfach<br />
erscheinende Frage schriftlich ausformulieren<br />
zu müssen, wird als eine<br />
wertvolle Erfahrung beschrieben.<br />
• Für andere Studierende scheint das Verfassen<br />
von Beiträgen nur eine Pflichtübung<br />
zu sein. Dies äußert sich in verschiedenen<br />
typischen Verhaltensweisen:<br />
Der eigene Beitrag wird auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
der schon <strong>im</strong> Diskussionsforum stehenden<br />
Beiträge verfasst, er wird diesen<br />
<strong>im</strong> Umfang, in der Zahl der Argumente<br />
<strong>und</strong> <strong>im</strong> Inhalt angeglichen. Das "Abschreiben"<br />
von Beiträgen führt letztlich dazu,<br />
dass sich zahlreiche Beiträge ähneln oder<br />
gar gleichen. Es wird ferner darauf geachtet,<br />
dass der Beitrag die <strong>—</strong> vermutete <strong>—</strong><br />
Meinung des Dozenten wiedergibt <strong>und</strong><br />
nicht die eigene.<br />
Die Analyse der Beiträge zeigt dementsprechend<br />
ein breites Spektrum von Beiträgen,<br />
das von kurzen, naiv wirkenden <strong>und</strong> emotional<br />
geprägten Äußerungen bis hin zu umfangreicheren<br />
Beiträgen mit einer ausdifferenzierten<br />
<strong>und</strong> abwägenden Argumentationsstruktur<br />
reicht.<br />
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