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George Orwell 1984 - staticfly.net

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Verrückt, verrückt, dachte er von neuem. Es war<br />

unvorstellbar, dass sie diesen Treffpunkt länger als ein paar<br />

Wochen benutzen konnten, ohne ertappt zu werden. Aber die<br />

Versuchung, einen Unterschlupf zu haben, der wirklich ihnen<br />

gehörte, unter einem festen Dach und leicht erreichbar, war für<br />

sie beide zu groß gewesen. Nach ihrem letzten Treffen im<br />

Glockenturm ließ sich eine Zeitlang kein Stelldichein<br />

ermöglichen. Die Zahl der Arbeitsstunden war im Hinblick auf<br />

die kommende Hass-Woche radikal heraufgesetzt worden. Sie<br />

fand erst in mehr als einem Monat statt, aber die damit<br />

verbundenen umfangreichen und vielfältigen Vorbereitungen<br />

bürdeten jedermann Sonderarbeit auf. Endlich gelang es den<br />

beiden, sich am selben Tag einen freien Nachmittag zu<br />

verschaffen. Sie waren übereingekommen, wieder zu der<br />

Waldlichtung zu gehen. Am Abend vorher trafen sie sich kurz<br />

auf der Straße. Wie gewöhnlich sah Winston Julia kaum an, als<br />

sie in der Menge aufeinander zusteuerten, aber nach dem kurzen<br />

Blick, den er ihr zuwarf, kam es ihm so vor, als sei sie bleicher<br />

als gewöhnlich.<br />

»Es ist nichts damit«, murmelte sie, sobald sie es für<br />

ungefährlich hielt, zu sprechen. »Mit morgen, meine ich.«<br />

»Wieso?«<br />

»Morgen Nachmittag. Ich kann nicht kommen.«<br />

»Warum nicht?«<br />

»Das übliche. Es ist diesmal zu früh losgegangen.«<br />

Einen Augenblick lang packte ihn heftiger Ärger. Während<br />

der Monate ihrer Bekanntschaft hatte sich seine Einstellung zu<br />

ihr geändert. Anfangs hatte nur wenig echte Sinnlichkeit<br />

mitgespielt. Ihr erstes intimes Beisammensein war für ihn<br />

lediglich eine Willensanstrengung gewesen. Aber nach dem<br />

zweiten Mal war es anders geworden. Der Duft ihres Haares, der<br />

Geschmack ihres Mundes, die Berührung ihrer Haut schienen<br />

ihn ganz und gar, ja selbst die ihn umgebende Atmosphäre<br />

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