WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Siegfried Zseby<br />
Programmierquellen offengelegt, von zahlreichen<br />
Experten weiterentwickelt <strong>und</strong> kostenlos<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Da ich also bereits seit 1998 Erfahrungen mit<br />
dem LAMP-System (Linux, Apache-Webserver,<br />
MySQL-Datenbank, PHP-Skriptsprache)<br />
hatte, war ich insbesondere an einer Open-<br />
Source-Lernplattform interessiert.<br />
Die Lernplattform "ILIAS Open Source" mit<br />
eben diesen Charakteristika hat in mehreren<br />
Vergleichsstudien recht gut abgeschnitten.<br />
Deshalb schien sie mir eine realistische Alternative<br />
zu international etablierten kommerziellen<br />
Plattformen wie WebCT <strong>und</strong> Blackboard<br />
zu sein.<br />
ILIAS wurde an der Universität zu Köln entwickelt<br />
<strong>und</strong> steht für "Integriertes Lern-, Informations-<br />
<strong>und</strong> ArbeitskooperationsSystem".<br />
Für die Installation auf einem Testserver benötigte<br />
ein erfahrener IT-Mitarbeiter, der sich<br />
auch mit der LAMP-Architektur gut auskennt,<br />
etwa eine Woche <strong>—</strong> neben seiner laufenden<br />
Arbeit. Bereits zu diesem Zeitpunkt begegneten<br />
wir dieser Plattform mit einiger Sympathie,<br />
da der offen liegende Quellcode einen<br />
recht übersichtlichen Eindruck machte <strong>und</strong><br />
auch der Support durch bereitwillige Unterstützung<br />
der Entwickler <strong>und</strong> zahlreicher User<br />
in Diskussionsforen gewährleistet schien.<br />
Im Januar organisierte ich eine einwöchige<br />
Inhouse-Schulung durch zwei erfahrene E-<br />
Trainer, die aus dem Umfeld der Kölner Entwickler<br />
kamen. Die Schulung richtete sich an<br />
Hochschullehrer <strong>und</strong> Kollegen aus dem Bereich<br />
"Information <strong>und</strong> Kommunikation" mit<br />
dem Ziel, Lehrveranstaltungen durch interaktive<br />
Online-Angebote attraktiver <strong>und</strong> zeitgemäßer<br />
aufzubereiten. Dieses Angebot wurde<br />
sehr gut aufgenommen. Insgesamt nahmen<br />
21 Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen an der Schulung<br />
teil.<br />
Zu Beginn des Sommersemesters (April<br />
2003) haben wir neben dem Testserver einen<br />
wesentlich leistungsfähigeren Server in<br />
Betrieb genommen <strong>und</strong> darauf eine neuere<br />
ILIAS-Version installiert, die insbesondere<br />
auch die Möglichkeit des HTML-Imports bietet.<br />
Das System lief von Beginn an sehr stabil.<br />
Wir haben bisher keinerlei Probleme auf<br />
der Linux-Ebene zu beklagen.<br />
Abgesehen von der Schulung machte ich<br />
mich etwa zwei Monate lang mit den verschiedenen<br />
Rollen (Lerner, Autor, Administrator)<br />
innerhalb von ILIAS vertraut <strong>und</strong> sah<br />
mich danach in der Lage, mit Unterstützung<br />
durch einen studentischen Mitarbeiter E-<br />
Learning als Ergänzung zu meinen Präsenz-<br />
210<br />
veranstaltungen in einem bis dahin noch unklarem<br />
Umfang anzubieten.<br />
Wie man weiß, hat ILIAS auch etwas mit<br />
"Odyssee" zu tun. Mein Igel "Odysseus", der<br />
Listenreiche, war <strong>im</strong>mer mit <strong>im</strong> Boot. Einige<br />
Schwierigkeiten haben wir inzwischen kennen<br />
gelernt, <strong>und</strong> Widrigkeiten wird es sicher<br />
auch weiterhin geben. Bereits bei der Einführung<br />
der Schulung hatte ich darauf hingewiesen,<br />
dass es be<strong>im</strong> E-Learning um ein Jonglieren<br />
mit drei Bällen geht: Neben den Lerninhalten<br />
sind die didaktische Aufbereitung<br />
<strong>und</strong> die durch Medien unterstützte Präsentation<br />
<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Auge zu behalten. ILIAS dient<br />
als Medium <strong>und</strong> als Container. Wie man den<br />
Content hineinbringt, haben wir in der Schulung<br />
ein wenig geübt. Die Frage, welchen<br />
Content man anbietet <strong>und</strong> wie man ihn nutzt,<br />
wird uns sehr intensiv zu beschäftigen haben,<br />
wenn wir die Lernplattform ernsthaft nutzen<br />
wollen.<br />
3 Lerninhalte (Content)<br />
Da mit der Installation einer Lernplattform sofort<br />
der "horror vacui" (Schrecken der Leere)<br />
offensichtlich wird, ist es naheliegend,<br />
schnellstens Inhalte zu produzieren oder einzukaufen.<br />
Für <strong>Lehren</strong>de besteht eine gewisse Versuchung<br />
darin, selbst produzierte Schriften als<br />
"Skripte" an die Studierenden zu verteilen,<br />
auch wenn sie ursprünglich nicht unmittelbar<br />
als Unterlagen für eine Lehrveranstaltung<br />
vorgesehen waren. Hat man einen eigenen<br />
Webserver oder zumindest Webspace zur<br />
Verfügung, so besteht die nächste Stufe darin,<br />
seine Skripten "ins Netz zu stellen". Mit<br />
einer Lernplattform wird man schließlich diese<br />
Produkte auf die Plattform bringen <strong>und</strong> sie<br />
als "Content" bezeichnen.<br />
In allen drei Phasen sind es die technischen<br />
Möglichkeiten, die sich gegenüber den didaktischen<br />
Gesichtspunkten behaupten: der Kopierer,<br />
der Webserver, die Lernplattform. Das<br />
Ergebnis sind zunächst abgeheftete Skripten,<br />
heruntergeladene Dateien <strong>und</strong> eine Sammlung<br />
von Lesezeichen (Bookmarks).<br />
Quantität <strong>und</strong> Qualität stehen nicht selten in<br />
einem unausgewogenen Verhältnis. "Bleiwüsten"<br />
textlastiger Inhalte, unzumutbare<br />
Formatierungen, gut gemeinte Illustrationen<br />
erzielen bei den <strong>Lernen</strong>den nicht den erhofften<br />
Erfolg. Frustration auf beiden Seiten setzt<br />
eine Abwärtsspirale in Gang, die sich möglicherweise<br />
auf einem unteren Niveau stabilisiert.