27.10.2013 Aufrufe

George Orwell 1984 - staticfly.net

George Orwell 1984 - staticfly.net

George Orwell 1984 - staticfly.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wenn Sie sich uns am Schluss beugen, so muss es freiwillig<br />

geschehen. Wir vernichten den Ketzer nicht, weil er uns<br />

Widerstand leistet: solange er uns Widerstand leistet, vernichten<br />

wir ihn niemals. Wir bekehren ihn, bemächtigen uns seiner<br />

geheimsten Gedanken, formen ihn um. Wir brennen alles Böse<br />

und allen Irrglauben aus ihm aus; wir ziehen ihn auf unsere<br />

Seite, nicht nur dem Anschein nach, sondern tatsächlich, mit<br />

Herz und Seele. Wir machen ihn zu einem der Unsrigen, ehe wir<br />

ihn töten. Es ist für uns unerträglich, dass irgendwo auf der Welt<br />

ein irrgläubiger Gedanke existieren sollte, mag er auch noch so<br />

geheim und machtlos sein. Sogar im Augenblick des Todes<br />

können wir keine Abweichung dulden. Früher schritt der Ketzer<br />

zum Scheiterhaufen noch immer als ein Ketzer, der sich<br />

öffentlich zu seiner Irrlehre bekannte und bei ihr beharrte.<br />

Sogar das Opfer der russischen Säuberungsaktion konnte in<br />

seinem Kopf aufrührerische Gedanken hegen, während es in<br />

Erwartung der tödlichen Kugel zum Richtplatz schritt. Wir aber<br />

bringen einem Menschen erst das richtige Denken bei, ehe wir<br />

seinen Denkapparat vernichten. Das Gebot des alten<br />

Despotismus lautete:<br />

›Du sollst nicht.‹ Das Gebot der totalitären Systeme hieß: ›Du<br />

sollst.; Unser Gebot ist: ›Sei.‹ Kein Mensch, den wir hierher<br />

bringen, hält je seinen Widerstand uns gegenüber aufrecht. Jeder<br />

wird reingewaschen. Sogar diese drei elenden Verräter, an deren<br />

Unschuld Sie einmal glaubten - Jones, Aaronson und Rutherford<br />

- haben wir am Schluss eines Besseren belehrt. Ich nahm selbst<br />

an ihrem Verhör teil. Ich sah sie langsam mürbe werden,<br />

winseln, kriechen, weinen - und zwar zuletzt nicht aus Schmerz<br />

oder Furcht, sondern lediglich aus Reue. Als wir fertig waren<br />

mit ihnen, waren sie nur noch leere Hüllen von Menschen. In<br />

ihnen war nichts anderes mehr übrig geblieben als Reue über<br />

das, was sie getan hatten, und Liebe zum Großen Bruder. Es war<br />

rührend anzusehen, wie sehr sie ihn liebten. Sie baten, rasch<br />

-307-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!