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George Orwell 1984 - staticfly.net

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Ein neues Plakat war plötzlich in London aufgetaucht. Es<br />

hatte keinen Begleittext, sondern stellte nur die drei oder vier<br />

Meter hohe, erschreckende Gestalt eines eurasischen Soldaten<br />

dar, der mit ausdruckslosem Mongolengesicht und riesigen<br />

Stiefeln, eine Maschinenpistole im Anschlag, auf den Beschauer<br />

zumarschierte.<br />

Die Mündung des perspektivisch verkürzten Laufes schien,<br />

aus welchem Gesichtswinkel man das Plakat auch betrachtete,<br />

immer geradewegs auf den Beschauer gerichtet. Das Plakat war<br />

an jeder freien Mauer angeklebt, so dass es sogar die Bilder des<br />

Großen Bruders an Zahl übertraf. Die Proles, die gewöhnlich<br />

dem Krieg gleichgültig gegenüberstanden, wurden dadurch in<br />

einen ihrer periodischen Ausbrüche von Patriotismus versetzt.<br />

Die Raketenbomben hatten, als wollten sie hinter der<br />

allgemeinen Stimmungsmache nicht zurückstehen, mehr<br />

Menschen als sonst getötet. Eine fiel auf ein vollbesetztes Kino<br />

im Stadtteil Stephney, wobei mehrere hundert Opfer unter den<br />

Trümmern verbrannten. Die gesamte Bevölkerung der<br />

Umgegend nahm an der umständlichen, gründlich organisierten<br />

Beisetzung teil, die Stunden dauerte und eine wahre<br />

Protestkundgebung war. Eine andere Bombe fiel auf ein<br />

unbebautes Terrain, das als Spielplatz diente, und riss mehrere<br />

Dutzend Kinder in Stücke. Erneute Protestkundgebungen fanden<br />

statt, ein Bildnis Goldsteins wurde symbolisch verbrannt, viele<br />

hundert Plakate mit dem eurasischen Soldaten wurden spontan<br />

abgerissen und in die Flammen geworfen, und eine Anzahl<br />

Läden wurde in dem Tumult geplündert. Dann verbreitete sich<br />

ein Gerücht, dass Spione die Salven der Raketenbomben mit<br />

Hilfe von Radiowellen lenkten, worauf das Haus eines alten<br />

Ehepaars, das man ausländischer Abstammung verdächtigte, in<br />

Brand gesteckt wurde und die beiden in den Flammen<br />

umkamen.<br />

Jetzt, seit Winston einen sicheren Unterschlupf, fast ein<br />

Zuhause hatte, schien es kaum noch eine so große<br />

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