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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Gottlieb Walthers Kritik an der Zähringer-Legende<br />

1765, im Alter von 27 Jahren, veröffentlichte der <strong>Bern</strong>er Jurist <strong>und</strong> Historiker Gottlieb<br />

Isaak Walther (1738 – 1805) seine Kritik an der Legende, wonach neidische<br />

burg<strong>und</strong>ische Adelige <strong>die</strong> Kinder des letzten Zähringer Herzogs Berchtold V. vergiftet<br />

hätten.<br />

Die 77-seitige Schrift ist noch heute lesenswert <strong>und</strong> in ihrem kritischen Ansatz beinahe<br />

genial, was schon <strong>die</strong> Einleitungssätze der Vorrede zeigen - hier im Buch als<br />

eines der Mottos wiedergegeben.<br />

Auch heutige Historiker würden gut daran tun, sich Walthers Vorbehalte gegenüber<br />

der geschichtlichen Überlieferung zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Gottlieb Walther analysiert in <strong>die</strong>sem Jugendwerk <strong>die</strong> schon damals als sakrosankt<br />

hingestellte Zähringer-Legende. – Aber der Forscher will erklären, nicht predigen:<br />

Ich suche niemandem seinen süßen Wahn zu nehmen. Ich trachte allein durch <strong>die</strong>se<br />

Probe zu zeigen, wie eine Fabel entstanden, wie sie nach <strong>und</strong> nach gemein worden,<br />

wie sie in alle Geschichtsbücher geflossen sei (G. Walther: Critische Prüfung,<br />

Vorrede, 8).<br />

Im Einzelnen führt Walther aus, daß <strong>die</strong> Nachrichten über das tragische Ende des<br />

Zähringer-Geschlechts erst Jahrh<strong>und</strong>erte nach dem angeblichen Geschehen aufgeschrieben<br />

wurden. Und der Kritiker weist nach, daß jeder alte Geschichtsschreiber<br />

<strong>die</strong> Fabel anders erzählt.<br />

Gottlieb Walther erkennt auch den Sinn in der unsäglichen zähringischen Vergiftungs-Geschichte.<br />

Wichtig ist darin <strong>die</strong> Prophezeiung der künftigen Größe <strong>Bern</strong>s<br />

durch den seiner Söhne beraubten Herzog: Die Bürger <strong>Bern</strong>s werden sich an dem<br />

burg<strong>und</strong>ischen Adel rächen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Stadt wird groß <strong>und</strong> mächtig werden.<br />

Walther war ein bedeutender Rechtshistoriker. Er schrieb vor allem eine Geschichte<br />

des <strong>Bern</strong>er Stadtrechts <strong>und</strong> einen Versuch der ältesten Geschichte Helvetiens.<br />

Nicht nur Walther, auch viele andere Schriftsteller des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, werden seit<br />

langem von Historikern ignoriert – obwohl deren Werke gedruckt vorliegen. Man<br />

glaubt den Gr<strong>und</strong> zu kennen: Diese Quellen könnten das liebgewordene Geschichtsbild<br />

von den <strong>alten</strong> <strong>Eidgenossen</strong> in Frage stellen.

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