WWW und Mathematik — Lehren und Lernen im Internet
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Andreas Pallack<br />
108). Nicht zuletzt wird künftig erwartet, dass<br />
Schulabsolventen Informationsnetze <strong>und</strong><br />
vernetzte Computer kompetent nutzen <strong>und</strong><br />
Daten effektiv selektieren können (Schulmeister<br />
1997, 8).<br />
Das Aussparen eines möglichen Rechnereinsatzes<br />
ignoriert Teile des Lebensumfelds<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Schüler werden<br />
darin bestätigt, dass die schulische Ausbildung<br />
nichts oder nur wenig mit ihrer jetzigen<br />
<strong>und</strong> zukünftigen Lebenswelt gemein hat<br />
(Maier 1998, 165, aber auch Frey 1998, 71).<br />
Die neuen Technologien scheinen somit den<br />
schulischen Bereich von der Lebenswelt der<br />
Schüler zu trennen. Papert (1994, 59–78) hat<br />
diese Entwicklung beobachtet <strong>und</strong> beschrieben.<br />
Er spricht von einer Immunreaktion des<br />
Systems Schule. Nachdem die ersten Rechner<br />
Einzug in die Schule hielten, wurde versucht,<br />
alte Methoden <strong>und</strong> Inhalte mit Hilfe<br />
des Rechners umzusetzen. Er sollte in das<br />
traditionelle Bild eingebaut werden. Da dies<br />
langfristig nicht sinnvoll erschien, versuchte<br />
das System Schule, ihn abzusondern. Es<br />
wurde sogar ein eigenes Fach für ihn geschaffen.<br />
Nach <strong>und</strong> nach erfolgt nun eine<br />
sinnvolle Integration, die <strong>im</strong>mer noch von<br />
heftigen Abwehrreaktionen begleitet wird.<br />
Aus dieser Sicht kann die Beziehung von<br />
Schule <strong>und</strong> Rechner zur Zeit noch als pathologisch<br />
bezeichnet werden.<br />
Wie kann jedoch Schule <strong>und</strong> vor allem der<br />
<strong>Mathematik</strong>unterricht von diesem Wandel<br />
<strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen Innovation profitieren?<br />
Kayser schrieb in Bezug auf den Einsatz<br />
von Derive <strong>im</strong> Rahmen des schulischen<br />
<strong>Mathematik</strong>unterrichts:<br />
"Arbeitsaufträge an die <strong>Lernen</strong>den <strong>—</strong> in Partner-<br />
oder Gruppenarbeit auszuführen <strong>—</strong> können<br />
nun offener formuliert werden, unsere<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler lernen, <strong>im</strong> Team<br />
zu arbeiten <strong>und</strong> Verantwortung für eine gemeinsame<br />
Aufgabe zu übernehmen, fachübergreifende<br />
Themen werden zugänglich,<br />
<strong>Mathematik</strong>unterricht wird effizienter, spannender,<br />
<strong>und</strong> zwar für <strong>Lernen</strong>de <strong>und</strong> <strong>Lehren</strong>de."<br />
(Kayser 1995, 8)<br />
Aufgr<strong>und</strong> der breiten Praxiserfahrung des<br />
angeführten Autors unterstelle ich, dass die<br />
angerissenen positiven Assoziationen (offener,<br />
Team, Verantwortung, gemeinsame Aufgabe,<br />
fächerübergreifend, effizienter, spannender)<br />
nicht Spekulation, sondern authentische<br />
Erfahrungen sind. Der Rechner erweitert<br />
das Spektrum der unterrichtlichen Möglichkeiten<br />
<strong>im</strong>mens. Trotzdem ist es <strong>im</strong>mer<br />
noch von der Lehrkraft <strong>und</strong> deren Konzeption<br />
abhängig, ob der Rechner-Einsatz fruchtbar<br />
ist.<br />
164<br />
"Wer <strong>im</strong> Unterricht keinen Computer einsetzt<br />
ist noch lange kein pädagogischer Neandertaler!";<br />
"Wer einen Computer in sein Klassenz<strong>im</strong>mer<br />
stellt, ist deshalb noch lange kein<br />
moderner Pestalozzi." (Huber 1998, 37)<br />
Dieses Zitat unterstreicht, dass die durch den<br />
Rechner ermöglichte Innovation, nicht von<br />
den Geräten selbst ausgeht. Vielmehr müssen<br />
Schüler die Notwendigkeit entdecken,<br />
dass der Einsatz nicht nur gerechtfertigt,<br />
sondern notwendig, sinnvoll oder zumindest<br />
<strong>im</strong>mens arbeitserleichternd ist (Hole 1998,<br />
43). Des Weiteren muss die Lehrkraft geeignete<br />
Provokationen entwickeln, welche den<br />
Unterricht f<strong>und</strong>ieren <strong>und</strong> dessen Inhalte motivieren.<br />
Die Integration des Rechners in traditionelle<br />
Unterrichtsstrukturen, also meist<br />
Frontalunterricht (Meyer 1987, 61), scheint<br />
nicht oder nur bedingt sinnvoll. Hier kann der<br />
Rechner zwar geschickt substituieren, jedoch<br />
keine, bzw. nur beschränkt Neuerungen induzieren.<br />
In günstigen Fällen werden affektive<br />
Lernziele des Unterrichts st<strong>im</strong>uliert.<br />
4 Integration von Aspekten<br />
der Handlungsorientierung<br />
<strong>im</strong> Statistikunterricht<br />
"Die Fähigkeit, vorgelegte Statistiken<br />
zu verstehen, zu interpretieren, sich<br />
von ihnen nicht manipulieren zu lassen<br />
<strong>und</strong> auch Statistiken selber zu erzeugen,<br />
hat <strong>im</strong> Hinblick auf die Lebensvorbereitung,<br />
auf die Weltorientierung<br />
<strong>und</strong> auf den kritischen Vernunftgebrauch<br />
einen hohen allgemeinbildenden<br />
Wert." (Hole 1998, 138)<br />
Handlungsorientierter Unterricht erfordert eine<br />
Provokation. Nachdem mir die Interessenfelder<br />
der Schüler einigermaßen bekannt <strong>und</strong><br />
auch ihre Pausengewohnheiten kein Gehe<strong>im</strong>nis<br />
mehr waren, schien es lohnenswert,<br />
die ges<strong>und</strong>heitsschädigende Wirkung von<br />
Tabak auf die Tagesordnung zu bringen. In<br />
einer frühen Phase des Unterrichts wurden<br />
die Schüler mit folgenden fiktiven Daten konfrontiert:<br />
In zwei Städten wurden jeweils sechs Todesfälle<br />
mit der Ursache Lungenkrebs dahingehend<br />
analysiert, ob <strong>und</strong> wie viele Zigaretten<br />
die Personen <strong>im</strong> Zeitraum der letzten zehn<br />
Jahre pro Tag konsumierten, mit folgenden<br />
Ergebnissen: