WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Siegfried Zseby<br />
4 Betreuung (E-Moderation)<br />
Inhalt (Content) ist eine notwendige Voraussetzung<br />
für die Arbeit mit einer Lernplattform.<br />
Dass die wichtigste Komponente noch fehlt,<br />
ahnt man, wenn man erfährt, dass das MIT,<br />
also eine der renommiertesten Forschungs<strong>und</strong><br />
Lehrstätten der Welt, sich bereits vor einigen<br />
Jahren entschlossen hat, seine Inhalte<br />
frei zur Verfügung zu stellen. Das Besondere<br />
an der dortigen Ausbildung ist offenbar nicht<br />
das Material selbst, sondern die Art, wie <strong>Lehren</strong>de<br />
<strong>und</strong> <strong>Lernen</strong>de damit einen Lernprozess<br />
gestalten.<br />
Ich habe selbst an zwei umfangreichen Online-Seminaren<br />
teilgenommen, die jeweils<br />
länger als drei Monate dauerten <strong>und</strong> intensive<br />
regelmäßige Mitarbeit erforderten.<br />
Das erste Beispiel wendete sich an Sprachdozenten<br />
Berliner Volkshochschulen, die zu<br />
Betreuern von Online-Unterricht ausgebildet<br />
wurden. Die zehn DozentInnen hatten reichhaltige<br />
Erfahrung <strong>im</strong> Sprachunterricht verschiedener<br />
Fremdsprachen: Englisch, Französisch,<br />
Spanisch <strong>und</strong> Italienisch. Ich nahm<br />
mit meinen bescheidenen Fremdsprachenkenntnissen<br />
als Gast teil. In der frei zugänglichen<br />
Lernplattform MSN Groups arbeiteten<br />
wir in der Gruppe "Polyglott" zunächst in der<br />
Rolle der Teilnehmer, später konnten wir<br />
auch jeweils eigene Gruppen gründen, in der<br />
jeder die Rolle des Managers mit entsprechend<br />
umfangreicheren Kompetenzen übernehmen<br />
konnte. Die technische <strong>und</strong> didaktische<br />
Betreuung der Teilnehmer erfolgte arbeitsteilig<br />
durch zwei Personen, <strong>und</strong> es gab<br />
etwa alle zwei Wochen ein halbtägiges persönliches<br />
Treffen.<br />
Das zweite Beispiel war ein von der Universität<br />
Saarbrücken organisiertes internationales<br />
Online-Seminar namens "IKARUS", bei<br />
dem kein persönlicher Kontakt (face to face)<br />
vorgesehen war. Dabei wurden ebenfalls die<br />
Möglichkeiten des E-Learning behandelt. Die<br />
Arbeit wurde in wechselnden Gruppen durchgeführt,<br />
individueller Beitrag war eine Abschlussarbeit<br />
mit einem selbst gewählten<br />
Thema aus dem Bereich E-Learning, außerdem<br />
mussten jede Woche nicht ganz einfache<br />
Quiz-Aufgaben bearbeitet werden, die<br />
Recherchen <strong>im</strong> <strong>Internet</strong> erforderten <strong>und</strong> als<br />
Multiple-Choice-Aufgabe formuliert waren.<br />
Die Gruppenaufgaben wurden in Foren diskutiert,<br />
<strong>und</strong> die Ergebnisse wurden den Tutoren<br />
zugeschickt. Termine waren klar vorgegeben.<br />
In beiden Fällen hatte ich das Glück, von hervorragenden<br />
Betreuern angeleitet zu werden.<br />
212<br />
Dies hat mich ermutigt <strong>—</strong> <strong>und</strong> hoffentlich befähigt<br />
<strong>—</strong> mit unserer Lernplattform ILIAS <strong>und</strong><br />
den selbst erstellten Lerneinheiten die ersten<br />
Lehrveranstaltungen, die selbstverständlich<br />
<strong>im</strong> Präsenzstudium durchgeführt werden,<br />
durch E-Learning zu ergänzen. Neben den<br />
erwähnten praktischen Erfahrungen als Teilnehmer<br />
an Online-Seminaren möchte ich als<br />
theoretische Gr<strong>und</strong>lage der neuen Betreuungsform<br />
exemplarisch das Buch von Gilly<br />
Salmon (2000) über "E-Moderating" nennen.<br />
In diesem Buch nennt Gilly Salmon fünf Stufen,<br />
die ein E-Moderator durchlaufen sollte:<br />
1. Zugang <strong>und</strong> Motivation<br />
2. Online-Sozialisation<br />
3. Informationsaustausch<br />
4. Wissenserwerb<br />
5. Entwicklung<br />
Die fünf Stufen sind die Gr<strong>und</strong>lage ihrer Moderatoren-Schulung.<br />
Jede Stufe enthält einerseits<br />
die für die Teilnehmer beschriebenen<br />
Lernziele, andererseits die erwarteten<br />
Aktivitäten des Moderators.<br />
Stufe 1 erfordert in technischer Hinsicht von<br />
den Teilnehmern die Vorbereitung des eigenen<br />
PC-Systems für den Zugang, auf der<br />
anderen Seite eine Begrüßung <strong>und</strong> Ermutigung<br />
durch den Moderator.<br />
Stufe 2 sollte etwa auf der technischen Seite<br />
das Senden <strong>und</strong> Empfangen von Mitteilungen,<br />
auf der persönlichen Seite das Überbrücken<br />
kultureller <strong>und</strong> sozialer Unterschiede<br />
beinhalten.<br />
Stufe 3 könnte sich mit der Suche nach <strong>und</strong><br />
der Bereitstellung von Lernmaterial beschäftigen,<br />
Stufe 4 mit dem Zusammenfassen <strong>und</strong> Aufbereiten<br />
der bearbeiteten Informationen <strong>und</strong><br />
Stufe 5 mit der Emanzipation von der Betreuung<br />
zur selbständigen Arbeit.<br />
Meine eigenen Erfahrungen begannen mit<br />
der Betreuung einer Lehrveranstaltung zur<br />
<strong>Mathematik</strong> (Analysis), in der die ersten vier<br />
Wochen für Finanzmathematik reserviert<br />
sind. Da ich hierfür bereits umfangreiches<br />
Material online hatte, schien mir dies ein vertretbarer<br />
Einstieg zu sein. Dadurch konnte<br />
ich mich stärker auf die Betreuung innerhalb<br />
der Lernplattform konzentrieren. Etwa 50<br />
Studierende waren registriert, ca. 35 normalerweise<br />
in der vierstündigen Lehrveranstaltung<br />
anwesend.<br />
Als äußerst zweckmäßig erwies sich die Aufteilung<br />
in 6 Gruppen, die ich einfach auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Matrikelnummern vornahm. In je-