WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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T<strong>im</strong>o Leuders<br />
Die technischen Voraussetzungen des Online-Zugangs<br />
haben sich offensichtlich so<br />
weit entwickelt, dass wir den notwendigen<br />
Rahmenbedingungen einer breiten schulischen<br />
Nutzung des Mediums <strong>Internet</strong> ein<br />
wesentliches Stück näher gerückt sind. Um<br />
aber nicht einer bildungspolitischen Philosophie,<br />
die sich am technisch Machbaren orientiert,<br />
zu erliegen, sind aber ebenso die hinreichenden<br />
Bedingungen zu prüfen, also die<br />
bildungstheoretischen, mediendidaktischen<br />
<strong>und</strong> fachbezogenen Argumente (vgl. z.B. von<br />
Hentig 2002, Stoll 2001, Döring 1997, Schumann<br />
2003).<br />
De facto ist die Förderung der <strong>Internet</strong>nutzung<br />
in der Schule bereits zu einem bedeutenden<br />
bildungspolitischen Topos geworden.<br />
Die Realität in der Schule vermittelt dabei<br />
zurzeit etwa das folgende Bild: Auch wenn in<br />
Deutschland ca. 95% aller Schulen am Netz<br />
sind <strong>und</strong> 80% aller Schüler prinzipiell schulischen<br />
Netzzugang haben, stehen an den<br />
Sek<strong>und</strong>arschulen <strong>im</strong> Schnitt nur ca. 16 Computer<br />
mit <strong>Internet</strong>zugang zur Verfügung<br />
(BMBF 2002). Mit einem Zugangsverhältnis<br />
von 40 Schülern pro <strong>Internet</strong>computer liegen<br />
deutsche Schulen <strong>im</strong> europäischen Vergleich<br />
weit hinten (in Skandinavien beträgt die Quote<br />
5:1 bis 10:1) (Kommission der Europäischen<br />
Gemeinschaften 2001). Das bedeutet<br />
rein rechnerisch, dass selbst bei einer fiktiven<br />
Zahl von 40 Schulst<strong>und</strong>en pro Woche<br />
(einschließlich Nachmittagszugang) jeder<br />
Schüler nur höchstens eine St<strong>und</strong>e am schulischen<br />
<strong>Internet</strong>-PC zur Verfügung hat.<br />
Aus Lehrersicht ergibt sich folgendes Bild:<br />
"Weniger als vier von zehn Lehrern in Europa<br />
nutzen das <strong>Internet</strong> <strong>im</strong> Unterricht. Als Hauptgr<strong>und</strong><br />
hierfür wird die unzureichende Ausstattung<br />
angeführt. Nur jeder fünfte Lehrer<br />
hält das <strong>Internet</strong> für den Unterricht für irrelevant,<br />
<strong>und</strong> weniger als jeder zehnte führt<br />
mangelnde Vertrautheit als Gr<strong>und</strong> an. [...]<br />
neun von zehn Lehrern [sind] davon überzeugt,<br />
dass sich die Art ihres Unterrichts<br />
durch das <strong>Internet</strong> bereits geändert hat oder<br />
dass dies früher oder später geschehen wird.<br />
Dies deutet darauf hin, dass die große Mehrheit<br />
der europäischen Lehrer neuen Technologien<br />
<strong>und</strong> den damit einhergehenden Veränderungen<br />
offen gegenübersteht." (ebd.)<br />
Die Verfügbarkeitsbedingungen des <strong>Internet</strong>s<br />
an Schulen sind wesentlich auf bildungs- <strong>und</strong><br />
finanzpolitische Einflussfaktoren zurückzuführen.<br />
Das Medium wird noch wesentlich als<br />
Ergänzung zum traditionellen Medienkanon<br />
gesehen. Zukünftig ist aber durchaus zu erwarten,<br />
dass das <strong>Internet</strong> als Instrument von<br />
(Finanz-) Reformen <strong>im</strong> Bildungsbereich<br />
8<br />
wahrgenommen wird. Das betrifft u.a. die<br />
Produktion von Schulbüchern <strong>und</strong> anderen<br />
Lehrmaterialien, aber auch die Kosten für<br />
pädagogisches Personal. Das Argument der<br />
Kostenreduktion erscheint hier aber sowohl<br />
ökonomisch kurzsichtig als auch mit dem Erziehungsauftrag<br />
von Schule unvereinbar:<br />
Hochwertige Lehrmittel <strong>und</strong> gute Lehrer lassen<br />
sich auch langfristig nicht wegrationalisieren.<br />
Gute Gründe für dieses Postulat lassen<br />
sich aus einer bildungs- <strong>und</strong> lehr/lerntheoretischen<br />
Perspektive gewinnen. Sie finden<br />
sich <strong>im</strong> folgenden Abschnitt.<br />
Weitere schulbezogene, technische Entwicklungstendenzen<br />
des <strong>Internet</strong>s können hier<br />
nur angerissen werden:<br />
• Die didaktifizierten <strong>und</strong> nicht-didaktifizierten<br />
fachbezogenen Angebote nehmen in<br />
ihrer Vielfalt weiterhin zu. Dabei kommen<br />
auch <strong>im</strong>mer wieder qualitativ hochwertige<br />
Angebote hinzu. Insbesondere wächst<br />
das Angebot unterrichtlich bedeutsamer<br />
<strong>und</strong> praktisch nutzbarer Real-World-<br />
Probleme <strong>und</strong> Daten (z.B. Statistisches<br />
B<strong>und</strong>esamt: www.destatis.de, Weltbevölkerungsuhr:<br />
www.dsw-online.de).<br />
• Der Aspekt der Nutzerfre<strong>und</strong>lichkeit (z.B.<br />
mult<strong>im</strong>ediale Aufbereitung, intuitive Bedienung,<br />
Autorentools für das World Wide<br />
Publishing) wird zu einem <strong>im</strong>mer wichtigeren<br />
Qualitätskriterium bei neuen Angeboten.<br />
• Die Grenzen zwischen online- <strong>und</strong> offline-<br />
Software verwischen. Systeme werden<br />
serverseitig angeboten (z.B. Server-CAS)<br />
oder laufen clientseitig innerhalb des <strong>Internet</strong>browers<br />
(z.B. java-basierte DGS).<br />
Dadurch werden sie insbesondere plattformunabhängig.<br />
Ein Indikator hierfür ist,<br />
dass sich die didaktische Softwareprüfung,<br />
die sich bislang mit Produkten auf<br />
CD beschäftigte, auch auf das <strong>Internet</strong><br />
ausweitet.<br />
• Die Möglichkeiten der Interaktionen eines<br />
Nutzers mit einer Software oder von Nutzern<br />
untereinander via Software werden<br />
stetig vielfältiger. Die Zeiten der Beschränkung<br />
des <strong>WWW</strong> auf das Abrufen<br />
von Hypertextdokumenten sind lange vorbei.<br />
Vielfältige Instrumente der Kooperation<br />
<strong>und</strong> Kommunikation zwischen Nutzern<br />
(CSCW = Computer Supported Cooperative<br />
Work) sind bereits in der beruflichen<br />
Praxis mancher Bereiche Standard. Sie<br />
führen traditionelle <strong>Internet</strong>dienste wie E-<br />
Mail, Newsgroups <strong>und</strong> Foren weiter.<br />
Bei der Nutzung der hier angeschnittenen<br />
Technologien <strong>im</strong> schulischen Kontext macht