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Christoph Pfister Bern und die alten Eidgenossen - Dillum

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Schreibweise verleugnen kann. „Die mittelalterlichen“ Schriften haben<br />

also nichts mit einem Zeitablauf zu tun, sondern sind in Fälschungsabsicht<br />

hergestellte Kunstprodukte.<br />

Vielleicht <strong>die</strong> berühmteste „karolingische“ Handschrift in der Schweiz<br />

ist der sogenannte Abrogans, der in der Stiftsbibliothek Sankt Gallen<br />

aufbewahrt wird. Es ist <strong>die</strong>s ein Wörterbuch, das lateinische Ausdrücke<br />

ins Althochdeutsche überträgt. Das Werk gilt als Kostbarkeit<br />

für <strong>die</strong> Germanisten, <strong>die</strong> sich daran laben, daß sie hier das älteste<br />

deutsche Sprachzeugnis, „ etwa 1200 Jahre alt“, vor sich haben. –<br />

Aber leider werden wir <strong>die</strong> Sprachforscher enttäuschen müssen: Die<br />

„karolingische“ Schrift wurde erst um vielleicht 1750 erf<strong>und</strong>en.<br />

Und überhaupt ist <strong>die</strong> Geschichte des Klosters Sankt Gallen, wie bereits<br />

erwähnt, <strong>die</strong> eines 800-jährigen Verfalls: Im „Hochmittelalter“<br />

wurde noch viel geschrieben, im „Spätmittelalter“ schon weniger.<br />

In den beiden letzten Jahrh<strong>und</strong>erten seiner Existenz – bis zur Aufhebung<br />

während der Napoleonischen Zeit – leisteten <strong>die</strong> Mönche überhaupt<br />

nichts mehr Produktives: Von einer qualitativ hochstehenden<br />

<strong>und</strong> breit abgestützten St. Galler Buchkunst kann im 17. oder 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert nicht mehr gesprochen werden (Cimelia, 10).<br />

Der Sachverhalt ist umgekehrt: Die dortigen Handschriften unterschreiten<br />

in keinem Fall <strong>die</strong> historische Zeitbarriere des entwickelten<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Auch wenn man nichts von der jungen Entstehung der Handschriften<br />

wüßte, so müßte der ges<strong>und</strong>e Menschenverstand dagegen sprechen,<br />

tausend- bis tausendfünfh<strong>und</strong>ertjährige Handschriften anzunehmen.<br />

Wie hätte man in alter Zeit solche Schriften sicher <strong>und</strong> über riesig<br />

lange Zeiträume aufbewahrt? Die Manuskripte hätten ständig geschützt<br />

werden müssen vor Feuer, Wasser, Diebstahl, Tierfraß, organischer<br />

Zersetzung – <strong>und</strong> <strong>die</strong>s ohne <strong>die</strong> modernen Techniken der<br />

Konservierung.<br />

In <strong>alten</strong> Chroniken wird ständig von verheerenden Stadtbränden berichtet.<br />

- Merkwürdigerweise haben <strong>die</strong>se der Textüberlieferung<br />

überhaupt nicht geschadet. Es gibt nirgends Beispiele von angebrannten<br />

oder halbverbrannten Pergamenten.<br />

Die Sache mit den <strong>alten</strong> Handschriften ist auch von den langen Zeiträumen<br />

her zu widerlegen. Normalerweise stammt ein Text aus der

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