WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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T<strong>im</strong>o Leuders<br />
(ii) Durch das Einbinden von menschlichen<br />
Partnern durch reale oder virtuelle<br />
Kommunikation <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
wird der Computer einer inhaltlichen<br />
Rückmeldung enthoben <strong>und</strong> ein Mensch<br />
übern<strong>im</strong>mt diese Aufgabe. Mehr hierzu<br />
weiter unten unter (d).<br />
An dieser Stelle sollen die folgenden Lösungsansätze<br />
näher betrachtet werden:<br />
(iii) Öffnung von Lernwegen durch offene<br />
Aufträge<br />
(iv) Öffnung von Lernwegen durch Hypertextformate<br />
(v) Öffnung der Wissensbasis durch Zugriff<br />
auf das <strong>Internet</strong><br />
(vi) insbesondere in der <strong>Mathematik</strong>: Nutzung<br />
offener Werkzeuge (z.B. CAS)<br />
zu (iii):<br />
Offene Arbeitsaufträge können vom Computer<br />
zwar übermittelt, aber die Arbeitsergebnisse<br />
der <strong>Lernen</strong>den nur äußerst beschränkt<br />
evaluiert werden. Nur wenige Systeme<br />
(z.B. Problemlösemodule, die Konstruktionsverfolgung<br />
bei Cinderella oder die bislang<br />
nicht verwirklichten so genannten<br />
PeCAS (Kutzler 2001)) begleiten den Nutzer<br />
inhaltlich oder heuristisch auf dem Problemlöseweg.<br />
Ein ganz anderer Weg, mit offenen, nicht kalkulierbaren<br />
Ergebnissen umzugehen, ist wiederum<br />
die Integration kommunikativer Komponenten,<br />
wie unter (ii) angedeutet <strong>und</strong> weiter<br />
unten unter (d) beschrieben.<br />
zu (iv):<br />
Eine weitere, oft anzutreffende Lösung für<br />
das Offenheitsproblem besteht in der Konstruktion<br />
von Hypertext-Umgebungen, die<br />
man bei Einbindung von anderen Medien als<br />
Texten (Bilder, Video, etc.) auch als Hypermedia-Umgebungen<br />
bezeichnet. Das Hypertextprinzip<br />
ist wesentlich älter als seine Verwendung<br />
<strong>im</strong> Computerbereich (Burbules &<br />
Callister 1996), hat aber mit dem World-<br />
Wide-Web eine enorme Aufmerksamkeit erlangt.<br />
Auch in pädagogischen Kontexten treffen<br />
Hypertextsysteme auf zunehmendes Interesse<br />
(Tergan 1997, Blumstengel 1998).<br />
Die netzartige Wissensrepräsentation des<br />
Hypertextformates übt eine große Faszination<br />
auf diejenigen aus, die sich mit menschlicher<br />
Kognition beschäftigen; <strong>—</strong> man spricht<br />
hier auch von der so genanten "kognitiven<br />
Plausibilität" von Hypertext. Während der<br />
Computer als linear-algorithmisch arbeiten-<br />
18<br />
der Apparat das kybernetische Bild des Menschen<br />
als informationsverarbeitende Maschine<br />
<strong>und</strong> damit das instruktionistische Paradigma<br />
repräsentiert, ist die Netzmetapher<br />
dem konstruktivistischen Bild menschlicher<br />
Kognition wesentlich näher. Hierzu haben<br />
auch die wachsende Popularität erlangenden<br />
Erkenntnisse der Neurobiologie beigetragen:<br />
Das kognitive System des Menschen ist<br />
schon physiologisch als Netz organisiert.<br />
Wissen ist verteilt in Aktivitätsmustern <strong>und</strong><br />
nicht etwa als Repräsentation einer externen<br />
Realität gespeichert. Auch die psychologischen<br />
Erklärungen für Wissensrepräsentation<br />
bedienen sich zunehmend der Metapher<br />
der Vernetzung. Vannevar Bushs prophetischer<br />
Brückenschlag (1945) vom menschlichen<br />
Gehirn zum memex, dem interaktiven<br />
<strong>und</strong> vernetzten Wissensspeicher, scheint <strong>im</strong><br />
<strong>Internet</strong> als "anarchischem, kognitivem Superorganismus"<br />
Wirklichkeit geworden zu<br />
sein (Barabasi 2002).<br />
Welche Strukturen können hypertextartige<br />
Lernumgebungen haben? Neben den inhaltstragenden<br />
Modulen (Knoten) enthält ein Hypertext<br />
eine Zahl von Verbindungen (Links,<br />
Kanten), die Informationen über den semantischen<br />
oder argumentativen Zusammenhang<br />
der Knoten tragen. Dabei können äußerst unterschiedliche,<br />
einfache <strong>und</strong> komplexere<br />
Strukturen repräsentiert werden (Abb. 6), die<br />
man alle mit den mathematischen Begrifflichkeiten<br />
gerichteter Grafen (Digrafen) beschreiben<br />
kann:<br />
Abb. 6: Verschiedene Strukturen eines Hypertextes<br />
• Ketten (bei klassischen linearen Texten)<br />
• Bäume (z.B. bei klassischen linearen Texten<br />
mit Fußnoten)<br />
• kreisfreie Grafen (z.B. bei Lernprogrammen<br />
ohne Wiederholung)<br />
• Grafen mit Kreisen (z.B. für hermeneutische<br />
Textzugänge)<br />
• Grafen mit Clusterstrukturen (z.B. bei<br />
mehreren, unabhängigen Lernbereichen)