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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Der angebliche Schwyzer Freiheitsbrief von „1240“<br />

Fridericus dei gratia Romanorum imperator semper augustus … beginnt <strong>die</strong>se Pergament-Urk<strong>und</strong>e,<br />

<strong>die</strong> heute im B<strong>und</strong>esbrief-Museum in Schwyz aufbewahrt wird.<br />

Man braucht nicht weiter zu lesen, denn der Inhalt ist haarsträubend – wie bei allen<br />

anderen derartigen Dokumenten.<br />

Das soll der Freiheitsbrief sein, welche <strong>die</strong> Leute der Talschaft Schwyz im Jahre des<br />

Herrn „1240“ von Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen bekommen haben.<br />

Was für ein Interesse konnte ein deutscher Kaiser haben, den Leuten eines Alpentals<br />

alle Freiheiten <strong>und</strong> <strong>die</strong> Reichsunabhängigkeit zu garantieren?<br />

Der Freiheitsbrief soll im Feldlager vor der belagerten Stadt Faenza in der Provinz<br />

Reggio-Emilia ausgestellt worden sein. – Wie fanden <strong>die</strong> Schwyzer Bergler ihren<br />

Kaiser in der weiten Po-Ebene? Verfügten sie vielleicht schon über ein Global Positioning-System?<br />

Die vorliegende Urk<strong>und</strong>e ist sicher spät zu datieren – vielleicht sogar nach der Mitte<br />

des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. – Johannes Stumpf meldet nämlich, daß 1240 alle Waldorte,<br />

also Uri, Schwyz <strong>und</strong> Unterwalden, vom Kaiser ein Privileg bekommen hätten.<br />

Betrachtet man <strong>die</strong>se Dokumente genau, so fallen <strong>die</strong> neuzeitlichen <strong>und</strong> anachronistischen<br />

Elemente in Text, Schrift <strong>und</strong> Darstellung auf.<br />

Bei dem Schwyzer Freiheitsbrief ist es vor allem <strong>die</strong> reich ornamentierte Initiale F,<br />

<strong>die</strong> man genau stu<strong>die</strong>ren sollte: Solche Schnörkel <strong>und</strong> Ranken sind erst im Barock-<br />

Zeitalter vorstellbar. – Man denkt zum Beispiel an <strong>die</strong> aufgem<strong>alten</strong> Verzierungen an<br />

<strong>alten</strong> Bauernschränken.<br />

Die Leute, welche <strong>die</strong>ses angebliche historische Dokument schufen, konnten nur<br />

das herstellen, was ihre Fähigkeiten hergaben. – Sie rechneten aber offenbar wohl<br />

selbst nicht damit, daß <strong>die</strong> Gelehrten später blind <strong>die</strong>sen Schöpfungen glauben<br />

würden.<br />

Die „mittelalterlichen“ Urk<strong>und</strong>en sind ab etwa 1750 entstanden. Die Einheitlichkeit<br />

der Schrift, des Inhaltes, der Form läßt keinen anderen Schluß zu.<br />

Der Zweck der Urk<strong>und</strong>en im Rahmen der Geschichtserfindung <strong>und</strong> Geschichtsfälschung<br />

war durchsichtig: Notariell beglaubigte, mit Siegeln <strong>und</strong> Unterschriften versehene<br />

Dokumente sollten <strong>die</strong> dünne <strong>und</strong> unglaubwürdige chronikalische Überlieferung<br />

aufwerten.<br />

Aber Chroniken <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en lassen sich nicht vereinen. Die Historiker können<br />

entweder den einen oder den anderen Schriftstücken vertrauen, eine glaubwürdige<br />

Geschichte entsteht daraus nie.

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