27.10.2013 Aufrufe

George Orwell 1984 - staticfly.net

George Orwell 1984 - staticfly.net

George Orwell 1984 - staticfly.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dem Klapptischchen, schimmerte der Glasbriefbeschwerer, den<br />

er bei seinem letzten Besuch gekauft hatte, sanft aus dem<br />

Halbdunkel hervor.<br />

Auf dem Kaminvorsatz standen ein zerbeulter<br />

Blechpetroleumkocher, ein Kessel und zwei Tassen, die Mr.<br />

Charrington zur Verfügung gestellt hatte. Winston zündete den<br />

Kocher an und setzte Wasser auf. Er hatte einen Briefumschlag<br />

voll Victory-Kaffee und ein paar Sacharintabletten mitgebracht.<br />

Die Zeiger zeigten auf zwanzig nach sieben: demnach war es<br />

also in Wirklichkeit 19.20 Uhr. Um 19.30 Uhr wollte sie<br />

kommen.<br />

Verrückt, verrückt, hämmerte sein Herz unaufhörlich: Es war<br />

eine bewusste, unverantwortliche, selbstmörderische<br />

Verrücktheit. Von allen Verbrechen, die ein Parteimitglied<br />

begehen konnte, war keines so unmöglich geheimzuhalten wie<br />

dieses. Genaugenommen war ihm der Gedanke zum erstenmal<br />

wie eine Vision durch den Sinn gegangen, als er den<br />

Briefbeschwerer sich in der Platte des Klapptisches spiegeln sah.<br />

Wie vorausgesehen, hatte Mr. Charrington keine<br />

Schwierigkeiten beim Vermieten des Zimmers gemacht.<br />

Er war offensichtlich erfreut über die paar Dollar, die ihm das<br />

einbringen würde. Auch nahm er keinen Anstoß daran, noch<br />

wurde er unangenehm vertraulich, als sich herausstellte, dass<br />

Winston das Zimmer für ein Liebesabenteuer benötigte. Statt<br />

dessen blickte er unbestimmt vor sich hin und sprach in<br />

allgemeinen Wendungen mit einer so zurückhaltenden Miene,<br />

dass man das Gefühl hatte, er sei überhaupt so gut wie<br />

unsichtbar geworden. Unter sich zu sein, meinte er, sei etwas<br />

sehr Schätzenswertes. Jeder Mensch sollte ein Plätzchen haben,<br />

wo er gelegentlich zu zweit allein sein könne.<br />

Und wenn der Betreffende ein solches Plätzchen gefunden<br />

habe, so sei es nur eine ganz gewöhnliche Anstandspflicht jedes<br />

anderen, sein Wissen darüber für sich zu behalten. Er fügte<br />

sogar hinzu - und dabei schien er sich vollends in nichts<br />

-163-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!