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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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24<br />

Wie ich aber wieder darin las, erkannte ich bald, daß <strong>die</strong>ses Werk<br />

schon ziemlich Staub angesetzt hatte <strong>und</strong> mir nur bedingt nützlich<br />

war.<br />

Marchi schrieb sein Buch 1968. In den beiden folgenden Jahren erschien<br />

es als Zeitungsserie <strong>und</strong> wurde darauf für <strong>die</strong> Erscheinung<br />

1971 in <strong>die</strong> vorliegende Form umgeschrieben. Die ursprünglich journalistische<br />

Abfassung des Werkes erkennt man deutlich am Stil des<br />

Inhalts <strong>und</strong> an Kapitelbezeichnungen wie: Die sagenhafte Apfelschützen<br />

GmbH, Die pränatalen Gründerjahre, Die Pensionierung<br />

der Bösewichte <strong>und</strong> Rütli – Rebellion der Sennen?<br />

Die Schweizer Geschichte für Ketzer ist reich, aber chaotisch illustriert<br />

– <strong>und</strong> auch das textliche Layout ist der Lesefreude nicht angetan.<br />

- Um das Gewicht des Werkes zu erhöhen, wurde der Zürcher<br />

Geschichtsprofessor Marcel Beck um ein Vorwort gebeten – <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

bekannten Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel <strong>und</strong> Kurt Marti<br />

schrieben je einen Text als Anhang.<br />

Bei der erneuten Lektüre hatte ich Mühe, <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>idee des Buches<br />

herauszufinden. Gewiß, es geht um eine Entmystifizierung der aufgebauschten<br />

<strong>und</strong> heroisierten Geschichte der frühen Schwyzer <strong>Eidgenossen</strong>schaft.<br />

Endlich nach über h<strong>und</strong>ert Seiten erklärt Marchi sein Anliegen, durch<br />

<strong>die</strong> Widerlegung der historischen Existenz Wilhelm Tells Sage <strong>und</strong><br />

Geschichte auch in der Befreiungsgeschichte exakt zu trennen (Marchi,<br />

124).<br />

Erst jetzt erfährt der Leser, daß der Autor nicht <strong>die</strong> Entstehungsgeschichte<br />

der Schwyzer <strong>Eidgenossen</strong> als solche entlarven will, sondern<br />

nur deren märchenhafte Ausschmückung.<br />

Die Tell-Geschichte zum Beispiel sei geschaffen worden, um Herausforderungen<br />

einer späteren Zeit zu begründen. Dies sei aber<br />

heute nicht mehr nötig. Die heutige Schweizer Schule habe den jungen<br />

Staatsbürgern statt unreflektierter Abziehbildchen ein kritisches<br />

Geschichtsverständnis beizubringen (Marchi, 124).<br />

Das sind kluge <strong>und</strong> große Worte von Otto Marchi. Aber der Autor beläßt<br />

es mit allgemeinen Deklamationen. Wie ein kritisches Geschichtsbild<br />

der Schweiz beschaffen sein müßte, bleibt unklar.<br />

Und mit der Forderung, in der Geschichte Dichtung <strong>und</strong> Wahrheit zu<br />

trennen, zeigt sich Marchi nicht als Einzelner, sondern als einer unter<br />

vielen. Diese Absichtserklärung haben andere Historiker abgegeben.

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