WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Die Abhängigkeit von den alten Rechenmeistern<br />
hat aufgehört. Jedermann (jedefrau)<br />
kann mit der neuen Methode selbst rechnen.<br />
Bald freilich erhält die Schule das Monopol,<br />
Zertifikate über die individuellen Rechenfähigkeiten<br />
auszustellen. Nicht viel mehr dauert<br />
es, bis der Missbrauch dieses Monopols zum<br />
Regelfall wird <strong>und</strong> die Lehrerschaft ihre Misserfolge<br />
be<strong>im</strong> <strong>Lehren</strong> durch gute Noten zuzudecken<br />
beginnt, das heißt, Lehrerfolge werden<br />
nicht an externen Kriterien gemessen.<br />
Vielmehr kann jeder einzelne Lehrer (oder<br />
Hochschullehrer trotz ETCS) seine eigenen<br />
Maßstäbe verwenden. Der Manipulation sind<br />
Tür <strong>und</strong> Tor geöffnet.<br />
Zusammenfassend kann Frage 1 jetzt beantwortet<br />
werden: <strong>Mathematik</strong> muß nicht gelehrt,<br />
sie muss vielmehr gelernt, erf<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> entdeckt werden. Manchmal kann ein<br />
Lehrer dabei helfen, manchmal ist der Erfolg<br />
ohne Lehrer größer <strong>und</strong> vor allem interindividuell<br />
vergleichbar. Die "soft skills" werden bei<br />
selbstorganisiertem <strong>Lernen</strong> besser entwickelt.<br />
Ergänzung 1<br />
Je besser <strong>und</strong> vielfältiger die Rückmeldungen<br />
durch das Lernmaterial, desto "angenehmer"<br />
das <strong>Lernen</strong>.<br />
Ergänzung 2<br />
Nur solange Berechtigungen an Schulnoten<br />
geknüpft sind <strong>und</strong> solange Schulnoten nur<br />
von Lehrern vergeben werden dürfen, sind<br />
Lehrer unverzichtbar, aber ohne externe<br />
Kontrolle unterliegen sie (durch Schulverwaltung,<br />
Kollegen, Eltern, Politik!) einem korrumpierenden<br />
Druck, Noten zu schönen.<br />
Ich habe dazu einen Traum:<br />
Die Ziele des <strong>Lernen</strong>s sind so formuliert,<br />
dass das Lernsubjekt selbst seinen Abstand<br />
von den Zielen feststellen kann. Aus<br />
"Wer lehrt, prüft!"<br />
wird<br />
"Wer lehrt, darf nicht prüfen!"<br />
Man kann diesen Traum auch den Traum<br />
von Chancengleichheit <strong>und</strong> Chancengerechtigkeit<br />
nennen. Das <strong>Internet</strong> macht diesen<br />
Traum technisch möglich.<br />
2<br />
Der Traum ist die Antwort auf Frage 2:<br />
Kann das <strong>Internet</strong> das <strong>Lernen</strong> von <strong>Mathematik</strong><br />
fördern? <strong>—</strong> Ja, wenn man will!<br />
Vom 19. ins 21. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>—</strong> Ändert das <strong>Internet</strong> die Chancen?<br />
3<br />
Wie kann festgestellt werden, ob <strong>Mathematik</strong><br />
gelernt worden ist?<br />
Zunächst: Wer stellt das fest?<br />
- Der Lehrer <strong>—</strong> in der derzeitigen Schule.<br />
Das ist der status quo.<br />
- Dritte <strong>—</strong> TIMSS, PISA, zentrale Vergleichsarbeiten;<br />
das Beurteilungsmonopol<br />
der Institutionen wird dabei nicht in Frage<br />
gestellt.<br />
- Das lernende Subjekt selbst; <strong>—</strong> der<br />
Traum vom selbstorganisierten <strong>Lernen</strong>;<br />
technische Schwierigkeiten wären dazu<br />
nicht mehr zu überwinden.<br />
Zur Thematik wird auf einschlägige Abschnitte<br />
der Sites [1] – [4] verwiesen:<br />
Die Stellungnahme der B<strong>und</strong>esvereinigung<br />
der Deutschen Arbeitgeberverbände (online<br />
seit 8.9.03; kein Ort innerhalb des Sites zitierbar)<br />
akzeptiert <strong>im</strong> Wesentlichen die aufgeführten<br />
Ausarbeitungen, das heißt, die offiziellen<br />
Äußerungen des BMBF [2], das das<br />
Sagen haben möchte, <strong>und</strong> der KMK [3], die<br />
das Sagen hat. Die Ausarbeitung des BMBF<br />
ignoriert die heutigen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung<br />
vollständig; es beschäftigt<br />
sich deskriptiv mit der Schule <strong>und</strong> soziologischen<br />
Fragen der Vergangenheit vornehmlich<br />
der letzten 50 Jahre. In den ersten<br />
KMK-"Standards" verweisen zwar die Englischdidaktiker<br />
auf ausländische <strong>Internet</strong>veröffentlichungen,<br />
stellen jedoch herkömmliche<br />
Modelle der Lernorganisation nicht in Frage.<br />
Was die KMK als "Standards" bezeichnet,<br />
hat indessen mit einem Standard wenig zu<br />
tun. Worin besteht zum Beispiel die Standardisierung<br />
bei der Formulierung "Die Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler entwickeln sinntragende<br />
Vorstellungen von natürlichen, ganzen, gebrochenen<br />
<strong>und</strong> rationalen Zahlen <strong>und</strong> nutzen<br />
diese entsprechend der Verwendungsnotwendigkeit."<br />
Verbindlichkeit ist keine zu erkennen;<br />
die Interpretationsspielraum ist riesig.<br />
Die Interpretation wird Tausenden von <strong>Mathematik</strong>lehrern<br />
aufgebürdet, weil sich die<br />
Behörde um die Formulierung konkreter Anforderungen<br />
drückt. Gegebenenfalls kann sie<br />
den Schwarzen Peter <strong>im</strong>mer an die Lehrer<br />
weitergeben. Man muss sich auch einmal<br />
klar machen, welche Verschwendung von<br />
Ressourcen damit verb<strong>und</strong>en ist, dass jeder<br />
einzelne Lehrer gezwungen wird, aus einem<br />
solchen Wortgeklingel ein tragbares Unterrichtskonzept<br />
zu entwickeln. Jede Lehrkraft<br />
muss selbst entscheiden, was sie für Anfor-<br />
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