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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Die Juden beschwerten sich bei Kaiser Rudolf I. von Habsburg. Dieser<br />

wollte darauf <strong>Bern</strong> erobern, schaffte es aber trotz zwei Belagerungen<br />

nicht.<br />

Für Justinger ist der arme Rufilein der Vorwand, um seinem Judenhaß<br />

freien Lauf zu lassen:<br />

Die juden sint doch, <strong>die</strong> <strong>die</strong> unserem herren got <strong>und</strong> herren jesu<br />

Christ <strong>und</strong> marien siner lieben muter fluchent, bosheit, laster <strong>und</strong><br />

schand von in redent; den git man brief <strong>und</strong> ingesigel, daz si geschirmet<br />

söllen werden zu dem unrechten! (Justinger, 30).<br />

Das Verhältnis zwischen <strong>Bern</strong> <strong>und</strong> den Juden faßt der Chronist in <strong>die</strong><br />

lapidare Aussage: Also ist <strong>die</strong> stat bern je dahar mit juden beschissen<br />

gewesen (Justinger, 29).<br />

Valerius Anshelm – Justingers Alter ego – weiß noch viel mehr: Im<br />

Reformationsjahr „1528“ habe man unter dem Altar einer nicht genannten<br />

<strong>Bern</strong>er Kirche den Körper des armen Rufli wieder gef<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> neu bestattet (Anshelm, V, 245).<br />

Anshelm äußert den gleichen Judenhaß wie Justinger. Das beweist<br />

einen gleichen Schreiber hinter zwei Namen.<br />

So habe es nach Anshelm „1506“ in Lissabon einen Aufruhr wider<br />

<strong>die</strong> Marranen, also <strong>die</strong> getauften Juden gegeben, <strong>und</strong> 1930 von ihnen<br />

seien erschlagen worden. Das kommentiert der Chronist so:<br />

Wer zu der er Gots ifer hab, volge uns nach <strong>und</strong> schlahe <strong>die</strong> toufgschänder<br />

<strong>und</strong> ketzer ze tod (Anshelm, II, 423)!<br />

Stettler, der wahre Schreiber von Justinger <strong>und</strong> Anshelm, schreibt zu<br />

<strong>die</strong>sem Thema etwas mehr diplomatisch. Einerseits wirft er den Juden<br />

vor, daß sie den Heiland <strong>und</strong> Messias nicht angenommen hätten.<br />

Anderseits spricht er anerkennend von jener Religionsgemeinschaft:<br />

Unleugbar <strong>und</strong> zweifelsfrei ist das jüdische Geschlecht vor allen Nationen<br />

unter der Sonne von Gott dem Allmächtigen mit dem allerherrlichsten<br />

Segen überschüttet worden, so wie es menschlich von oben<br />

zu wünschen ist (Stettler: Annales, I, 20).<br />

Judenfeindschaft kann erst in der Barockzeit entstanden sein, dann<br />

als sich <strong>die</strong> vier Hauptreligionen – Katholizismus, Protestantismus,<br />

Judentum <strong>und</strong> Islam - dogmatisch <strong>und</strong> institutionell von dem ursprünglichen<br />

Christentum getrennt hatten.

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