Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

136
„Um 1652“ soll sich Tschudis Werk auf dem Familiensitz Schloß
Gräplang bei Flums befunden haben.
Danach hätten die Klöster Muri im Aargau, Engelberg und Sankt
Gallen, aber auch Zürich, Abschriften genommen und so zur Rettung
des Werkes beigetragen.
Tschudi ist eine von der Geschichtserfindung kreierte Kunstfigur.
Doch unzweifelhaft steht er - zusammen mit Stumpf - am Anfang der
eidgenössischen Geschichtsschreibung.
Übrigens sind schon dem Autorenteam Feller/Bonjour Zweifel aufgekommen,
ob die Quellenlage für die Geschichte der alten Eidgenossen
wirklich so üppig war, um Tschudis gewaltige Chronik zu tragen:
Es müßte noch festgestellt werden, wieviel man vor ihm über die ältere
Zeit nicht wußte (Feller/Bonjour, I 273).
Das kann man auch anders ausdrücken: Wenige Jahre, bevor die
Schreiber von Gilg Tschudi ans Werk ging, gab es von der Vergangenheit
der Schwyzer nichts Schriftliches.
Übrigens findet man im 18. Jahrhundert in Glarus einen Chronisten
namens Johann Heinrich Tschudi mit den angeblichen Lebensdaten
1670 – 1729.
Der jüngere Tschudi war Pfarrer und veröffentlichte „1714“ eine
Glarner Chronik. Diese stützte sich – wie könnte es anders sein – für
die Zeit vor 1470 vor allem auf das Chronicon des großen Tschudi. –
Und wohlgemerkt verwertete der wahre Tschudi den fiktiven Geschichtsschreiber
Jahrzehnte, bevor er im Druck zugänglich war!
Statt der Kunstfigur Aegidius Tschudi zu huldigen, sollte man den
wahren Ursprüngen jener Chronik im 18. Jahrhundert nachgehen.
Bei dieser Gelegenheit sollen kurz einige weitere Namen der älteren
eidgenössischen Chronistik genannt werden.
Zürich hat keine eigene Geschichtsschreibung entwickelt. Dies offenbar
deshalb, weil die Stadt vollauf mit der Erdichtung einer Reformation,
mit der Schaffung der protestantischen Kirchenväter
Zwingli und Bullinger beschäftigt war.
Man behalf sich dort mit einer Chronik der Stadt Zürich. An dem
Werk sollen mehrere Hände gearbeitet haben, welche die Zeit bis
„1478“ abdecken. Aber die Chronik ist nur in späteren Abschriften
erhalten.